In der heutigen Sitzung des Gemeinderats ging es vor allem um die Frage: RPW oder VgV bezüglich des Rathausneubaus. Mit der Entscheidung für eine der beiden Abkürzungen legt der GR fest, nach welchem Verfahren der beste Architekt für den Rathausneubau gefunden wird. Sie kennen die beiden Abkürzungen nicht? Hier ein paar Informationen zu den beiden Varianten, die Herr Pannier, Rechtsanwalt der Gemeinde, dem Gemeinderat vorstellte.
RPW (Richtlinie für Planungswettbewerbe), meistens Architektenwettbewerb genannt, ist ein offener EU-weiter Wettbewerb, für den sich jedes Architekturbüro bewerben kann, das den vorgegebenen Anforderungen genügt. Ein Preisgericht, bestehend aus Fach- und Sachpreisrichtern, die von Gemeinde und Architektenkammer festgelegt werden, begleitet den anonymen Auswahlprozess und wählt die besten 3-5 Entwürfe. Aus den Gewinnern wird nach Abgabe eines Angebots durch das Preisgericht ein Architektenbüro gewählt.
Beim VgV (Vergabeverordnung) definiert die Gemeinde vorab einen Katalog von Präqualifikationskriterien mit einem Punkteschema. Typische Kriterien sind z.B. Anzahl der Mitarbeiter/-innen oder Erfahrungen im Bau von öffentlichen Gebäuden. Dieser Katalog wird Teil der EU-weiten Ausschreibung, auf die sich Architekturbüros bewerben können. Aus den Bewerbern werden 5-10 Büros ausgewählt, welche die meisten der genannten Kriterien erfüllen und somit die höchste Punktzahl erhalten. Diese werden zum eigentlichen Wettbewerb eingeladen und erstellen im Auftrag der Gemeinde entsprechende Entwürfe des neuen Rathaus. Aus diesen Entwürfen wählt der GR den besten Entwurf aus.
Der Fokus liegt beim VgV nicht wie bei dem Architektenwettbewerb auf den Anspruch “..die beste Lösung für städtebauliche, architektonische, baulich-konstruktive oder künstlerische ..” zu finden, sondern auf eine hohe Mitbestimmung der Gemeinde.
In der Sitzung berichtete GR Steigenberger von seiner Erfahrung hinsichtlich öffentlicher Bauvorhaben und erläuterte dem GR die Vorteile eines Architektenwettbewerbs. So widerlegte er die Bedenken von Herrn Pannier hinsichtlich des Preisgerichts – “unabhängig, keine Einflussnahme des Auftraggebers möglich” – indem er darauf verwies, dass die Gemeinde geeignete Preisrichter vorschlagen kann. Durch den VgV – Kriterienkatalog werden große Büros bevorzugt, während kleine – vielleicht auch kreative – Büros keine Chance haben.
Die Kosten für beide Verfahren entstehen bei dem RPW Verfahren durch das ausgelobte Preisgeld (50 – 100 TEuro), bei dem VgV durch die Anzahl der eingeladenen Büros.
Bereits bei der Diskussion wurde deutlich, dass die Abstimmung nach Fraktionen ausgehen könnte. Am Ende stimmten BürgerGemeinschaft und QUH für den offenen Architektenwettbewerb, die anderen Fraktionen dagegen. Mit einem Ergebnis von 14:4 für VgV wird jetzt mit der Definition der Kriterien gestartet.
Vorstellung der Planung für Etztalstraße und Etztalbreite
Die geschätzt 20 Besucher der GR-Sitzung waren überwiegend wegen des Tagesordnungspunkts 4, “Straßen- und Wasserleitungsbau; Vorstellung der Planung für Etztalstraße und Etztalbreite”, gekommen. Dieses Thema wurde allerdings kurzfristig auf die nächste Sitzung verschoben.
TOP 5 und 6:
Den beiden Punkten Bauleitplanung “Seeuferbereich Kempfenhausen” 4. Änderung und Antrag auf Baugenehmigung Assenhausen, Rottmannshöhe 8 wurden vom GR einstimmig zugestimmt.
Wirklich sehr schade, dass sich die Gemeinde die Chance entgehen läßt, mit einem Architektenwettbewerb kreative Lösungen für den Rathausbau einzuholen. Mit der Vorauswahl der Architekten nach einem “Punktesystem” vergibt man sich die Möglichkeit überraschende Lösungen zu finden. Niemals wäre beispielsweise die wunderschöne Kuppel des Reichstages von Norman Foster gebaut worden, wenn die Bundesregierung vorher Kriterien wie “Nähe des Büros zum Bauplatz” angelegt hätte, die in Berg diskutiert werden. Die Einflußnahme der Politik auf künstlerische Lösungen, auf die der Berger Gemeinderat gestern so Wert gelegt hat, hat nur in den seltensten Fällen gute Ergebnisse gebracht.
Hingegen sind die architektonisch grenzwertigen Lösungen des “Betreuten Wohnens” und die ganz und gar fehlgeleiteten Entwürfe des sozialen Wohnens, wo die Gemeinde nur zwischen drei mißratenen Entwürfen einen aussuchen kann, Beispiele für die großen Nachteile beschränkter Ausschreibungen.
andy ammer (QUH)
Ich kann mich dem nur anschließen!!!
Hier ist wieder einmal für Berg das Kind in den Brunnen gefallen!!!
Ich persönlich begleite in meinem Beruf bei Landesgartenschauen seit mehr als 15 Jahren öffengtliche Bauverfahren (Hochbau und Freianlagen) mit mehr als 400 Mio€ Gesamtumfang. Hier wurde zum Glück immer der Architektenwettbewerb gewählt, um für die Stadt das beste Ergebnis zu erzielen. Das ist auch immer so gelungen.
Zudem wurde immer ein VGV Verfahren nachgeschaltet, in dem der GR mit seinen Kriterien das letzte Wort hat.
Für mich ist die Argumentation des GR und Anwalt nicht nachvollziehbar und es wäre endlich mal, nach der ganzen baulichen Schande in Berg, ein wichtiges Zeichen gewesen, die Gestaltung an dem Ort und für den Ort in den Vordergrund zu stellen. Die Möglichkeit ist vertan. Das ist mehr als schade…..
Und so kann es nicht weitergehen…….
Martin Richter Liebald, Farchach