Münchner Künstler plant Gegenveranstaltung zur König Ludwig Feier


Gehörige Distanz: heute beim König

Der anstehende Jubiläums-Todestag von König Ludwig II lockt nicht nur noble Kunstanstrengungen in unser Dorf, wie die Bläsergruppe “Blechschaden”, die am Pfingst-Sonntag im Festzelt am Huberfeld auf Einladung der Berger Burschenschaft spielt (Eintrittskarten für 20€ bei den Raiffeisenkassen und im Getränkemarkt Albrecht). Er inspiriert nicht nur lokale Künstler wie Ulrike Adldinger zu Kreisverkehrgestaltungen und Performances (“Die Krone im Wasser” mit Aurelia Baumgartner & Klaus Walterspiel am Pfingst-Montag im Marstall), nein sie lockt auch ganz andere Unternehmungen an, die auf ihre Art von dem Event profitieren … oder dagegen protestieren wollen. Der Münchner Künstler Wolfram Kastner (Preisträger des “German Jewish History Award”) hat schon vor 25 Jahren ein Anti-König-Ludwig-Happening veranstaltet. Er plant auch diesmal wieder eine Aktion in Berg.


Wolfram Kastner bei einer Aktion zur Bücherverbrennung auf dem Münchner Königsplatz

QUH:
Herr Kastner, Sie mögen König Ludwig II nicht besonders?

Wolfram Kastner:
Es gibt auch keinen einzigen Anlass, diesen absurden selbstverliebten Kitsch-Monarchen zu mögen. Er verstand weder etwas von der überfälligen Aufklärung oder von sozialer Verantwortung, noch war er ein Förderer einer zeitgemäßen zukunftsweisenden Kultur.

QUH:
Sie planen zum 125. Jahrestages des Todes von König Ludwig II am 13.6. eine Aktion in Berg, die sich kritisch mit diesem Gedenktag beschäftigen will. Können Sie uns darüber etwas verraten?

Wolfram Kastner:
Der systematischen Verharmlosung einer Monarchie, die ihre Untertanen bis aufs Blut aussaugte und in mörderischen Kriegen verrecken ließ, muss man etwas entgegenhalten. Wir wollen die staatlich geförderte Ludwixerei der Lächerlichkeit preisgeben, die sie verdient. Wir haben eine Versammlung im öffentlichen Teil des Schlossparks angemeldet, bei der eine performative Inszenierung „Bayern geht Baden“ realisiert werden soll – mit Schwimmnudel, Taucherbrillen, Flossen und Schnorchel.

QUH
Wie haben die Wittelsbacher auf ihr Vorhaben reagiert?

Wolfram Kastner:
Naja, die haben es vielleicht noch nicht registriert, dass das Versammlungsrecht in ganz Bayern gilt. Sie wollen uns eine Genehmigung „nicht in Aussicht stellen“. Aber die demokratischen Grundrechte und dazu gehört die Versammlungsfreiheit – existieren nicht von Wittelbachs Ganden.

QUH
Sie sind Mitglied des Vereins “Das andere Bayern”, der bereits zum 100. Todestag ein Schiff auf dem Starnberger See mietete auf dem anläßlich einer “Lustfahrt” König Ludwig auf die Schippe genommen wurde. Wie waren die Reaktionen?


“Bärenfell”-Aktion auf der Seeshaupt (1986)

Wolfram Kastner:
Damals sorgte sich das Bayerische Finanzministerium darum, dass das Ansehen des Ludwigzwo Schaden nehmen könnte, z.B. durch eine Inszenierung des „BärenfellWälzens“ (bei dem wir Ludwigs Lust, in der Oper nackte niederbayerische Bauernburschen zu betrachten, nachstellten). Es kamen viel mehr Menschen zu unserer Schifffahrt als wir Platz hatten. Das bestätigt, dass die Menschen in Bayern nicht so blöd sind, wie sie gehalten werden sollen.

QUH
Herr Kastner, danke für dieses Gespräch.

————–

Die QUH wollte – auf ihre Art – ursprünglich am geplanten Festzug teilnehmen, ihr wurde aber bedeutet, dass “politische Parteien” bei dem (königstreuen?) Event nicht erwünscht seien. Auf dem QUH-Blog gab es bereits diverse Berichte über König Ludwig. U.a. die Vermutung, dass er – kurz vor seinem Tod – der Mörder von Dr. Gudden gewesen sein könnte ( /?p=3077/ ), die Aufdeckung einer Ludwig-Fälschung ( /?p=3708 ) oder eine Untersuchung seines engen Verhältnisses zum Horror ( /?p=3927 ).

Kommentieren (4)

  1. jumbo
    26. Mai 2011 um 21:04

    Gemeinde-Geschichte man kann zu König Ludwig II stehen, wie man will. Jede (auch im Blog bereits geäußerte) Meinung hat ihre Berechtigung. Aber: Die Geschichte König Ludwigs II. ist nunmal untrennbar mit Berg verbunden. Hier bei uns steht Schloß Berg und am Berger Seeufer fand der König den Tod.

    Also lassen wir uns doch auf unsere Geschichte ein. Die anstehenden Gedenktage mitzufeiern heißt doch nicht zwangsläufig, königstreu und Monarchist zu sein. Laßt uns doch auf die Geschichte unserer Gemeinde zurückblicken, lasst sie uns feiern, warum denn nicht? Unsere Demokratie wird daran keinen Schaden nehmen.

    P. S. Die Berger Blechbäser – Bläsergruppe der evangelischen Kirchengemeinde Berg – nicht zu vergleichen/verwechseln mit Blechschaden 🙂 – werden die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes übernehmen, wie sie es bereits seit weit über zehn Jahren tun.

    • Elke Link
      26. Mai 2011 um 22:26

      Geschichte wird gemacht (es geht voran) “Gedenken” heißt schließlich nicht nur “anerkennend zurückdenken”, sondern auch schlichtweg “erinnern”. Ich meinerseits werde an König Ludwig wie an Dr. Gudden denken und versuchen, mir viele der Fakten (Politik, Staatsfinanzen, Bauprojekte) und sehr schrägen Geschichten (Sex & Crime & Psychiatrie) – und da gibt es sicher Schnittmengen – zu Gemüte zu führen. Die Demokratie sehe auch ich dadurch nicht gefährdet, man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Der Berger Burschenschaft, die sich zur Stunde zur Vorbereitung trifft, werde ich möglichst hilfreich zur Seite stehen. Ein Zweitstudium in Ludwigologie an der LMU, wie von den Guglmännern gefordert, werde ich jedoch kaum antreten. Ob dieser Lehrstuhl wohl Aufnahme in die visionäre “Eliteuni” auf der Maxhöhe finden würde? Passen würde es.

  2. ammer
    27. Mai 2011 um 10:43

    Genehmigung der Gegen-Veranstaltung Als Nachtrag zu dem obigen Gespräch hat uns Wolfram Kastner noch aus seiner Sicht in einer mail über den derzeitigen Stand des Genehmigungsverfahrens informiert:
    Liebe QUH,
    heute gab es ein sehr positives treffen im landratsamt starnberg.
    der WAF (d.i Wittelsberger Ausgleichsfonds, Anm. d QUH) ist wohl bereit, unsere veranstaltung zu dulden, da klar geworden ist, das versammlungsrecht hat höheren wert als die „pietät“ für ludwig 2. bei einer ablehnung gäbe es mit sicherheit ein urteil gegen den WAF.
    wir werden also das freischwimmen von der monarchie unter polizeischutz durchführen.

  3. Cangrande
    19. Juni 2011 um 15:06

    “bis aufs Blut aussaugte”: in welchem Zeitalter lebt der Kastner? Kastner kritisiert die
    “Verharmlosung einer Monarchie, die ihre Untertanen bis aufs Blut aussaugte”.

    Träumt der? Ausgesagt werden wir heute – und nicht einmal für eine “Burg”, die zwar Spinnerei war, aber rückblickend ein wahrer Glücksfall für Bayern (weil es weltweit eben mehr Träumer gibt, als rationale Weltweisheit sich träumen lässt).

    Ausgesagt werden wir heute, und seit einem Jahr noch drastisch verschärft, für das schöne Leben in anderen Ländern: Griechenland usw.
    Gut möglich, dass das eines Tages noch Blut kosten wird. Denn ewig lässt sich nicht einmal der deutsche Michel aussagen – und auch nicht durch lustige Events ablenken!