Bauen in Berg

Eines der schwierigsten, bewegendsten, hitzigst diskutierten Themen im Wahlkampf und im politischen Alltag ist das Thema Bauen. Nicht nur die Baumaterialien werden hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit auf den Prüfstand gestellt, auch über ästhetische Fragen wird heftig gestritten. Und wie viel Natur soll für günstigeren Wohnraum geopfert werden? Wie viel Zuzug möchte eine Gemeinde zulassen?
Der Berger Architekt Jörg Schwarz, der seit mehreren Jahrzehnten hier lebt, hat Bürgermeister Steigenberger zum Amtsantritt geschrieben und uns den Brief zur Veröffentlichung geschickt. Er nimmt die neuen Bauten an der Etztalstraße zum Anlass, ein Überdenken der Städteplanung in Berg anzuregen. Wir veröffentlichen den Brief in gekürzter Form.


Luftbild von Berg (Foto: H.-P. Höck; zum Vergrößern anklicken.)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Steigenberger,
es ist nun schon einige Zeit her, seit Ihrer Wahl zum Bürgermeister von Berg. Aber ich möchte Ihnen noch heute dazu gratulieren. Was uns verbindet ist das Bauen, Sie in hohen verantwortungsvollen Ämtern, ich als freier Architekt mit über 50 aktiven Berufsjahren. Wenn auch Ihre Verbindung zu B.M. Monn weitgehend in Übereinstimmung verlief, so bleibt doch die Aussicht, neue Wege zu beschreiten.
Kürzlich sah ich ein Foto über das gesamte Oberberg. Die Situation ist da bestimmt von Doppel-Häusern. Die heutigen städtebaulichen Erkenntnisse werden dem nicht gerecht. Ein eklatantes Beispiel ist die Bebauung in der Etztalstrasse. (…)
Richtlinien über verdichtetes Bauen zur Vermeidung von Zersiedelung der Landschaft sind OK, aber nicht so wie in Berg mit Zupflasterung von Grundstücken mit Doppelhäusern mit Einzelgaragen. Die vom Gemeinderat befürworteten Bebauungspläne entsprechen nicht den Erkenntnissen modernen Städtebaus. Die Gemeinde lässt sich vereinnahmen von Baugesellschaften, die diese Anwesen mit Doppelhäusern bebauen und mit Wahnsinnspreisen verkaufen. Angestellte Architekten der Gesellschaften folgen den wirtschaftlichen Forderungen der Gesellschaften.
Verdichtetes Bauen sollte anders verstanden werden:
Mit konzentrierten Gemeinschaftswohnanlagen mit ca. 10-20 Wohnungen geringerer Größe für unterschiedliche Alters- und Gesellschaftsklassen, sozial vertretbar und bezahlbar. 2-3-geschossig, fantasievoll gestaltet in Höhe und Grundriss mit großen grünen Wohn- und Dachterrassen, Gemeinschaftsräumen (und damit kleineren Wohnflächen), geringere Erschließungskosten, sparsamere Bau- und Nutzungskosten durch gemeinsame Wände, Dächer, Treppenhäuser, Heizung, Solaranlagen. Beispiele gibt es im Flachgau Mattsee. Notwendig wäre, Bebauungspläne in Zukunft in diesem Sinne zu vermitteln mit den entsprechenden Zusätzen freier moderner Gestaltung, von innen heraus entwickelte vielfältige Dachformen, auch grüne Flachdächer und Terrassen (s. o.)

(…)
Die wunderbare Lage von Berg am Starnberger See und seine historische Vergangenheit mit dem Schicksal von Bayer. Königen und aus früherer Zeit verpflichten zu architektonischer Substanz und Qualität.
Ich hoffe, bei Ihnen auf positive Resonanz zu stossen und grüsse Sie sehr freundlich.

Jörg Schwarz, Dip.Ing. Architekt

Diese Anregungen für künftige Bebauungspläne und Wohnformen stellen wir hier gerne zur Diskussion. Ähnliche Argumente wurden schon bei den Vorstellungen genossenschaftlicher Wohnbauprojekte vorgebracht – umgesetzt konnte in Berg bislang noch nichts werden – was vielerlei Gründe hat. Zum Beispiel, dass man erst Grund suchen muss, auf den die Gemeinde oder eine Genossenschaft Zugriff haben könnte. Vielen Dank jedenfalls für den Beitrag, Herr Schwarz!