Nachtkritik


Das Experiment: Sebastian Hess und Axel Wolf in vertauschten Rollen

Etwa 60 Gäste kamen zum Barockabend in den Marstall. Gewohnt unprätentiös führte Sebastian Hess in die Musik ein – zu Beginn bedankte er sich, dass sich – trotz Wies’n – doch so viele Gäste zur Berger Uminterpretation des “Italienerwochenendes” eingefunden hatten, freute sich über die dem Barock sehr entsprechende Konzertsituation und erklärte im weiteren Verlauf Plattis Verhältnis zu Würzburg, den basso continuo (“Ich agiere da eher wie ein Jazzpianist” – Axel Wolf) und Tiepolos Deckenfresko im Treppenhaus der Würzburger Residenz – auf dem das einzig bekannte Porträt Plattis zu sehen ist.

Der diesmal pausenlose Abend begann mit vier Sonaten, abwechselnd von Platti und Vivaldi. Einige wenige Zuhörer begannen schon der schönen Gewohnheit nachzutrauern, immer noch ein Einsprengsel aus der Neuen Musik mit einzubauen – doch weit gefehlt! Nachdem Axel Wolf die Besonderheiten von Theorbe und anderen Lauten erklärt hatte, spielte er das “Tombeau de Mr. D. Philips” des japanischen Lautenisten Toyohiko Satoh (*1943). Um den Abend nicht mit der “Nachdenklichkeit” dieses Stücks zu beschließen, folgte eine furiose Sonate von Platti – und dann noch ein Experiment: Sie spielten Platti mit vertauschten Rollen – Sebastian Hess’ Cello übernahm den Generalbass, Axel Wolf wechselte die Theorbe gegen ein Saxophon aus und spielte die Hauptstimme -, was langsam in ein Jazzstandard von Thelonious Monk überging. Das ist es, was marstall classics unterscheidet und so besonders macht. Wunderbar, großartig, Applaus. Wir freuen uns aufs nächste Mal.