Friedlich liegt sie da, unsere Gemeinde, ein wenig eingeschneit. Auf der Aufnahme, die den Blick von Berg nach Aufkirchen zeigt, ist kaum zu erkennen, was den Gemeinderat ein Gutteil der Sitzung beschäftigt hat: das Containerdorf. Der Helferkreis Asyl und Integration hatte nämlich einen Antrag gestellt.
“Wir ALLE sind die Gemeinde Berg”, sagte Zweiter Bgm. Andreas Hlavaty
Der Helferkreis hatte die Schaffung einer kommunalen Vollzeitstelle eines “Integrationsberaters/-beraterin” zur Unterstützung der Ehrenamtlichen, die den Geflüchteten zur Seite stehen, beantragt. Begründet wurde dies mit dem Ausscheiden von Iradj Teymurian (ebenfalls im Publikum), der bekanntermaßen eine zentrale Rolle spielte, die “Präsenz, kulturelles Verständnis und Sprachvermögen” vereinte. Diese Lücke vermöge der Helferkreis nicht aus eigener Kraft zu schließen. Zudem hätten sich die Aufgabenfelder verändert und vermehrt.
Etwa 25 Mitglieder des Helferkreises hatten auf den Besucherstühlen Platz genommen. Peter Born, Verena Machnik und Eva-Maria Marxen, die den Antrag unterzeichnet hatten, erhielten Rederecht und durften ihre Positionen darstellen.
Mittendrin – das Containerdorf
Peter Born gab zunächst einen Überblick: Im Camp wohnen derzeit 85 Personen, zusätzlich sind 23 Menschen in Privatwohnungen untergebracht. Von den 108 Geflüchteten sind 41 Kinder und Jugendliche. Zwischen 80 und 90 % der Männer, die im Besitz einer Arbeitserlaubnis sind, haben einen Job. Nach Iradj Teymurians Ausscheiden organisierte man sich neu. Zehn Aufgabenbereiche wurden definiert, die einzelnen Personen zugeordnet wurden – zum Beispiel Ämter und Behörden, Wohnraumsuche, Sprach- und Integrationskurse.
“Die Situation hat sich in einer Weise verändert, die wir nicht mehr bewältigen können”, sagte Eva-Maria Marxen. Man dürfe nicht vergessen, dass die meisten Bewohner vor und während der Flucht traumatische Situationen durchlebt und sie noch nicht verarbeitet hätten. Auch wenn im Camp häusliche Gewalt, Drogenmissbrauch und ernste psychische Probleme nur in Einzelfällen vorkomme, sei wegen der häufig zunehmenden Perspektivlosigkeit mancher Flüchtlinge eine Zunahme nicht auszuschließen. Die ehrenamtlichen Mitglieder des Helferkreises “können und wollen” die Verantwortung nicht tragen.
Verena Machnik erklärte, der Helferkreis habe die Gemeinde seit drei Jahren unterstützt und stoße nun an seine Grenzen. Jetzt sei die Gemeindeverwaltung gefordert. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer hätten “Menschen in Arbeit gebracht und wunderbare Schulkarrieren” miterlebt. Sie habe selbst Kinder und freue sich, wenn sich ihre eigenen und Kinder aus dem Camp an der Schulbushaltestelle herzlich begrüßten, statt sich mit Misstrauen und Angst zu begegnen.
Die Vorgeschichte, die Bürgermeister Monn im Anschluss zusammenfasste: Bereits letztes Jahr waren vom Gemeinderat 20.000 € in den Haushalt 2019 eingestellt worden, um den Helferkreis personell zu unterstützen. Allerdings war dies bewusst nicht im Stellenplan berücksichtigt worden. Die Zukunft der Organisation “Hilfe von Mensch zu Mensch” war zu dem Zeitpunkt noch nicht klar gewesen. Der Gemeinderat war sich damals einig, dass eine solche Stelle nicht im Rathaus angesiedelt sein sollte. Man hatte die Idee, den Ökumenischen Alten- und Krankenpflegeverein anzufragen, diese Lösung schied jedoch, wie sich mittlerweile herausstellte, wegen der Vereinssatzung aus. Derzeit läuft eine Anfrage, die Stelle bei der evangelischen Kirchengemeinde anzusiedeln, die Antwort aus München noch nicht da. Mittlerweile steht aber fest, dass die Innere Mission die Betreuung in der Nachfolge von “Hilfe von Mensch zu Mensch” übernimmt.
