Warten ist angesagt. Heute warten wir nicht nur auf die Ergebnisse der Stichwahl, alle warten darauf, endlich wieder Freunde treffen und ohne triftigen Grund das Haus verlassen zu dürfen. Normal arbeiten zu dürfen und – das betrifft vor allem die freien Berufe, die Gastronomie und den Einzelhandel – Geld verdienen zu können.
Kunst und Corona – wie geht es unseren Kunstschaffenden? Wie wirkt sich die Isolation aus, sind wirtschaftliche Folgen schon spürbar? Wir stellten exemplarisch vier Berger Künstlerinnen und Künstlern diese Fragen. Sie haben sehr unterschiedlich geantwortet – lesen Sie die Reaktionen von Juschi Bannaski, Dazze Kammerl, Hans Panschar und Lucie Plaschka in alphabetischer Reihenfolge – heute Abend verkünden wir dann die Wahlergebnisse. Nachtrag: Auch Roman Wörndl hat sich noch gemeldet – wir hängen seinen Beitrag an.
Juschi Bannaski: Warten
Juschi Bannaski schrieb mir:
Liebe Elke, was für eine gute Idee! Wir haben ja glücklicherweise einen Beruf, der nach so einem entschleunigten und selbstbestimmten Zustand geradezu schreit, wäre es nicht so eine Katastrophe, würde ich meinen, dass unsere Zeit genauso ein Runterfahren gerade dringend gebraucht hat. Keine Kondensstreifen am Himmel, am Waldrand sitzen zufriedene Familien mit kleinen Kindern, der ( telefonische oder digitale ) Kontakt mit Familie und Freunden ist gezeichnet von liebevollen Interesse und Mitgefühl und der Bereitschaft Zuversicht zu verbreiten. Wenn wir das alles überstanden haben und die, die es überlebt haben, dieses überwältigende Gefühl, wirklich eine Welt zu sein, beibehalten wollen, könnte man doch jährliche Corona-Tage weltweit zur Erinnerung und zum Gedenken ausrufen – 3 Tage an denen die ganze Welt zugleich stillhält, oder zumindest ein Tag. ( In Bali gibt es so einen Tag: Nyepi )
Meiner Atelierarbeit tut das sehr gut! Habe auch schon ein Warten-Bild gemalt. Die Herausforderung ist ja das nicht Wissen auszuhalten! (siehe das Bild).
Aber ich vermisse natürlich meine Kinder und meine Malmenschen und das untere Atelier ist ein bisschen trostlos verwaist.
Finanziell können wir das ein Weilchen durchhalten, aber nicht sehr lange. Ich kann zum Glück ziemlich gut verdrängen, und außerdem haben wir’s hier draußen eh so wahnsinnig gut und schön .
Dazze Kammerl: “Masken tragen ist zur Zeit sinnvoll, habe ich gelesen”
Dazze Kammerl schrieb: Liebe Elke, Vielen Dank für Deine Nachfrage. Ich erlebe so etwas wie Vereinsamung. Das ist nicht inspirierend, das macht mich nicht kreativ. Seit dem Tod meiner Frau lebe ich alleine. Meine Tochter, die mich regelmäßig besucht hat, kann jetzt nicht mehr kommen, ich kann niemanden besuchen, meine Musikkontakte können nicht mehr stattfinden. Zum Glück habe ich nette Nachbarn und Freunde, auf deren Hilfe ich zählen und Menschen, mit denen ich telefonieren kann. Meine Tochter ruft mich jeden Tag an. Ich habe Glück, an einem schönen Ort leben zu können und mit einen Garten immer etwas Sinnvolles zu tun zu haben.
Lucie Plaschkas Virus
Bei Lucie Plaschka fand das Virus Niederschlag in ihren aktuellen Arbeiten. Sie sagte: “Ich finde es schön, weil es so still ist draußen. Das ist wunderbar, aber ich darf nicht weiterdenken. Ich kann endlich viel mehr in meiner Werkstatt sein – aber ich muss auf meine Uhr sehen, wenn ich wissen will, welcher Tag es ist.”
Lurona, Corcie, Lucie?
So hat sich der Virus bei mir vorgestellt, bevor wir ihn in seiner Schönheit nun durchs TV kennenlernten. Schön und giftig wie der Kugelfisch. Herzlichst Lurona oder Corcie oder Lucie.
“Trump” von Roman Wörndl
Roman Wörndl schrieb: Zur Coronaauszeit: Mein erster Berührpunkt war, dass ich praktisch schon im Auto saß, auf dem Weg ins Goetheinstitut nach Paris, um dort meine Installation wieder abzuholen. Die Ausstellung, UNDERDOX Munique unique lief bis zum letzten Tag, dann wurde das Goethe geschlossen und zeigt die Videos nun online. https://www.goethe.de/ins/fr/de/kul/sup/udx.html Danach begann die Zeit des Innehaltens, die wir sehr genießen.
Seit mehreren Jahren sammle ich Videoschnipsel zum Thema „Warten“. Nun versuche ich das Gefühl des Nichtwissens und des Wartenmüssens irgendwie filmisch zu fassen.
Die Ausrede:“ das mache ich wenn ich mal Zeit habe“ greift nun nicht mehr. Wir verbringen viel Zeit in den Ateliers, schauen möglichst wenig Horrorfernsehen und versuchen die Schreckensszenarien auszublenden.
Meine 97jährige Mutter erlebt die Isolation im Pflegeheim natürlich ganz anders. Aber auch dort ist dieser Geist spürbar, besonders empathisch und hilfsbereit zu sein. Man kann mit ihrer Hilfe seinen Angehörigen kleine Videogrußbotschaften schicken. Toll, genauso toll wie die Initiative hier für Müllers auf der Lüften.
Dort verfressen wir unseren Notgroschen, der seinen Namen nun zu Recht trägt.
Ich danke den Berger Künstlern und Künstlerinnen, dass sie mir das Warten mit ihren Ideen verkürzen.