“Nix mehr?” – fragte nach einer Viertelstunde der Bürgermeister nachdem die Gemeinderäte ihn mit Anfragen aller Art zu den Standardthemen der Gemeinde (Querungshilfe, Müllhäuschen, parkende Busse) überhäuft hatten und weitgehend vertröstet wurden … es ging dann noch gut 10 Minuten weiter. Aber zunächst zu einem Projekt, dass das Gesicht der Gemeinde verändern wird wie lange keines: der soziale Wohnungsbau an der Osterfelderstraße (bei der Kapelle zwischen Aufkirchen und und Aufhausen).
Prägen Sie sich diesen Blick ins Landschaftsschutzgebiet ein … er wird so nicht mehr lange möglich sein.
Bald Vergangenheit: der Blick ins Landschaftsschutzgebiet zwischen Aufkirchen und Aufhausen …
Man hätte vorgewarnt sein können: schon im November letzten Jahres hatte es geheißen, dass keiner der drei Entwürfe für das Wohnprojekt der Gemeinde mit dem “Zweckverband Wohnen” an der Osterfelderstraße zufriedenstellend sei. Angeblich hatte man die Büros um Nachbesserungen gebeten. – Offenbar mit geringem Erfolg. Also wurde jetzt eine Städteplanerin beauftragt, auf Grund der nur 3 eingegangenen Entwürfe die Vorstellungen der Gemeinde zu einem Bebauungsplan zu formulieren … dieser kann allerdings nur noch geringfügige Änderungen bewirken.
Die eingegangenen Entwürfen wurden den Gemeinderäten nicht zur Verfügung gestellt und nur jeweils kurz projiziert. Wir können hier für das größte Bauprojekt in der Gemeinde den Bürgern nur dilettantische Spontan-Skizzen eines Gemeinderates liefern (zur Erinnerung: beim ähnlich gelagerten Projekt “Betreutes Wohnen” in Berg Nord, waren die Entwürfe stolz und öffentlich im Rathaus ausgestellt worden).
Städtebaulich am ansehnlichsten war der Entwurf, der für den Zweckverband gar nicht in Erwägung gezogen wurde, weil ein Drittel der ca. 35 Sozialwohnungen für bedürftige Berger Bürger (80% der Mieter darf die Gemeinde bestimmen) halb im Souterrain untergebracht worden wären. Dafür wäre der schöne Blick von der kleinen Himmelmutterkapelle hinab ins Isartal weitgehend erhalten geblieben.
So nicht: Links oben die Himmelmutterkapelle, oben die Osterfelderstraße neu 2 Baukörper mit 35 Sozialwohnungen
Mehr den Erfordernissen des Zweckverbandes, der für geringes Geld bezahlbaren Wohnraum schaffen soll und dafür von der Gemeinde das Grundstück für 1€ Pacht zur Verfügung gestellt bekommt, war ein städtebaulich unterirdischer Entwurf, der die Wohnungen in 3 Riegeln unterbringen wollte, die so auch am Hasenbergl oder in der Lower Eastside oder auf der Rückseite des Mondes stehen könnten.
Zum Glück nicht so … ernstgemeinter Entwurf für eine 3 stöckige Wohnbebauung im Landschaftsschutzgebiet.
So blieb unter den drei unbefriedigenden Entwürfen eigentlich nur noch einer übrig, der 3 Gebäude wie einen Dreiseithof anordnet. Allerdings wären die Häuser kostensparend durch Laubengänge verbunden, sodaß der Baukörper wohl wie ein riesigen Gebäude aussehen würde. Die beiden nördlichen Gebäude (nahe der Kapelle, rot) wären 3-stöckig, das südlichste nur 2-stöckig. Wegen des besonderen Vergabeverfahrens beim sozialen Wohnungsbau müßte dieser beste unter 3 schlechten Entwürfen längst beauftragt worden sein.
Links wieder die Kapelle; davor 3 Wohnblöcke (3-bzw.2-stöckig), allesamt Tiefgaragenunterkellert
Aber selbst die Auftraggeber, der Zweckverband, und die mit am Tisch sitzende Gemeinde bezeichneten diesen Entwurf, den wir Ihnen leider nicht zeigen können, (oder sollen, oder dürfen) als “nicht dem Ortsbild entsprechend, als unsensibel “aus der Stadt aufs Land übertragen“, weshalb also die Stadtplanerin Frau Skorka beauftragt wurde. Diese schlug nun vor, das oberste der Gebäude – wie in unserer Skizze – etwas schief zu versetzen, sodaß es als einzelnes Haus sichtbar wird. Am Entwurf selbst ist wohl kaum mehr etwas zu ändern, höchstens wird man darauf drängen, die wie Flachdächer wirkenden, verkümmerten Walmdächern in Satteldächer mit Dachüberständen umzuwandeln und die Fassaden, die man im Rat schamhaft nur kurz zu sehen bekam, ruhiger zu gestalten. Alles richtig, aber leider nur Kosmetik an einem Entwurf, der wohl schon im November zutreffenderweise als “unzufriedenstellend” bezeichnet wurde.
