In der Monacensia München widmet sich noch bis zum 16. September eine Ausstellung mit dem Titel “Evas Töchter” den vergessenen Namen der Münchner Frauenbewegung um die Jahrhundertwende, die aus einem Kreis von Schriftstellerinnen und Künstlerinnen entstand. Das Haus Buchenried der Münchner Volkshochschule veranstaltete im Juli ein Seminar unter der Leitung von Dr. Ingvild Richardsen zu diesem Thema. Was das mit Berg zu tun hat? Lesen Sie weiter.
Haus Buchenried (c) Peter Felbert
Carry Brachvogel, Marie Haushofer, Emma Haushofer-Merk, Anita Augspurg, Helene Böhlau – diese Namen sind heute nur wenigen geläufig. Franziska von Reventlow, Ricarda Huch, Annette Kolb sind diejenigen, die mehr in Erinnerung geblieben sind; ein enger Freund dieses Kreises war auch Rainer Maria Rilke. Die Münchner Frauenbewegung mit ihren Persönlichkeiten und Salons war hochinteressant und endete traurig mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Ausschnitt aus der Präsentation von Dr. Ingvild Richardsen
Dr. Ingvild Richardsen in Haus Buchenried
Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Ingvild Richardson, die die Ausstellung “Evas Töchter” mitgestaltet hat und Herausgeberin des begleitenden Katalogs ist, hat sich intensiv mit dieser Zeit beschäftigt und mehrere Publikationen dazu veröffentlicht. In Haus Buchenried schlug sie den Bogen zum Starnberger See und zu dem Haus selbst.
Viele Münchner Sommerfrischler kamen ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit Bahn und Schiff an den Starnberger See. Die hygienischen Zustände in München waren katastrophal, die Münchner flohen vor der “asiatischen Brechgrippe” aufs Land, und einige Familien legten sich Ferienhäuser am See zu.
Das heutige Haus Buchenried steht oberhalb der Villa Hackländer, die von Johann Ulrich Himbsel (dem Begründer der Dampfschifffahrt am See, der als bayerischer Baubeamter auch die Bahnstrecke Pasing-Starnberg in Auftrag gab und den Kreuzweg stiftete) bereits 1827 gebaut wurde. Damals war es ein schlichtes Sommerhäuschen.
Nach Himbsels Tod 1860 kaufte der bekannte Schriftsteller Friedrich Wilhelm Hackländer, der für seine Soldaten- und Reisegeschichten bekannt war, 1866 das Haus. Er lebte und arbeitete dort bis zu seinem Tod in Leoni im Jahr 1877. Danach erwarb die Familie des erfolgreichen und als sehr arbeiterfreundlich geltenden jüdischen Papierfabrikdirektors Louis Weinmann das Areal – die Villa Hackländer war jedoch viel zu klein für die fünfköpfige Familie. So wurde oberhalb davon die Villa Weinmann gebaut. Der Unternehmer und seine Frau Julie waren eng mit der Münchner Künstlerszene befreundet. Julie sollte später bis zu ihrem Tod 1936 sogar einige Monate in der Münchner Wohnung von Carrie Brachvogel leben. Nicht bekannt ist, wie es mit dem Haus weiterging: Offenbar kaufte nach den Weinmanns, von denen noch das Mausoleum (erbaut von Theodor Fischer im Jahr 1903) im Garten erhalten ist , im Jahr 1919 eine Familie Weinreben das Haus. 1924 hören die Einträge auf. Heute ist es das Haus Buchenried und im Besitz der Münchner Volkshochschule.
Das Fundstück vom Chiemsee: Ausschnitt aus einem Gästebuch der Familie Weinmann mit einer Darstellung von Haus Buchenried
Zur Münchner Szene und zum Freundeskreis der Weinmanns gehörte damals auch die Gelehrten- und Künstlerfamilie Haushofer, die bis heute den Hartschimmelhof in Pähl besitzt. Großvater Maximilian Haushofer hatte in den 1820er Jahren auf der Fraueninsel im Chiemsee eine Malerkolonie gegründet. Dort traf sich man sich regelmäßig beim “Inselwirt”. Als es die Literaturwissenschaftlerin Dr. Ingvild Richardson bei ihren Recherchen zur München Frauenbewegung auch auf die Fraueninsel verschlug, besuchte sie ebenfalls den Inselwirt. Dort zeigte man ihr alte Unterlagen – und sie stieß auf zwei Gästebücher aus Leoni mit Aquarellen, Zeichnungen und Gedichten all der großen Namen der damaligen Zeit – der Beweis, dass die großen Namen der damaligen Münchner Szene bei den Weinmanns in Leoni ein und aus gingen. Diese Schmuckstücke wurden offenbar von Freunden der Familie auf die Fraueninsel gerettet. Ein sensationeller Fund – der hoffentlich faksimiliert bald im Haus Buchenried zu sehen sein wird.
Die Ausstellung “Evas Töchter” ist noch bis 16. September, Montag bis Mittwoch und Freitag von 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr Uhr, Donnerstag von 12 Uhr bis 19 Uhr sowie am Wochenende von 11 bis 18 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Jeden Sonntag um 14 Uhr bietet die Münchner Volkshochschule kostenlose Führungen durch die Sonderausstellung an. Der Begleitkatalog ist im Volk Verlag erschienen und kostet 25 €.