Sie haben 1 Stimme (Wahlempfehlung pt. 1)

Sonntag ist Landtagswahl … und Bezirkstagswahl … und obendrein Volksabstimmung. Und dann ist Sonntag schon wieder Wahl. Wähler und Gemeinden stehen am Rand ihrer Belastbarkeit. Die QUH, die froh ist, diesmal nicht zur Wahl zu stehen, hilft aus lokalpolitischer Sicht bei den wichtigsten Entscheidungen der nächsten 10 Tage.


Sie haben 1 Stimme … und das 4 mal (und dann noch 5 mal) … und dann nochmal

Heute Teil 1: die Volksabstimmung. Die bayerischen Wähler sollen über 5 Änderungen des bayerischen Grundgesetzes abstimmen, die der Landtag gegen die Stimmen der Grünen (die die Sinnhaftigkeit der Unternehmung bezweifeln) beschlossen hat. Bei den 5 Gesetzesänderungen geht es um “gleichwertige Lebensverhältnisse”, um die “Förderung des Ehrenamtes”, um das Verhältnis Bayern zur EU, eine “Schuldenbremse” und – scheinbar interessant für uns Gemeinde – um eine “Angemessene Finanzausstattung der Gemeinden” – Ja, wer sollte da denn dagegen sein?

Allerdings: Was ändert sich, wenn per bayerischer Verfassung festgeschrieben wird: “Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl.” (Volksentscheid 2)? – Haben die Gemeinden das bisher etwa verhindert? Eine finanzielle Anerkennung hingegen ist per Definition ausgeschlossen? Sonst wäre der Einsatz ja nicht mehr ehrenamtlich? – Bleibt also alles wie es ist für ehrenamtliche Fußballtrainer, Altenpfleger, Feuerwehrler usw..

Beim Volksentscheid 3 “Angelegenheit der Europäischen Union” ist der Gesetzestext selbst für Jurastudenten des 4. Semesters nur schwer in seiner Bedeutung ermessbar. Darüber, ob dies Gesetz selbst überhaupt verfassungskonform ist, “sind selbst beste Juristen uneins” (SZ vom 10.9. http://tinyurl.com/o2np2ko ). Etwas in dieser Form dem Volk vorzulegen, grenzt – mit Verlaub – etwas an Verarschung. Da hilft auch die beigelegte 8-seitige Broschüre voller Amtsdeutsch nicht weiter.


Aus lokalpolitischer Sicht ist vor allem der 5. Volksentscheid interessant

Dort heißt es: Art. 83 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (GVBl S. 991, BayRS 100-1-l), geändert durch Gesetze vom 10. November 2003 (GVBl S. 816, 817), wird folgendermaßen der Satz 3 angefügt:

“Der Staat gewährleistet den Gemeinden im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit eine angemessene Finanzausstattung.”

Eine solche Formulierung mag juristisch einwandfrei sein; sie ist ein Schlag ins Gesicht jedes normal lesenden Menschen in einer Wahlkabine. Überforderung als Programm. – Und überhaupt: Wer sollte dagegen sein? Kommt jetzt der große Geldsegen über die Gemeinden? Wird jetzt alles gut und die Kindergärten billiger? – Weit gefehlt. Allein die Lektüre der “Erläuterung” zu diesem Gesetz erschließt seine völlige Nutzlosigkeit. Unten auf der Seite heißt es kleingedruckt, dass die Gemeinden nach der “verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung” diesen Anspruch einerseits schon haben, er sei aber “abhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates”. Sprich: Wenn der Staat es sich nicht leisten kann, muss er die Gemeinden auch nicht angemessen ausstatten. Und wozu dann das Gesetz?

Wer sich all diesen einerseits populistischen, andererseits unverständlichen Unsinn ausgedacht hat, das vermerkt das beiliegende 8-seitige amtsdeutsch gefüllte Erläuterungsblatt “Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung”: