Heute wäre der “unsterbliche” und nur 41 Jahre alt gewordene Bayernkönig Ludwig II. 175 Jahre alt geworden. Gerne widmen wir uns hier im QUH-Blog auch etwas der Forschung um seinen mysteriösen Tod. Unsere minutengenaue Rekonstruktion der Todesnacht lesen Sie hier: https://quh-berg.de/ein-koenig-stirbt-folge-7-der-13-juni-894829645/, zeitgenössische Skizzen vom Tatort finden Sie beispielsweise hier: https://quh-berg.de/ein-koenig-stirbt-folge-8-der-14-juni-894829866/ ). Heute zu seinem Geburtstag wollen wir uns einmal der nicht weniger mysteriösen Geburt am 25. August 1845 widmen.
Man könnte auch fordern: endlich volle Klarheit über die Geburt!
Ludwigs “Vater” war offiziell der Bayernkönig Maximilian II. Dieser hatte im biblischen Alter von 30 Jahren in seiner eigenen Abwesenheit in Berlin am 5. Oktober 1842 die 16-jährige, evangelische Marie von Preußen geheiratet. Die zweite, diesmal katholische Hochzeit fand eine Woche später in der Allerheiligen-Hofkirche in München statt.
Bis der Thronfolger geboren werden sollte, dauerte es noch fast drei Jahre. Im Frühjahr 1843 war es zu einer Fehlgeburt gekommen. Ende 1845 wurde Marie erneut schwanger. Am 25. August wurde dann – nach 20-stündigen Wehen – im Grünen Salon im ersten Stock des linken Flügels von Schloss Nymphenburg am Geburtstag seinen Großvaters Ludwig I. der junge Otto Friedrich Wilhelm Ludwig geboren.
Der Geburtsort von Ludwig II. in München: der grüne Salon
Schon die Zeitgenossen spekulierten offen darüber, ob Ludwig wirklich der Sohn seines ganz anders aussehenden Vaters war. Max II. soll an einer Geschlechtskrankheit gelitten haben. Von einer vernarbten Eichel ist die Rede, von Syphilis, mit der sich der König auf einer Kavaliersreise 1835 in Budapest angesteckt haben könnte. Beweise gibt es nicht.
Ludwig II, kannte auf jeden Fall die Gerüchte und warf seiner Mutter auch offen vor, “ihn nicht aus der Ehe mit König Max empfangen zu haben” (dies erzählt Philipp zu Eulenburg über die häufigen Streits von Ludwig mit seiner Mutter. Folgerichtig findet man in keinem der Ludwig-Schlösser ein einziges Bildnis seiner Eltern.
Als möglicher leiblicher Vater gilt – nach einer Theorie des ehem Lehrstuhlinhabers für Bayerische Geschichte, Karl Bosl – Ludwig Samson Arthur von und zu der Tann-Rathsamhausen, der Adjutant und enge Vertraute von König Max zu dessen Kronprinzenzeit. Zumindest die erstaunliche Körpergröße von 1,91 m soll die beiden verbunden haben. Auch die Wangenpartie der beiden ähnelt sich auffallend.
Ist er der Vater von König Ludwig II.? – Ludwig von der Tann-Rathsamhausen (1815-1881)
Noch populärer ist die Geschichte, nach der der italienische Kammerdiener von Max II, Guiseppe Tambosi der Kindsvater gewesen sei (“dem Tambosi sei Bua“). Dafür spricht Ludwigs südländisches Aussehen, dagegen, dass Tambosi zum Zeitpunkt der Zeugung bereits 50 Jahre alt gewesen wäre und auf ein 18-jähriges königliches Mädchen nicht unbedingt anziehend gewirkt haben muss. Tambosis Bruder Luigi führte damals das Café am Odeonsplatz. Guiseppe erhielt später immerhin den goldenen Verdienstorden, und Max soll über ihn gesagt haben, er habe Tambosi stets “zu allem vortrefflich gebrauchen” können.
Das offizielle Idyll seiner Majestät Max 1849 auf Hohenschwangau; rechts im Kleid Kronprinz Ludwig
Die Wahrheit wird sich nicht mehr herausfinden lassen. Ein postmortaler Gentest unter Wittelsbachern ist so unwahrscheinlich wie eine Sargöffnung. Jedenfalls waren solche Praktiken in europäischen Königshäusern durchaus verbreitet, wenn kein Thronfolger gezeugt werden konnte. Und: Die Komplikationen gingen nach Ludwigs Geburt sofort weiter:
Ludwig wurde einer Amme, einer – wie es heißt – “übergewichtigen” Miesmacher Bäuerin – zum Stillen übergeben. Als ein halbes Jahr nach Ludwigs Geburt allerdings seine Großmutter in Berlin erkrankte, reiste das bayerische Königspaar im Februar 1846 ohne ihren Sohn nach Berlin. Ludwig wurde wegen einer Seuchengefahr zurückgelassen: in Berlin wüteten zu der Zeit nämlich die Masern.
Erst im April hätte er nachreisen dürfen, da starb allerdings plötzlich seine Amme – wahrscheinlich an Meningitis. Auch bei Ludwigs Hirn wurde nach seinem Tod eine überstandene Hirnhautentzündung festgestellt. Er könnte sich also bereits frühkindlich damit infiziert haben. Jedenfalls erkrankte nach dem Tod seiner Amme auch der Kronprinz schwer. Erst 5 Monate später kehrte Marie wieder aus Berlin zu ihrem nur langsam genesenden Sohn zurück.
Die Schmalzlocke sitzt: Prinz Ludwig (links) und sein später geistig behinderter Bruder Otto von Bayern
Von der anschließenden Ausbildung des Kronprinzen haben sich Ehrfurcht erheischende Stundenpläne erhalten: Der Unterricht begann an 6 Tagen in der Woche um 5 Uhr 30. Dann wurden im Stundenrhythmus Deutsch, Französisch, Latein, Griechisch, Geometrie, Mathematik, Geschichte, Religion, Reiten oder Tanzen unterrichtet, bevor der Tag um 19 Uhr mit Lektionen im Fechten oder Schwimmen endete. Zu essen gab es zu der Zeit möglichst wenig.
Wir entnehmen viele dieser Informationen der überaus lesenswerten Biographie von Oliver Hilmes (Hanser Verlag) und dem Buch “Die phantastische Welt des Märchenkönigs” von Klaus Reichold & Thomas Endl (Edition Luftschiffer).
Auch QUH-Gemeinderat Andreas Ammer ist unter die Ludwig-Forscher gegangen und hat mit dem Ehepaar Judith & Axel Milberg einen sehenswerten Film über Ludwig II. gedreht, den Sie in der BR-Mediathek jederzeit hier anschauen können: https://www.br.de/mediathek/video/lido-das-letzte-schloss-mit-milbergs-in-neuschwanstein-av:585d9e8b3e2f290012947c4d
Tatort-Kommissar Axel Milberg ermittelt im Todesfall König Ludwig auf Neuschwanstein