Warum in die Ferne schweifen…

wo das Gute liegt so nah? Das gestrige Sommerkonzert im bis auf den letzten Platz besetzten Berger Marstall mit Julia Fischer an der Violine und Milana Chernyavska am Flügel war nicht nur sehr gut, sondern, wenn man dem frenetischen Applaus und den anschließenden Lobeshymnen folgt, ein Solitär im Berger Kultursommer. Die mittlerweile auch von Cicero, Spiegel und Zeit hochgelobte, mit Anne Sophie Mutter verglichene, 27 jährige Julia Fischer, spielte bereits seit ihrem 14. Lebensjahr das achte Mal in Berg, quasi als Dankeschön an ihre langjährige Gefolgschaft von „Wiederholungstätern“, die von ihrem Geigenspiel süchtig geworden sind, wie sich Dr. Wolfgang Ullmann bei der humorvollen bühnenreifen Einleitung des Abends so passend ausdrückte.

Begleitet von der mittlerweile ebenso bekannten, wie auch international sehr geschätzten Milana Chernyavska am Steinway Flügel wurde ein sehr ausgewogenes Programm von alter und neuer Musik geboten.

Die erste Halbzeit war Beethoven und seiner Sonate Nr. 10 in G-Dur op. 96 gewidmet. Man spürte den Respekt vor dem großen Meister und man vermisste vielleicht noch ein wenig das Feuer im Spiel, das man erwartet hatte, aber das lag sicher am Stück selbst, das wenig Interpretationsfreiheit ließ. Nach der Pause hörte man mit der Solosonate op. 27 Nr. 1 in g-Moll von Eugène Ysaye ein äußerst virtuos dargebrachtes Stück, in dem Julia Fischer als Solointerpretin ihr ganzes Feuer hemmungslos in den Ring werfen konnte. Höchst erfreulich ist, dass dann auch die neuere Musik so großen Beifall bei dem doch regelmäßig eher traditionell orientierten Klassik-Publikum gefunden hat. Die Sonate für Violine und Klavier in A-Dur von César Franck, einem Wanderer zwischen den Welten, der klassischen und der neueren Musik, bildete den Abschluss des Hauptprogramms. Standing ovations führten zu einer Zugabe eines weiteren Stücks von Ysaye, dem zweiten Satz eines Violinkonzertes, das er eigentlich vernichten wollte, weil er nicht zufrieden damit war. Die ebenso virtuose und feurige Darbietung dieses gottlob nicht verschollenen zweiten Satzes bildete einen würdigen Abschluss des Abends.