Viel Wind um wenig Wind

Das hier im QUH-Blog veröffentlichte “Privatwindgutachten” von Michael “Aviator” Stock (vgl. /?p=2378/ ) sorgt weiter für Diskussionsstoff. Die Frage: “Wie kann es sein, dass Gutachten und Empirie so weit auseinander liegen?” trieb – als leidenschaftlichen Naturwissenschaftler – am meisten den “Aviator” um. Er schrieb uns erst: “Ich werde schauen, ob sich die Windgeschwindigkeiten aufgrund von äußeren Einflüssen im Bereich der Wetterstation noch irgendwie schönrechnen lassen.” Dann hat er sich gestern Nachmittag noch einmal an die Arbeit gemacht und die Meßwerte vor seinem Fenster in Oberpfaffenhofen (OBI) mit denen aus München verglichen …


Da braut sich was zusammen: Die rätselhafte Kraft des Windes über den Wadlhauser Gräben

Nach einigen Rechenarbeiten hat der “Aviator” schließlich eine mögliche Erklärung für die unterschiedlichen Werte gefunden (und ausführlich hier im Kommentar veröffentlicht: http://quh.twoday.net/stories/49595317/#comments ). Wir zitieren die wichtigsten Passagen:

Interessanterweise entsprechen die Meßwerte der Münchener Stationen nicht den Durchschnittswerten, sondern den Spitzenwerten von OBI. Daraufhin habe ich die OBI-Anlage gestern in Augenschein genommen: Erkennbar null Wind, das Anemometer stand, Spitzenwerte mit 0,5 – 2,0 m/s nur von 15-16, 20-21 und 22-23 Uhr, 5-Minuten-Durchschnittswerte entsprechend der geringen Dauer der Windspitzen 0,2 – 0,9 m/s. Zur gleichen Zeit zeigten die Münchener Stationen (Giesing, LMU) aber dauerhaft Windgeschwindigkeiten von 1-2 m/s an, die es in OBI definitiv nicht gab.

Das kann durchaus an den anderen Windverhältnissen im Stadtgebiet liegen. Möglich ist aber auch, daß die dort angezeigten Windgeschwindigkeiten Spitzenwerte sind, also auch sehr kurze Böen ausweisen, und diesen Wert bis zur nächsten Messung halten.
(…)

Ich habe (…) versucht, die von den Windgutachten prognostizierten Werte zu erreichen, (…) indem ich statt der Durchschnittswerte die Spitzenwerte verwendet und zusätzlich den Windzunahmefaktor auf 2,12 erhöht habe. Damit habe ich so getan, als ob jede auch noch so kurze Windböe mindestens 5 Minuten lang anhält, wir uns auf dem offenen Meer ohne jede Oberflächenunruhe befinden und die Nabenhöhe des Windrads 200m beträgt. Zusätzlich mußte ich dann noch einen Söder-Zuschlag von 6% draufgeben (2,0 auf 2,12).

Das ist (…) eine Milchmädchenrechnung, liefert aber immerhin Erkenntnisse. In dieser Rechnung zeigt sich theoretisch ein Vorteil der kleineren Anlage (SWT 2.3), die zwar eine ungleich geringere Spitzenleistung erbringt, aber wenigestens etwas früher in den Constant-Speed-Bereich kommt und damit bei Schwachwind nicht ganz so sinnlos vor sich hinmühlt. Die (…) hätte damit in der Theorie die Chance, aufgrund der EE-Subventionierung wenigstens die Verzinsung des für sie eingesetzten Kapitals zu erwirtschaften.

Nur: Die oben gemachten Annahmen sind aufgrund der tatsächlichen Meßwerte von OBI, meiner Beobachtungen von gestern und der angenommenen Windzunahme (…), unrealistisch.

Vielleicht ist das der Grund dafür,” – schreibt QUH-Leser “Aviator” – “daß man keine WKA-Windmeßwerte bekommt und der Windatlas und die meisten Windgutachten das Doppelte des in OBI Gemessenen versprechen.

Wir sind tief beeindruckt. Danke für die Mühe und die Erkenntnisse, lieber “Aviator”.

Kommentieren (7)

  1. Hirte
    30. Oktober 2011 um 10:29

    Eben Flaute, … … wie an dieser Stelle schon mehrfach richtig vermerkt. Und nu?

    Und auch diese Fragen wurden bereits gestellt:

    Was heißt das für die Gemeinde:

    – Keine WKAs mehr in den WGs?
    – Gar keine WKAs mehr in der Gemeinde? Oder:
    – Darf nun jeder bauen wo er will, Grund hat und der Wind weht?

    Wer kam überhaupt auf die Wadelhauser Gräben?
    Wurden die am Ende vorgeschoben, um andere windreichere Zonen zu
    verschonen und das Wahlvolk dort milde zu stimmen?
    Es wird gemutmaßt, in Höhenrain würde es ausreichend wehen.
    Ja ist denn schon Wahlkampf?

    Nun denn, warten wir mal das nächste Windgutachten ab.
    Die bereits gemachten, m.E. sehr aussagekräftigen Aussagen vom Aviator hier im Blog müsste man erst mal glaubwürdig widerlegen, um den Standort WG zu rechtfertigen.

    • quh
      30. Oktober 2011 um 14:10

      Herde an Hirte … nein in der Gegend von Höhenrain gibt es keinerlei Grundstück, das weniger als 1000m von einer Wohnbebauung entfernt ist (das ist das landkreisweite Kriterium). Auf die Gräben kam der Landkreis nach den – auch vom Berger Rat – gemeinsam beschlossenen Kriterien (s.o.). Und nein, wenn dieser Teilflächennutzungsplan endlich rechtskräftig ist, dann darf nur noch in den WG gebaut werden. Das Gebiet gehört den Staatsforsten. Dann hat man noch genügend Zeit, sich mit Windstärken und Rentabilität zu befassen.

