Zu Besuch beim König

Heute war für 50 Bürgerinnen und Berger ein Tag, der sich so schnell sicherlich nicht wiederholen wird. Herzog Franz von Bayern gestattete im Rahmen der 1200-Jahr-Feier Bergs einen geführten Rundgang durch die privaten Räumlichkeiten von Schloss Berg. 450 Menschen nahmen an der Auslosung teil, fünf Zehnergruppen wurden gezogen. Die Gäste wurden sehr freundlich mit einem Begrüßungsschluck empfangen, auf den Tischen im Haus standen Blumen aus dem Garten. Auch QUH-Vize Martin Snajdr hatte Losglück. Er berichtet von seinen Eindrücken – rein verbal – Fotografieren war im Inneren nämlich streng verboten.

Eine der Besuchergruppen vor herrlicher Kulisse

Das Schloss wurde 1640 von Hans Georg Hörwarth als Bauherr im Stil einer italienischen Villa errichtet. Auf einem Stich von Michael Wening aus dem Jahr 1701 sieht man das Wasserschloss mit einem umlaufenden Graben, der später zugeschüttet wurde. Das Schloss wurde mehrfach umgestaltet, bekam einen eigenen Hafen und erhielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts vier Türme mit Zinnen, dazu einen zusätzlichen Nordturm namens “Isolde”. Der zunächst ornamentale Garten wurde bereits Anfang des 19. Jahrhunderts von Friedrich Ludwig von Sckell in einen englischen Landschaftsgarten verwandelt, der von Carl von Effner vollendet wurde. Nach dem Tod von König Ludwig II. im Jahr 1886 wurde das Schloss bis 1938 zum König-Ludwig-Museum, danach diente es einer Einheit der Gestapo. 1945 besetzten es amerikanische Soldaten, die nach ihrem Abzug einen kapitalen Wasserschaden verursachten. Daraufhin wurden Türme, Zinnen und Stuck entfernt und das Schloss auf die barocke Urform reduziert. Die Fassade wurde Ende des letzten Jahrhunderts von Prof. Otto Meitinger nach barockem Muster gestaltet.

Martin Snajdr berichtet vom Rundgang:

Meine persönlichen Eindrücke:

Von der Straße aus kennt man vielleicht noch den Bogen, der sich hinter dem Tor an der Straße verbirgt, mehr nicht. Dahinter eröffnet sich ein kleiner, gekiester Platz mit einem runden Brunnen samt künstlichem Felsen, der leider nicht mehr in Betrieb ist. Die ganze Atmosphäre ist bereits hier sehr angenehm-wohnlich, der Ort strahlt eine Ruhe und Entspanntheit aus, von Prunk und Protz keine Spur, aber dennoch erhaben. Die große Wiese, die sich rechterhand bis zum See hinabzieht, trägt dazu ihren Teil bei, mit hohem, ungemähtem Sommergras, einzelnen versteckten Überraschungen und wenigen, alten Bäumen.

Nach ein paar einleitenden Worten von Fritz Demmel vom Wittelsbacher Ausgleichsfonds zur durchaus wechselhaften Entstehungsgeschichte des Gebäudes durften wir das Schloss über eine kleine Treppe betreten. Schon beim Eintritt wird klar, wie einfach und sinnvoll die Aufteilung der Geschosse ist. Der Gang, in dem wir uns befinden, führt schnurgerade mittig durch das komplette Gebäude, um am anderen Ende durch eine Glastür in Richtung Süden einen Blick auf den leuchtend blauen See zu erlauben. Die Decke besteht aus beeindruckenden Gewölben, die Wände sind über und über mit Geweihen und anderen Jagdtrophäen geschmückt, darunter die Felle zweier Braunbären mitsamt der mächtigen Schädel und Pranken, mehrere Auerhähne und auch gewaltige Fischköpfe.

Rechterhand betreten wir nun das Frühstückszimmer. Dort befindet sich unter denselben Gewölben ein großer runder Tisch mit samtbezogenen Holzstühlen – ein paar der wenigen Stücke, die sich unmittelbar mit Ludwig II. in Zusammenhang bringen lassen. Die Raumaufteilung wie auch das Mobiliar wurden seit der Zeit des “Kini” in großen Teilen verändert, Wände und sogar das Treppenhaus wurden versetzt, entsprechend lässt sich vieles nur aus zeitgenössischen Fotografien und der eigenen Imagination ableiten.

Nach dem Frühstückszimmer folgt das eigentliche Esszimmer, das, etwas überraschend, deutlich kleiner ist und auch weniger Sitzplätze am rustikalen Holztisch bietet. Der Einrichtungsstil in diesem Raum ist deutlich bayrisch geprägt und die Jagdleidenschaft von Herzog Albrecht von Bayern wird hier am deutlichsten sichtbar mit einer Vielzahl an Trophäen und Gewehren, ohne dabei allzu prätentiös zu wirken. Herr Demmel ergänzt eine Anekdote zum ausgeprägten Tabakgenuss, der durch eine einer Dampfmaschine nicht unähnlichen “Anrauchmaschine” noch angenehmer gestaltet wurde.

Der Weg in der ersten Stock, dem Stockwerk der Königin, führt in das erste von drei Zimmern, die jetzt als Fremdenzimmer eingerichtet sind, mit jeweils mehreren Betten, hölzernen Schränken und Kommoden sowie einer Vielzahl an Gemälden. Jedes dieser Zimmer hat dennoch einen leicht eigenen Stil, der sich nicht nur auf die Wandfarbe beschränkt, und natürlich haben alle drei bereits einen phänomenalen Ausblick auf den See.

Vorbei am nachgerüsteten Lift geht es nun in den zweiten Stock, das Stockwerk, das unter anderem eben von Ludwig II. bewohnt wurde. Von den damaligen Zimmern existiert leider nichts mehr, einen Eindruck kann man durch ein paar Fotografien, die Herr Demmel herumzeigt, dennoch gewinnen. Und es braucht auch nicht viel Fantasie, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie es sich zu dieser Zeit angefühlt haben könnte. Die beeindruckenden, wenn auch verhältnismäßig schlichten Möbel in Kombination mit den Gemälden tun das ihre, die Sicht aus den Süd- und Westfenstern auf den privaten Teil des Schlossgartens und den See vollenden das Gesamtbild. Untermauert wurde es noch durch ein paar Fakten wie den Anschaffungspreis des damaligen Mobiliars, der sich auf 16.000 Gulden (umgerechnet 1,4 Millionen Euro) belief und von dem ein Viertel für einen einzigen Tisch mit Marmorintarsien draufging – was als Indiz für die Sparsamkeit der Wittelsbacher gewertet wurde.

Damit war der Rundgang auch schon wieder zu seinem Ende gekommen, die übrigen Räumlichkeiten sind verschlossen, und die gewünschte Privatsphäre respektieren wir selbstverständlich.

Abschließend kann ich mich nur glücklich schätzen, diesen kurzen, aber einzigartigen Eindruck gewinnen zu können, der mich ein bisschen königlichen Alltag hat spüren lassen. In einem Schloss, das sich in die umgebende Natur einfügt, sich deren Schönheit unterordnet, sie aber trotzdem atmet, das in jeder Ecke eine Würde ausstrahlt, die keiner goldener Schnörkel, unzähliger Spiegel oder glitzernder Kronleuchter bedarf.