Endspurt Ateliertage: Auf den Spuren des Vergessenen von Allmannshausen bis Aufkirchen

Als Anregung für das zweite Wochenende der Ateliertage Berg/Icking stellen wir Ihnen noch Kostproben aus den Ateliers vor, die wir bereits besucht haben – es lohnt sich! Samstag und Sonntag sind die Ateliers der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler jeweils von 12:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. 

Unsere kurze Runde beginnt bei Hans Panschar in Allmannshausen. Hans sprudelte bei dem Motto “Vergessenes” regelrecht über vor Ideen. Zum Beispiel hat er ein wundersames “Kabinett der vergessenen Tierarten” eingerichtet, stilecht hinter einem schwarzen Vorhang.

“Das Starnberger Unterwassereinhorn”

Wie ein besonderer Schatz in einem Naturkundemuseums verbirgt sich hinter dem schwarzen Vorhang das aus großen Tiefen geborgene “Starnberger Unterwassereinhorn” – in der langen Zeit seit seinem Aussterben haben sich schon Muscheln daran festgesetzt. Das Horn selbst ist leider abgebrochen, wurde aber glücklicherweise mit aufgefunden und hochgetaucht. Und das ist natürlich kein Fake – so wie Damian Hirsts aus dem Meer geborgene mythische Gestalten auf der Biennale in Venedig im letzten Jahr!

“Berger Vergesslichkeit. Poesie des Alltags” 

Ein konzeptuelles “Work in progress” ist das Buch mit vergessenen Einkaufszetteln aus einem Berger Supermarkt. Kassiererinnen sammelten auf Hansens Bitte hin in Einkaufswagen liegengebliebene Zettel, die geschrieben wurden, um nur nichts zu vergessen – ein großartiger Spiegel des Lebens in Berg, auch mit einigen Zetteln in fremdländischen Sprachen und Schriftzeichen.

“Aleyrodidae1_Crop Loss”

Zu Gast bei Hans Panschar im Atelier ist in diesem Jahr Tre Polk, den wir auch schon einmal im QUH-Blog vorstellten: /https://quh-berg.de/doppeltes-glueck-mit-tre-polk/ 
Tre Polks neuestes Werk passt gut zum Thema, erklärt er. Es trägt den lateinischen Namen für Mottenschildläuse, auch Weiße Fliegen oder “white flies” genannt. Diese Weißen Fliegen stellen eine große Gefahr für die Ernte (crop) dar. Hier umschwirren Sie, aus dem Rucksack voll mit dem Schulstoff der Weißen, den Kopf des schwarzen Jungen – dessen Hemd mit Anspielungen auf die amerikanische Geschichte gespickt ist: Jim Crow (Anspielung auf die Jim-Crow-Gesetze zur Rassentrennung), das vergessene Versprechen von 1865,  jeder ehemalige schwarze Sklave bekomme 40 Acres Land (16 ha) und dazu ein Maultier … Es ist nicht das einzige Bild von Tre Polk im Atelier – er zeigt sie Ihnen gerne.

Im Atelier von Hannelore Jüterbock

Der Weg führt uns weiter nach Allmannshausen. Die eigens angereiste Tochter der in diesem Jahr verstorbenen Künstlerin Hannelore Jüterbock, Sabina Sciubba, hat geordnet und viele Bilder wieder zum Vorschein gebracht, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Wahrscheinlich eine der letzten Gelegenheiten, die Bilder noch einmal im Atelier sehen zu können.

Ein Werk hat uns besonders interessiert – wir schrieben bereits darüber:

Als die Berger Ateliertage vor 30 p1190855-arbeitskopie-2Jahren erstmals stattfanden, ging das mit auf ihre Initiative zurück. Hannelore hatte gerade mit ihrem “Lüßbach-Projekt” Furore gemacht: Aus Protest gegen die geplante Begradigung des Lüßbachs malte sie auf Zeitungspapier (siehe das nebenstehende Photo) ein fast 30m langes Portrait des Bachs und stellte es in Allmannshausen auf. Es gab Proteste gegen die Ausstellung, weil eine Zeitung irrtümlich gemeldet hatte, dass Hannelore mittels einer Pumpe den Bach nach Allmannshausen umleiten wollte. Noch heute lagert das legendäre Bild auf dem Speicher. Eigentlich gehört es noch einmal ausgestellt. Allerdings bezweifelt Hannelore, ob das fragile Objekt das überstehen würde.

Das Bild ist in der Tat noch vorhanden – zusammengerollt auf dem Speicher – allerdings bedarf es besonderer fachmännischer Behandlung. Wir hoffen mit Sabina, dass es demnächst, gemeinsam mit anderen Bildern, zu einer Ausstellung kommt.

Ein Ausschnitt des Lüßbachbilds von Hannelore Jüterbock

Weiter ging es – immer ein Highlight – zu Lucie Plaschka nach Aufkirchen.

Lucie arbeitet gerne mit Papier – so machte sie etwa zum 100-jährigen Geburtstag von König Ludwig “Königsmäntel” aus Seidenpapier, das sie mit Kleister versteifte, oder auch Engel. Diese Mäntel, beinahe in Vergessenheit geraten, fielen ihr nun wieder ein – und man darf sie in neuer Gestalt als “Vergessene Seelen” in ihrem Atelier bewundern.

Lucies Gast in diesem Jahr ist Katharina Bocksberger.

 

Die ehemalige Hauswirtschaftslehrerin hat zum Thema “Vergessenes” alte Stoffe und Muster zusammengestellt – was wir hier sehen, ist eine sogenannte “Transferlithographie”, ein Ausdruck, der ihr gar nicht gefällt. Daneben, nur angeschnitten, sehen Sie gerahmte Stoffstücke mit dem Titel “Aus dem Leben meiner Mutter”. Genähte Werke mit dem Titel “Mutterkorn” hängen ebenfalls im Raum, und auf gar keinen Fall versäumen sollen Sie es, die kleinen unscheinbaren Heftchen auf dem Tisch durchzublättern, die teilweise schon von 2002 stammen. Katharina Bocksberger hat darin Zeichnungen und Collagen zum Beispiel von Staubsaugern oder Staubsaugertüten versammelt. Sehr gut hat uns das gefallen.

Und natürlich fehlen uns in Berg nun noch Sabine Beck, Andreas Huber und Gerd Jäger. Versäumen Sie es auch nicht, nach Irschenhausen zu Sebastian Heinsdorff, Petra Jakob, Gerda Herz und Sissi Edler zu fahren sowie zu Teresa Erhard und Birgit Berends-Wöhrl mit Ulrich Panik und Nausikaa Hacker in Wolfratshausen. Wir hoffen, wir haben niemanden vergessen! Den Anfahrtsplan finden Sie hier: http://www.atelier-tage.de/html/kontakt_plan.html