Tatataaa! Berg begeht heute seinen 1200. Geburtstag! Am 5. April 822 wurde unsere Gemeinde zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Ein Grund, das ausgiebig zu würdigen – wie genau, wird der Kulturbeauftragte Dr. Andreas Ammer (QUH) heute Abend im Gemeinderat vorstellen. In den nächsten Wochen wird es in Berg über zwei Dutzend teils hochkarätige Veranstaltungen geben, von Hochkultur bis Kabarett, von etablierten Künstlern bis zu künstlerischen Originalen, von historischen Vorträgen bis zum traditionellen Trachtenumzug. Ammer verspricht: “BERG1200” soll ein Festival von allen und für alle werden.
Der Kulturbeauftragte verspricht in seiner Ankündigung: “Das Programm soll unsere Gemeinde repräsentieren und gleichzeitig unserer Gemeinde einige kulturelle Highlights schenken. Das heißt: Berg zeigt sich der Welt und die Welt kommt zu uns.” Er verspricht den Bergern auch den exklusiven Zutritt zu einigen sonst verschlossenen Berger Gebäuden. Um die historischen Hintergründe des Tages zu würdigen, hat uns die Berger Kuratorin und Kunsthistorikerin Katja Sebald freundlicherweise einen Text zur 1200-jährigen Geschichte unserer Gemeinde zur Verfügung gestellt.
„Unser Dorf ist Dampfschiffstation und liegt direkt am See, hat ein Schloß mit Park und ist seit Königszeiten ein vielbesuchter Ausflugs- und Sommerfrischort“, schrieb der Schriftsteller Oskar Maria Graf, der 1894 als neuntes von elf Kindern des Bäckermeisters Graf in Berg geboren wurde, über seinen Heimatort.
Berg, als Ortschaft und nicht als Gemeinde betrachtet, besteht aus Ober- und Unterberg. Diese Bezeichnungen entsprechen einer gewachsenen Entwicklung: Die eigentliche Siedlung lag nämlich keineswegs „direkt am See“, sondern blieb über die Jahrhunderte oben auf der Höhe. Durch einen so gut wie nicht bebaubaren Steilhang war sie vom Schloss und den herrschaftlichen Anwesen am Ufer getrennt. Schon früh hatte sich rund um die kleine, Johannes Baptist geweihte Kirche ein Dorf mit bäuerlichen Anwesen, Wirtschaft und Kramer gebildet. Im Jahr 822 wurde Berg in einer Schenkungsurkunde erstmals erwähnt, deshalb feiert die Ostufergemeinde 2022 ihr 1200-jähriges Bestehen. Weil in der Urkunde auch eine Kirche genannt wird, gilt St. Johannes als älteste Kirche im Landkreis Starnberg.
Die erste urkundliche Erwähnung der “Johanneskapelle” am 5. April 822
Die Urkunde ist nicht im Original erhalten, sondern nur als Abschrift in zwei verschiedenen Fassungen. Beide befinden sich in dem handschriftlichen Codex, der von dem Mönch Cozroh als Leiter der bischöflichen Kanzlei und weiteren Schreibern in den Jahren 744 bis 848 angefertigt wurde und als früheste Urkundenüberlieferung des Bistums Freising gilt. Niedergeschrieben wurde eine Vereinbarung eins begüterten Ehepaars mit dem Freisinger Bischof Hitto, die „im April des VIIII. Jahres des ruhmreichen Jahres von Kaiser Ludwig in der 15. Indiction“ getroffen wurde, also am 5. April 822. Cotescalch überlässt „am Ort mit Namen Perge sein Erbe unverbrüchlich dem Hochstift Freising“. Im Gegenzug erhält er „am selben Ort als Lehen vom Bischof eine Kirche mit fünf Eigenleuten und alles, was offensichtlich zu dieser Kirche gehört“. Er muss sich jedoch verpflichten, das auch dieser Besitz nach seinem Tod dem Freisinger Bischof zufällt. Gleichzeitig übergibt seine Gattin Ermanlind dem Bistum Freising „30 Tagwerk Land in dem Ort, der genannt ist Cotingun“, also dem heutigen Gauting. Außerdem führt die Urkunde die Namen von 24 Zeugen auf. Auch die fünf Berger, die damals mitverschenkt wurden, werden namentlich aufgeführt: Tagaperht, Albuuin, Herisuuind, Adalsuuind und Johan mussten fortan für Cotescalch und Ermanlind arbeiten.Die urkundliche Erwähnung von St. Johannes Baptist in Oberberg / Seite 2
Als gesichert darf allerdings gelten, dass es sich bei der erwähnten Kirche nicht um den heute sichtbaren Bau handelte, sondern um einen – möglicherweise aus Holz errichteten – Vorgängerbau. Die mächtigen Bruchsteinmauern von St. Johannes Baptist stammen aus dem 12. Jahrhundert. Mit der niedrigen halbrunden Apsis gilt das Johanniskirchlein als eine der am ursprünglichsten erhaltenen romanischen Landkirchen weit und breit.
