Ein Schiff wird kommen – um genau zu sein ein Katamaran! Im Jahr 2004 war die MS Starnberg, ein Katamaran, das neueste Mitglied und der ganze Stolz der Flotte der Staatlichen Seenschifffahrt auf dem Starnberger See. Nur vier Tage nach der Taufe des Schiffs erlitt die Euphorie jedoch einen erheblichen Dämpfer. Ob die dramatischen Ereignisse des 23 . Mai 2004 in direktem Zusammenhang mit der Schiffstaufe stehen, ist zwar nicht gesichert. Diese missglückte immerhin: Sybille Faltlhauser, die Frau des damaligen Finanzministers Kurt Faltlhauser, brauchte drei Anläufe, um die Sektflasche am Rumpf zu zerschellen.
Pile und Umberto, damals wie heute Kellner im Hotel Schloss Berg, können sich noch sehr gut an den sonnigen, aber ungewöhnlich stürmischen Tag erinnern. Gegen halb elf trafen sich die beiden an Tisch 6 im „Tiroler Stüberl“, um den Tag zu besprechen. Von diesem Tisch aus hat man durch das große Panoramafenster einen Blick auf den See gen Westen und durch das Seitenfenster blickt man nach Norden Richtung Starnberg. Der ideale Platz, um bei Kaffee und Zigarette ( das war damals noch möglich!) die Großwetterlage zu analysieren und sich für oder gegen einen Service auf der Terrasse zu entscheiden.
Pile blickte mehrmals Richtung Norden und somit auf die sich nähernde MS Starnberg und bemerkte bald, dass das Schiff eine ungewohnte Richtung – nämlich direkt auf das Hotel zu – einschlug. Umberto teilte seine Bedenken nicht und verwies darauf, dass das Schiff noch neu sei und wohl seine eigene Anlegestrategie habe. Damit sollte er mehr als Recht behalten. Pile erinnert sich, dass „mein Verstand mir gesagt hat, das es nicht möglich sei, dass das Schiff direkt auf das Hotel zufährt, aber meine Augen sahen etwas anderes“ . Er vertraute dann doch seinen Augen und flüchtete ins Restaurant. Er kam gerade bis zum Kamin, als ein unglaublicher Knall ihm sagte, dass der Katamaran „angekommen“ war. Sein unerschrockener Kollege Umberto hatte sich nicht vom Platz gerührt und neben dem Knall auch noch eine heftige Erschütterung gespürt.
Foto: Ausriss Abendzeitung
Ebenfalls auf dem Weg zur Arbeit – Stegdienst am Dampfersteg Berg – war Robert Wegscheider, als er den Knall vernahm. Als er fast schon am Dampfersteg war, erhielt er, diesmal in seiner Funktion als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Berg, die Information, dass die MS Starnberg den Steg in Berg gerammt habe. Das musste er zunächst für einen schlechten Scherz halten, da der Dampfersteg völlig intakt vor ihm lag, ohne dass von einem Schiff weit und breit etwas zu sehen war. Deshalb traute er auch kaum seinen Augen, als er, schließlich auf dem Dampfersteg stehend, dann wenige Meter nördlich die havarierte MS Starnberg an Badesteg und Kaimauer des Hotels hängen sah.
Robert hat den Schock aber schnell überwunden und konnte den Passagieren zur Hilfe eilen. Unterstützt wurde er nach kurzer Zeit von über 100 Helfern von Rettungsdienst, Wasserwacht , Feuerwehr und THW . Der Katamaran selbst wurde schwer beschädigt, konnte aber trotzdem selbstständig auf dem Seeweg nach Starnberg zurückkehren. Ein Defekt in der Steuerungselektronik soll die Ursache für das Unglück gewesen sein.
Vielleicht hätte man bei der Schiffstaufe doch auf Nummer sicher gehen sollen. Beispielsweise nach afrikanischem Vorbild. Dort nimmt die Taufpatin einen großen Schluck Palmwein und sprüht diesen mit spitzem Mund fünf Mal gegen die Bordwand – klappt immer!
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