Konkrete Poesie

Wir haben sie schon vermisst, die Poeten des Alltags, die jedes Jahr durch unser Dorf streifen, um alles aufzusammeln, was der Berger nicht mehr braucht. Jetzt sind sie wieder da, und wie jedes Jahr verteilen sie rätselhafte kleine Ankündigungszettel mit den Namen der Objekte ihrer Begierde. Die Referenz, also die Beziehung zwischen dem Bezeichnenden und dem Bezeichneten, dem sprachlichen Zeichen und dem Objekt in der Wirklichkeit, ist jedoch nicht eindeutig und klassifiziert diesen Text als poetischen, der letztlich das Verhältnis zwischen Sprache und Welt thematisiert.

Im Jahr 2009 traten sie noch unter dem schönen Namen Ungarische Kleinmaschinenbrigade auf – diesmal sammeln sie schlicht als “ungarische Familie”. In jedem Jahr gibt es auf der Wunschliste kleine Veränderungen, die enigmatischen Schlüsselwörter jedoch bleiben zumeist gleich.

Falls Sie also Kolter, Plattefelge, Zapfen, Bildrand, Schuhe von Erwaschenen (ist hier vielleicht eine religiöse Dimension enthalten?) oder gar Säurefest loswerden möchten, stellen Sie die Gegenstände bitte morgen zwischen 7:00 und 12:00 vor Ihrem Haus ab. Vor der Weitergabe des Gastfreunds möchten wir jedoch ausdrücklich warnen, womöglich gar noch samt Kaffeemaschine. Er mag manchmal zur Last fallen, dennoch ist er ein wichtiger Bestandteil des Dorflebens, selbst wenn er defekt sein sollte.

Kommentieren (4)

  1. hans
    16. Juni 2011 um 9:10

    Konkrete Poesie Für solche Beiträge muß man den Qblog einfach gern haben.

    • quh
      16. Juni 2011 um 9:26

      Danke Vielen Dank für das Kompliment, lieber Hans! Da freuen wir uns sehr.

  2. Hirte
    17. Juni 2011 um 9:03

    Wegen Reichtum geschlossen? Koreckt verpaggt und deponiert hab ich Schuhe (Erwachsene, Kind) – nur abgeholt worden sind sie nicht!??

    • quh
      17. Juni 2011 um 10:50

      Semiotisches Dreieck Doch – ich hab sie gesehen – sind langsam in einem Kleinbus vorbeigefahren und haben gesucht. Vielleicht sind sie dann im semiotischen Dreieck verschwunden …