Das heutige Bauwerk ist ein Brunnen geworden, weil es schon reichlich Denkmäler für König Ludwig II. gab … so lautete die Begründung der Gemeinde Berg, die anlässlich des 100. Todestags des Königs 1986 den Brunnen in Auftrag gab. Und nachdem die Wittelsbacher so eine enge Verbindung zu Berg haben, wurde mit dem Brunnen gleich drei Königen gedacht: Ludwig I., 1825 – 1848 König von Bayern (er dankte wegen der Affäre mit Lola Montez ab), seinem Sohn Maximilian II., 1848 – 1864 König von Bayern, und Ludwig II., 1964 bis zu seinem Tod 1886 König von Bayern. Der ungeliebte, letzte König von Bayern, Ludwig III., findet keine Erwähnung.

Der Wittelsbacher-Brunnen
Enthüllt wurde der Brunnen am 14. Juni 1986 – einen Tag nach dem 100. Todestag von König Ludwig II. Es würde niemanden wundernehmen, wenn der Brunnen schon aus dem 19. Jahrhundert stammen würde – die ungleich modernere Oskar-Maria-Graf-Skulptur in Aufkirchen etwa wurde nur sechs Jahre später geschaffen. Aber auch sonst ist er merkwürdig rückwärts gewandt.
Unter Bürgermeister Josef Ücker wurde damals ein Wettbewerb ausgeschrieben. Gewonnen hatte der Entwurf von Steinmetz Dirnberger aus Wolfratshausen, der die künstlerische Arbeit für einen niedrigeren fünfstelligen DM-Betrag ausführte – hinzu kamen noch die Arbeiten vor Ort. Die Gemeinde Berg veranstaltete damals König-Ludwig-Festwochen vom 6. bis zum 15. Juni 1986. Schauen wir genauer hin. Denn: Das Wappen, das den Brunnen ziert, ist nicht ganz leicht zu entschlüsseln …

Was bedeutet das Wappen auf dem Wittelsbacher-Brunnen?
Auf den ersten Blick ähnelt es dem Wappen von Bayern: Zwei Löwen halten das Schild, darauf in der Mitte die bayerischen Rauten … seit 1247 Sinnbild der Wittelsbacher und seit 1835 auch DAS bayerische Symbol. Darunter sehen wir oben links den goldenen “Pfälzer Löwen”, rechts daneben den “Fränkischen Rechen”. Er befindet sich im bayerischen Wappen unten links, in Berg unten rechts und dann sehen wir noch einen “Blauen Panther” als Sinnbild von Ober- und Niederbayern. Soweit so verständlich.

Per Gesetz das offizielle Staatswappen Bayern seit 1950
Was aber bedeutet das Zeichen im Berger Wappen unten links, dass sich nicht im offiziellen Wappen Bayerns (und aktuell auch nicht in dem der Wittelsbacher) befindet? Es handelt sich offenbar um das Wappen von Burgau: drei rote Schrägbalken auf silbernem Grund, darüber ein goldener Pfahl, stellvertretend für Schwaben. Das bedeutet aber: Das Wappen, das in Berg 1986 in Stein gehauen wurde, war nur von 1835 bis zur Revolution von 1918 gültig! Es wurde dann offiziell abgeschafft.

Vorbild für Berg: Das Große Wappen des Königreiches Bayern von 1835-1918
Beim Berger Brunnen, das dem obigen, veralteten Staatswappen entspricht, handelt es sich also insgeheim (“Wir wollen unseren König wieder haben!”) und streng genommen um ein antidemokratisches, in Stein gehauenes Bekenntnis zum “Königreich Bayern”, zu einer untergegangenen Monarchie, die durch die bayerische Revolution von 1918 und dann durch die demokratische Neugründung von 1949 längst abgeschafft war und ein anderes Wappen trägt.
Nichtsdestotrotz ist der Brunnen inzwischen Teil der gelungenen Reanimation der Ortsmitte von Berg, die hier durch die Eröffnung von Bäckerei, Apotheke, Eisdiele & Bioladen entstanden ist. Nach vielen “Arbeiten” und vielen Nachfragen im Gemeinderat plätschert hier auch wieder der Brunnen.

Josef Ücker starb übrigens ausgerechnet bei der Eröffnung der Graf-Ausstellung anlässlich dessen 100. Geburtstags 1994 im Ratssaal. Wir danken Altbürgermeister Monn für viele Informationen zu diesem Artikel! Die heraldische Bedeutung haben wir selbst recherchiert.
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