Sabine Neumann vom Fachbereich Asyl, Integration und Migration des Landratsamts Starnberg war ebenfalls zur Sitzung eingeladen worden. Sie berichtete, die Bedingungen hätten sich in unserem Landkreis durch den neuen Betreuungsschlüssel von 1/260 Personen (umgerechnet 9 Minuten Betreuung pro Woche pro Person, wie der Helferkreis ausgerechnet hatte!) deutlich verschlechtert – ein Dilemma. Das reiche natürlich nicht aus, und die Aufgaben könnten durch die Innere Mission nicht mehr vollumfänglich wahrgenommen werden. Insbesondere nach der Anerkennung von Geflüchteten steige der Betreuungsbedarf. Ihre Empfehlung lautete, nicht zwei Personen an denselben Themen arbeiten zu lassen, sondern die Stelle der Inneren Mission aufzustocken. Was für eine hervorragende Idee!
Im Gemeinderat wurde im Anschluss diskutiert – einhellig dankte man für die Arbeit und den Einsatz des Helferkreises. Diverse Vorschläge wurden gemacht, Fragen wurden gestellt (“Uns ist bewusst, dass Sie für den sozialen Frieden hier sorgen” – Anke Sokolowski, “Wir alle sind die Gemeinde Berg, vielleicht könnte sich der Helferkreis auch als Verein organisieren” – Andreas Hlavaty, “Es gibt sehr unterschiedliche Lösungen in den anderen Gemeinden des Landkreises” – Sissi Fuchsenberger, “Wäre es bürokratisch so einfach praktikabel, die Stelle bei der Inneren Mission aufzustocken?” – Elke Link, “Die Organisation sollte auf Kreisebene laufen” – Rupert Steigenberger, “In Berg ist schnelles Handeln gefordert” – Rupert Monn, “Gäbe es überhaupt genug Personal bei der Inneren Mission?” – Harald Kalinke, “Sollte man ein Pflichtenheft verfassen?” – Werner Streitberger).
Einstimmig beschlossen wurde der Vorschlag von Frau Neumann. Die MitarbeiterInnen der Inneren Mission müssen nach den Richtlinien der Bayerischen Staatsregierung eingestellt werden, also fachliche Qualifikation mitbringen. Es gibt ein Einarbeitungskonzept samt Handbuch, zwar nicht rund um die Uhr, aber doch acht Stunden täglich wäre jemand vor Ort. Die Aufgaben können vom Auftraggeber, also der Gemeinde festgelegt werden. Fazit: Nicht ganz das, was sich der Helferkreis gewünscht hat, aber dennoch eine gute Lösung, deren Praktikabilität hoffentlich sehr bald auf die Probe gestellt werden kann.
Der Rest der Sitzung galt dem Bauen: die 30. Änderung des Flächennutzungsplans für den Bereich des B-Plans “Wohnzentrum Osterfeld”, wurde einstimmig beschlossen, die 2. Änderung für die Bauleitplanung “Seeuferbereich Kempfenhausen- Unterberg” zum Satzungsbeschluss geführt, und mit den traditionellen zwei Gegenstimmen (ein kleiner Insider) wurde auch die Satzung des B-Plans Zieglerweg einstimmig beschlossen.
Eine kurze Diskussion über die Definitionen von Außen- und Innenbereich gab es noch anlässlich eines Bauantrags zum Anbau an ein Reihenhaus an der Maxhöhe. Im Außenbereich wurde eine geringfügige Wohnraumerweiterung – wenn Sie es genau wissen wollen: nach §35 Abs. 4 Nr.5 BauGb Randziffer 159 – einstimmig genehmigt.
Und hereingeschmolzene Neuigkeiten: Die Berger Wintergaudi, die am 2. Februar stattfinden sollte, wurde wegen des Wetters mit gedrücktem Daumen wieder auf den 9.2. verschoben …