The Future of “No Future” is now!

Das wird Wind machen!


Am Samstag feiern diese vier wilden jungen Menschen stilecht ihr 30jähriges Jubiläum als Punkband mit einem Konzert im Feierwerk in der Hansastraße in München – an den strapazierten Stimmbändern QUH-Aktivist Philipp Pröttel, dazu seine Brüder Michael (am Bass) und Florian (Gitarre). Am Schlagzeug sitzt heute Jürgen Tonkel (mittlerweile Schauspieler und u.a. bekannt aus “Wer früher stirbt ist länger tot”).


A&P heute: Die Zukunft, vor der sie gewarnt haben

Als erste Vorbereitung auf dieses kulturelle Hochereignis, das in direkter Konkurrenz zur MTV-Weihnachtsfeier stattfindet, hier ein Steckbrief. Zusätzlich stellte uns Katja Sebald vom Münchner Merkur freundlicherweise einen ihrer Artikel zur Verfügung:

Ist das jetzt auch wieder so eine von diesen peinlichen Veranstaltungen, mit denen die Senioren von morgen ihre Jugend von gestern beschwören? Die drei Pröttel-Brüder aus Berg und ihr Schlagzeuger Jürgen Tonkel aus Höhenrain waren einst die Vorzeigepunker im Popper-Revier Starnberg, jetzt feiern sie mit einem großen und „einzigen“ Jubiläumskonzert am 11. Dezember im Feierwerk das 30jährige Bestehen ihrer Band A&P.
Jürgen Tonkel ist zwar immer noch nicht annähernd so spießig wie die „Hummel“, die er gerade in dem gleichnamigen Kinofilm spielte, aber auch er ist mittlerweile in durchaus „bürgerlichen“ Verhältnissen angekommen. Die Bandproben sind wegen anderweitiger Verpflichtungen eher selten geworden, aber sie finden immer noch in den Baracken in der Starnberger „Hafenstraße“ zwischen Gleisen und Seepromenade statt. Sänger Philipp Pröttel muss dann den Arm mit dem Textblatt sehr weit ausstrecken, damit es noch ohne Lesebrille geht. Und auch die anderen sind, nun ja, 30 Jahre älter geworden. Die Jungs von A&P spielen immer noch die Songs von damals und sie sind immer noch so laut wie damals. Punk war und ist sicher Geschmackssache, aber sie kommen schon erstaunlich versiert rüber. Von „peinlicher Veranstaltung“ kann jedenfalls keine Rede sein.
„Wenn keiner käme, würden wir das sicher nicht machen“, sagt Bassist Michael Pröttel. Und sein Zwillingsbruder Florian, der inzwischen Grundschullehrer in München ist, wenn er gerade nicht bei A&P Gitarre spielt, fügt hinzu: „Unsere Texte haben ihre Aktualität nicht verloren, leider. Man muss nur die Namen der Politiker austauschen.“ Als sie im neuen Jahrtausend nach einer langen Pause, in der Tonkel „arbeitender Schauspieler“ wurde, Michael Pröttel Geografie studierte und sein älterer Bruder Philipp in Archäologie promovierte, bevor er als Produzent zum Fernsehen wechselte, zum ersten Mal wieder zusammen auf der Bühne standen, staunten die vier Altpunker nicht schlecht, wie viele junge Leute in ihr Konzert gekommen waren: „Und die konnten alle Texte auswendig!“
In der Münchner Szene wurde A&P seinerzeit als Reiche-Söhnchen-Band vom Starnberger See eher belächelt. Ein Plattenvertrag bei Ralph Siegels nicht gerade für Punkmusik bekanntem Label „Jupiter Records“ war dann auch nicht unbedingt ein Pluspunkt in Sachen „Street Credibility“. Außer in Starnberg, wo sie im verruchten Jugendzentrum auftraten, war A&P in den frühen 80ern hauptsächlich in der Schweiz präsent. Dass ihre Texte über „Kontrolle“ und „Freiheit“ auch in der DDR Kult waren, das haben sie erst erfahren, als 2004 und 2005 ganze Reisebusse mit jungen Leuten aus den neuen Bundesländern zu ihren Konzerten nach München kamen. Von nur einer einzigen eingeschmuggelten LP waren damals unzählige Tapes aufgenommen worden. Wer im Osten heimlich A&P hörte, der wusste, an welcher Stelle diese einzige Platte einen Kratzer hatte, denn der war auch auf allen Raubkopien zu hören.
Im Feierwerk wird A&P zusammen mit alten Freunden von einst auftreten, im Publikum werden nicht nur junge Punks mitgrölen, sondern auch jede Menge Fans von damals. Für die vier geht es aber um mehr als Nostalgie: „Punk ist eher eine Lebenshaltung als eine Mode“, sagt Florian Pröttel. „Keiner von uns ist Politiker geworden, aber wir leben unsere Ideale.“ Und da macht es dann auch nichts, dass Philipp als Showproduzent neulich einen anderen Punk bei einer Fernsehgala getroffen hat – beide waren im Smoking.
(MM 22.11.10)