Nicht im Dorf Oberberg, sondern unten am See befand sich einst das Zentrum der Macht. Die Hofmark Berg gehörte ab 1571 der Münchner Patrizierfamilie Ligsalz. Mehrere Besitzer folgten ab 1596, bevor die Hofmark 1610 an die Familie Hörwarth kam. Hans Georg von Hörwarth ließ 1640 das Berger Schloss als schlichten, nahezu quadratischen Renaissancebau mit Walmdach anstelle eines älteren Herrenhauses errichten, sein Sohn verkaufte es 1676 an Kurfürst Ferdinand Maria. Die Barockzeit war glänzender Höhepunkt in der wechselvollen Geschichte von Schloss Berg: Die Hofmarkschlösser Kempfenhausen, Berg, Allmannshausen, Ammerland, Tutzing, Garatshausen und Possenhofen bildeten zusammen mit dem See und der Bergkette eine reizvolle Kulisse für die prunkvollen Jagden und Seefeste des Münchner Hofs. Bei Lustfahrten waren sie Anlaufstellen für die höfische Flotte. König Maximilian II., der Berg als Sommerresidenz für die königliche Familie nutzte, ließ das Schloss um 1850 von Eduard Riedel im sogenannten Maximiliansstil umgestalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die neugotischen Ecktürme und Zinnen wieder abgerissen und der äußere Ursprungszustand hergestellt.
Auch König Ludwig II. verlegte alljährlich im Mai seinen Sitz nach Schloss Berg und führte von dort aus seine Regierungsgeschäfte. Dafür wurde eigens eine Telegraphenleitung zwischen Berg und München eingerichtet. Später war Berg Rückzugsort und schließlich Gefängnis für den menschenscheuen König. Nach seinem geheimnisumwitterten Tod im Jahr 1886 war das Schloss einige Jahre lang Museum – und eine der großen Attraktionen für den einsetzenden Fremdenverkehr.
Bereits am Tag nach dem Tod von Ludwig II. waren Gerüchte im Umlauf, der König sei ermordet worden. In Berg hätte zumindest einer schon am Morgen des 14. Juni 1886 ganz genau berichten können, was geschehen war: Jakob Lidl, Leibfischer und Stegwart des Königs, war dabei, als man die Leichen des Königs und seines Arztes Dr. Bernhard von Gudden fand. Man hatte ihn jedoch mit großem Nachdruck zum Schweigen verpflichtet. Plötzlich zu Reichtum gekommen, baute er sich einige Jahre später ein schmuckes Haus direkt am Seeufer. Eine Tafel an der Hauswand erinnert an diese wundersame Geldvermehrung und die Rolle des Fischers bei der Auffindung der königlichen Leiche. Das bis heute nicht gelüftete Geheimnis um den Tod des „Märchenkönig“ ist Teil der Geschichte von Berg.”