  2. aglio e aiolos
    30. Oktober 2011 um 23:13

    Ursachenforschung Meiner Meinung nach ist ein wichtiger Punkt noch nicht beachtet worden, welcher unter anderem für die unterschiedlichen ergebnisse verantwortlich ist:
    Der Sonderflughafen oberpfaffenhofen befindet sich auf einem Niveau von rund 600 m ü. NN, die geplanten Standorte aber liegen annähernd auf 700 m ü. NN.
    Eine Daumenregel (die abhängig vom relief und den absoluten höhen mehr oder weniger gut zutrifft) besagt, dass man mit jedem zusätzlichem höhenmeter ca. 1 % an zusätzlichem ertrag erzielen kann. Die wadlhauser gräben sind rein von der topographie her gesehen ein attraktiver standort, weil man in hauptwindrichtung (westen) gesehen innerhalb weniger kilometer einen starken geländeabfall auf das niveau des starnberger sees hat.

    Ich bleibe dabei, dass die windverhältnisse ein komplexes phänomen sind, über die man nicht durch eine einzelne messstation in 25 meter höhe und 15 km entfernung aufschluss erhält. Was glaubt ihr warum sich dann überhaupt jemand die mühe machen würde, an bestimmten stellen bis zu 200 m hohe masten zu errichten, die daten über einen zeitraum von mehreren jahren sammeln?

    • aviator
      31. Oktober 2011 um 9:31

      Schaun wir mal. Sehr geehrter “Aglia E Aiolos”,

      daß die Windverhältnisse ein komplexes Phänomen sind, ist unbestritten. Genau aus diesem Grund verlasse ich mich lieber auf Meßwerte als auf Daumenregeln. Haben Sie zu der von Ihnen genannten 1%/m-Erhöhung eine Quelle zum Nachlesen?

      In Kürze verfiziere ich die tagesaktuellen OBI-Daten mal mit denen eines Windmessers in Aufkirchen (700m MSL) und berichte über das Ergebnis. Momentan geht das aufgrund des stationären Hochdruckgebietes natürlich schlecht. Kein Wind.

  3. 31. Oktober 2011 um 20:52

    Wieso nicht jemand fragen der es wissen sollte? Kam eigentlich schon mal jemand auf die Idee den einzigen Windradbetreiber der Gemeinde Berg zu diesem Thema zu befragen? Wer sollte bessere Messwerte der vergangenen Jahre vorweisen können als Herr Genz. Auch wenn die Fronten wegen diverser Querelen verhärte sein mögen, sollte sich die Gemeinde nicht zu fein sein Herr Genz um Unterstützung zu bitten. Schließlich geht es um unser aller Umwelt.

    • aglio e aiolos
      1. November 2011 um 7:48

      Genz Da das Vorgehen der Gemeinde das Ziel hat, ein weiteres geplantes Windrad des Herrn Genz zu verhindern, denke ich nicht dass der Mann besonderes kooperativ sein wird.
      Aber vielleicht auf andere Art und Weise: Ein Windgutachter, welcher für ein bestimmtes Projekt aktiv war, verfügt üblicherweise anschließend über die Betriebsdaten der WEA und lässt diese in folgende Gutachten einfließen. Beauftragt man also diesen Windgutachter, so hat man auch die Genzschen Werte berücksichtigt.

  4. Nicht ob sondern wo
    1. November 2011 um 11:55

    Genz?! Dass Herr Genz echte Werte rausgibt, ist wohl nicht zu erwarten, möglicherweise auch nicht gegenüber einem Gutachter. Denn der Volksmund spricht, er würde seinem Windrad sogar mit Solarstrom nachhelfen, damit’s besser ausschaut. Kein Witz, aber ob’s stimmt?

    Wesentlich interessanter dürfte da der geplante Vergleich des Aviators sein. Denn die veröffentlichten Daten sind einfach zu inkonsistent:

    1. Die DWD-Karte der Windgeschwindigkeiten:

    http://www.dwd.de/bvbw/generator/DWDWWW/Content/Oeffentlichkeit/KU/KU1/KU12/Klimagutachten/Windenergie/Download__Karte__D__10m,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Download_Karte_D_10m.pdf

    gibt für OBI an: 2.8 – 3.3 m/s, für Wadlhauser Gräben: 2.5 – 3.0 m/s,
    mithin für OBI m e h r als für Wadlh. Gr.

    2. Hingegen der Energieatlas Bayern:

    http://geoportal.bayern.de/energieatlas-karten/;jsessionid=5B2A6A58E757C5A3B3EBD50A0E437B3B?x=0vFE24kFRd1ScSBkdXvVxw

    gibt für OBI an: 2.0 – 2.4 m/s, für Wadlhauser Gräben: 3.0 – 3.4 m/s,
    mithin für OBI w e n i g e r als für Wadlh. Gr.

    Zu allem Überfluss stehen in manchen FNP-Entwürfen (z.B. Inning) die Windgeschwindigkeiten nach dem DWD, in anderen (z.B. Pöcking) nach Guttenberg. Von wegen: einheitlicher Planungsstand; in echt: Chaos, Hektik und Beliebigkeit. Da tun Aviators offene Informationen, intelligente Argumentationen und echte (tatsächlich “gemessene”) Daten Not. Schade nur, dass den Landräten, BMs, GRs … dieser Welt meist der Sinn dazu fehlt (und manches andere auch).