Obskur war auch die anschließende Diskussion im Rat: vor allem die geringe Anzahl der Stellplätze (einer pro Wohneinheit) wurde von einigen Gemeinderäten laut bemängelt … bis sie sanft darauf hingewiesen wurden, dass sie dies vor fast genau einem Jahr genau so in die Ausschreibung hatten schreiben lassen. GR Grundmann (QUH) wies richtig darauf hin, dass wer mehrere Autos besäße, vielleicht in einer Sozialwohnung nicht richtig untergebracht sei.
Die Gemeinderäte Gastl (CSU), Galloth (SPD) und Ammer (QUH) waren mit der Situierung der Gebäude nicht einverstanden und bemängelten, daß die Sichtachse ins Tal hinunter – anders als vor einem Jahr versprochen – nicht im Geringsten frei gehalten worden sei. “Einen Tod müsse man sterben” antwortete darauf ungerührt der Bürgermeister und GR Hlavaty meinte, – ganz im Sinne der Söderschen Flächenfraßideologie – dass ihm die 5 Sekunden, die er beim Vorbeifahren ins Tal schaue, auch egal seien.
Das Tal ist also in den Brunnen gefallen. Jetzt soll die Städteplanerin, die schon gute Arbeit geleistet hat, das größte Unglück abwenden … wir wünschen ihr dazu von Herzen ein glückliches Händchen. Immerhin dürfte der Komplex – wenn er denn fertig wird (Baubeginn 2019) – zu den größten Gebäuden in Berg gehören.
Wer einen Eindruck von der Arbeit der favorisierten Architekten “Grassinger Emrich” bekommen möchte; möge sich selbst ein Bild machen. Hier ist die Seite ihres Büros: http://ge-architekten.de/ausgewaehlte-projekte/
Mehr über die Fragestunde aus dem Gemeinderat morgen auf dieser Seite.
Wieso die Kapelle nicht als integrierten Bestandteil mit einplanen?
Könnte mir gut vorstellen, dass eine Art Dreiseithof der sich zur Straße und Kapelle hin öffnet gut aussehen könnte. Vielleicht gedanklich mal den alten Baukörper von Gut Biberkor dort hinverpflanzen.
Hier gibt es eine Aufnahme davon zur Hilfestellung: http://evgberg.de/pages/zum-nachlesen/glaubensorte/das-gotteshaus-biberkor.php
Ui toll! Wenn man dem Link folgt (schrecklich!) und dann auf “Alle Projekte” klickt, kann man nach einigem Suchen das Projekt “Gilching Waldstraße” entdecken, 2 Mehrfamilienhäuser für 10 Wohnparteien, also in etwa gleiche Größenordnung.
Wenn das so in etwa der Stil ist, der an dieser exponierten Stelle entsteht (und das ist aus den gezeigten Projekten ja noch ein harmloses Beispiel gesichtsloser Gegenwartsarchitektur), na dann gute Nacht. Zum Glück gewöhnt man sich an alles.
Aber lustig (?) ist es schon, wenn dann einem privaten Bauherren bei weit weniger schrecklichen Ideen eine Genehmigung verweigert wird…
Na dann Prost Mahlzeit. Schlechte Pläne, von denen aber einer umgesetzt werden muss (warum eigentlich?), völlig intransparentes Vorgehen unter praktischem Ausschluss des Gemeinderates. Mit Grausen denke ich an den bevorstehenden Rathausbau.
Ergibt sich durch die (etwaige) Genehmigung der 3 Vollgeschosse eigentlich für die Grundstücke in der Nachbarschaft ebenfalls das Baurecht von drei Vollgeschossen? Dies sollte ja so realisierbar sein, sofern kein Bebauungsplan für die Nachbarn vorgesehen ist. Somit wäre das ja eine Aufwertung bzw. ein Geschenk der Gemeinde an die Grundstückseigner von Aufkirchen und Aufhausen.
Lieber TK … das könnte durchaus sein. Das “Betreute Wohnen” in Berg hat ja zu einem ähnlichen Druck auf die Nachbargrundstücke gesorgt und eine fast desaströse Entwicklung in Gang gesetzt. Allerdings ist das fragliche Gebiet in Aufkirchen bereits mit einer Veränderungssperre belegt und ein Bebauungsplan in Vorbereitung.
Und lieber TR … das von Ihnen angesehene Projekt ist nur 2-Stöckig … in Aufkirchen ist durchaus Größeres geplant.
Danke quh für die Antwort. Es ist schon erstaunlich, wie sich die Gemeinde immer wieder Präzedenzfälle zum eigenen Nachteil erschafft. Bei der Übertragung des Baurechts auf Nachbarn (“wie Nachbarbebauung”), welcher Radius wird hier typischerweise vom GR angesetzt? Direkte Nachbarn, 100 m Radius, 500 m? Es gibt ja in Aufkirchen einige Wohngebiete ohne Bebauungsplan, wo der § 34 BauGB gilt. Per Gesetz ist das “Vorhaben zulässig, wenn es sich […] in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.” Doch wie ist die “nähere Umgebung” definiert?
Interessant in dieser Hinsicht ist ja auch der (ausschließlich durch das LRA genehmigte) Neubau im Enzianweg mit immerhin 2,5 Geschossen.