Die fetten Jahre sind …

… ja, sind sie vorbei? Auskunft darüber gibt jedes Jahr die vorberatende Haushaltssitzung des Gemeinderates. Es ist oft die wichtigste Sitzung des Jahres, in der die großen Weichen gestellt werden. Es ist gleichwohl die Sitzung, die in der Öffentlichkeit auf das geringste Interesse stößt. 1378 Seiten Haushaltsentwurf standen am Dienstag exakt 0 Zuhörer gegenüber. Welches Gebäude wird gebaut? Wo kann man sparen? Wer bekommt Zuschüsse?

Können wir uns Berg noch leisten?

Zuerst berichtete der Kämmerer Florian Bendele über den Einbruch der Einnahmen durch die Corona-Krise. Statt 3,8 Millionen € sind in diesem Jahr bisher nur 2,4 Mio. € an Gewerbesteuern eingegangen. Bis zum Jahresende dürfte sich der Betrag auf 2,8  Mio. € erhöhen. Es besteht aber Aussicht darauf, dass der Staat das Defizit ausgleicht.

Geringer ist der Einbruch bei den in Berg eigentlich wichtigeren Einnahmen – bei der Einkommensteuer. Hier rechnet der Kämmerer mit 6,35 Mio. statt 6,8 Mio. €.

Die liquiden Mittel der Gemeinde betragen immer noch gut 15 Mio. €. Und trotzdem malte der Kämmerer eine dunkle Zukunft für Berg. Denn der Finanzplan sieht vor, dass diese liquiden Mittel in den nächsten Jahren pro Jahr um 3 Mio. schrumpfen könnten. Allein die notwendigen Investitionen in die Wasserversorgung verschlingen in den nächsten Jahren viele Millionen – zum Beispiel hier:

  • 900 T für den Hochbehälter in Aufkirchen
  • 600 T für die erneute Bohrung nach Trinkwasser
  • 900 T für die Sanierung des Hochbehälters Attenhausen (hier stand zuvor in der Vorlage “Wasserleitung” – die gibt es bereits  – vielmehr handelt es sich aber um unseren Anteil an der Sanierung des Hochbehälters)
  • 700 T in der Dürrbergstraße
  • 1,4 Mio. für Straßenbau und Tagwasserkanal in Mörlbach

Anders als früher ist nicht geplant, in den nächsten drei Jahren nennenswert Straßen zu sanieren. Das Geld dafür wäre auch nicht da.

Denn jährlich verbraucht Berg – wenn sich der Finanzplan bewahrheitet – 3 Millionen seiner liquiden Mittel. Spätestens 2023 könnte ein fast zweistelliger Millionenkredit nötig werden, damit Berg zahlungsfähig bleibt.

Angesichts solcher Zahlen regte unser tapferer Kämmerer (“Ich bin nicht hier, um mir Freunde zu machen”) sogar an, das MTV-Sportfunktionsgebäude zu verschieben, weil es sich dabei nicht um eine Pflichtaufgabe der Gemeinde handele. Vor allem CSU und QUH bestanden allerdings darauf, fertig geplante Projekte auch wie geplant zu realisieren.

Anders sieht es bei Zukunftsprojekten wie dem Feuerwehrhaus in Höhenrain aus. Die EUW hatte beantragt, dafür schon in den nächsten Jahren Planungskosten zu veranschlagen. Nachdem der Kämmerer seine Berechnungen vorgestellt hatte, zog Stefan Monn höchstpersönlich diesen Vorschlag zurück und begnügte sich mit einem Planungsbeginn von 2024 und der Zusage, dass man sicher früher beginnen werde, wenn es eine günstigere Finanzentwicklung gebe als vorhergesagt.

An Letzteres glaubten fast alle der erfahrenen Gemeinderäte, die schon öfter Finanzpläne verabschiedet hatte, die auf einer zukünftigen Neuverschuldung beruhten … zu der es bisher allerdings nicht gekommen ist. – In Gegenteil: die Reserven sind immer weiter gestiegen.

Grüne und QUH fragten zum wiederholten Mal an, ob die Gemeinde nicht auch ein Zeichen setzen und auf die Tiefgarage für das Rathaus verzichten sollte. Der Bürgermeister will jedoch zunächst an den beschlossenen Plänen festhalten.

Dann die weiteren Anträge der Parteien und Vereine.

  • Das marode Tennisheim in Farchach wird weiter saniert und das “Müller’s” bekommt (Antrag der CSU-Senioren) in diesem Zug auch eine Behindertentoilette. (200 T €)
  • Nach langer Diskussion bewilligte der Rat die von den Grünen in letzter Sekunde beantragen Luftreinigungsgeräte für die OMG-Schule, allerdings wollte man sich noch über den wahren Nutzen der Geräte und ihre Lieferbarkeit informieren. (20 T €)
  • Die SPD bekam 6T € für ein “Radwegkonzept”.
  • Die QUH antragsgemäß fixe Budgets für die drei “Beauftragten” der Gemeinde für Kultur (Ammer, QUH), Jugend (Goerke, QUH) und Inklusion (Fuchsenberger, SPD).
  • Außerdem erhält der TC Berg insgesamt 5,2T € für die Jugendarbeit und eine neue Spülmaschine …
  • … und der “betreute Mittagstisch” in der OMG-Schule wie bisher 30T € Zuschuss, aber keine Erhöhung

Zur Senkung des jährlichen Defizits von fast 3 Mio € wird eine Anhebung der Grundsteuer und eine Abgabe auf Zweitwohnsitze erwogen. Die Hundesteuer wurde bereits erhöht, was Einnahmen von 20T € bringen wird.

In der nächsten Sitzung soll dieser Haushalt dann verabschiedet werden

Kommentieren (1)

  1. Gast
    9. Dezember 2020 um 22:07

    Ob die Vergangenheit alleine Auskunft über die zukünftige Steuereinnahmenentwicklung geben kann – da hab ich meine Zweifel.

    Berg ist im Speckgürtel von München die letzten 20 Jahre sicher mit der wirtschaftlichen Entwicklung mitgewachsen. Aber wie man jetzt sieht, kann sich das mit Corona auch schnell ändern.

    Interessanter wäre da eher Megatrends, z.B. ziehen jetzt mehr Leute aufs Land, weil man in Zukunft viel mehr im Home Office arbeiten kann und nur noch 2 mal die Woche in die Stadt pendeln muss?

    Dazu wäre es mal interessant zu verstehen, wie sich die Gewerbe- und Einkommenssteuereinahmen etwas mehr im Detail darstellen. Bitte mal die Verwaltung fragen, ob es da Statistiken gibt (wie viele Einkommenssteuerpflichtige arbeiten in der Gemeinde, wie viele ausserhalb, etc.)

    🙂