“Zuviel gezeigt” – Gestern im Stadtrat von Starnberg

“Wir haben schon mehr gezeigt als wir durften”, sagte gestern während der Sitzung des Starnberger Stadtrates Bürgermeister Pfaffinger. Was hatte er damit gemeint?


Photographieren ist im Rat streng verboten, … und auf den Karten der Windkraftflächen liege ein Copyright … weshalb wir am Photographieren gehindert wurden und hier keine Karten und Grafiken der Starnberger Windkraftflächen liefern können

Aber der Reihe nach: Gestern hat der Stadtrat von Starnberg einstimmig die Fortführung des Teilflächennutzungsplanes für die Windenergienutzung beschlossen. Interessant ist, wie in anderen Gremien das gleiche Projekt (das gemeinsame Aufstellen des Teilflächennutzungsplans von 14 Gemeinden) anders dargestellt (und aufgenommen) wird. So sprach man in Starnberg vorsichtig von “Untersuchungsflächen”, die jetzt gefunden und ausgewiesen wurden. Man meinte damit hauptsächlich drei mögliche Flächen für Windkraftanlagen:

– ein Gebiet westlich von Perchting,
– eines in der Mitte zwischen Hadorf und Hanfeld
– und eines im Wald zwischen Leutstetten und der Autobahn.

Interessant aus Berger Sicht: Eine kleine mögliche Fläche, die sich auf Starnberger Gebiet an das von Berg ausgewiesene Areal an den Wadlhauser Gräben anschließt, wurde ausdrücklich NICHT in die Planung aufgenommen. Begründung auf dem Plan: “Belange Neufahrn”.

BM Pfaffinger erzählte, dass die Stadtwerke München als Investor wohl hauptsächlich an dem Gebiet westlich von Perchting interessiert seien. Dort würden allerdings wahrscheinlich leider flugrechtliche Einwände bestehen. Interessant an dieser Aussage: Schon während der Planungen besteht offenbar Kontakt zu einem (dem?) Investor.

Hatte BM Pfaffinger dies gemeint, als er von “zu viel gezeigt” sprach? – Oder betraf es doch das erstmals kurz an die Wand projizierte Wind-Ertragsgutachten des Büros von Dr. Guttenberger (Wind&Regen; vgl.: http://www.wind-sodar.de ), das immer noch nicht veröffentlicht ist. Die Erläuterung des Plans geriet dann auch etwas zum Verwirrspiel. Einmal hieß es, dass der Wind im Landkreis “überall wirtschaftlich ausreichend” sei. Dann sprach der auch in Berg planende Architekt Dr. Hesselberger davon, dass laut Gutachten eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,7 m/s als Rentabilitätsgrenze anzunehmen sei. Zwischen 5,3 und 5,5 sei ein Projekt und sein Gewinn “nicht üppig, aber machbar”. Soviel Wind wehe aber nicht überall in der Gemeinde. Dann merkte der Planer an, dass seiner Meinung nach die Grenze eher zwischen 5,2 und 5,4 läge und dass man wohl noch etwas genauer rechnen müsse. … Ja was nun? Die Intensität, mit der diese Zehntelwerte interpretiert (und immer noch nicht veröffentlicht) wurden, deutete an, dass es hier durchaus ein Problem geben könnte: Jedem Berger Beobachter wäre nämlich sofort aufgefallen, dass die “Wadlhauser Gräben” laut dem derzeitigen Stand des Gutachtens (so wie es auf die Wand der Schloßberghalle projiziert wurde) eher in einer “Schwachwindzone” liegen.

Apropos unveröffentlichte Gutachten: Weil auch die Schlagschattengutachten bisher nicht öffentlich sind, hat sich unser Volljurist Jokl Kaske mal als Amateurastronom versucht und ausgerechnet, wann in Neufahrn mit Schattenwurf vom 200er Windrad zu rechnen sei. Sein Ergebnis: zwischen Anfang Dezember und Anfang Januar werfen die Windräder – falls denn dann die Sonne scheint – in der Tat Schatten auf Neufahrn (die Topographie wurde in der Laienanalyse nicht berücksichtigt).


Vom Einfluss der Astronomie auf die Politik: links Neufahrn, rechts die Sonne, in der Mitte ein Windrad (Copyright QUH, photographieren streng verboten)

Die heutige Gemeinderatssitzung fällt übrigens – aus “Mangel an Tagesordnungspunkten” – aus.

Hier der Artikel im Merkur: http://www.merkur-online.de/lokales/starnberg/windkraft-vier-flaechen-eine-chancen-1461117.html

Kommentieren (7)

  1. aviator
    25. Oktober 2011 um 9:39

    Datenjongleure unter sich. Die Rumdruckserei hinsichtlich der Windgutachten hat einen guten Grund: Diese basieren offensichtlich nicht auf Meßwerten, sondern auf (falschen) Annahmen. Daher prognostizieren sie für den Landkreis Starnberg eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit, die etwa doppelt so hoch ist wie die tatsächliche 😉

    Der tägliche Blick aus dem Fenster ist da durchaus hilfreich ….

    Wenn die Datenbasis unbrauchbar ist, hilft eben die Mathematik auch nicht mehr weiter. Die dient dann nur noch der Verwirrung auf hohem Niveau.

    Lob für Herrn Kaske. Der weiß jetzt was und muß nicht mehr alles glauben. Immanuel Kant freut sich posthum.

  2. Nicht ob sondern wo
    25. Oktober 2011 um 15:24

    … auch Rechnen nützt, um zu wissen: Bei 6 Mio. kWh/a und einer Nennleistung von 2,3 MW (Angaben pro WKA, entnommen der EUW-Homepage des BM’s) brauchen wir rund 2600 Volllaststunden pro Jahr (genau wie es der Aviator sagt): Das ist lediglich das Doppelte des deutschen Durchschnittswerts 2010. 2600 Volllaststunden ist ein Wert, den man für Schleswig-Holstein in der Literatur findet. Da hat Bayern ganz schön aufgeholt: Laptop, Lederhose und jetzt auch noch: Wind!

    • ammer
      25. Oktober 2011 um 17:34

      Volllaststunden? Die Wirtschaft sieht das anders: “An Windparkstandorten in der Nähe der deutschen Nordseeküste liegt die Zahl der Betriebsstunden von Windenergieanlagen in durchschnittlichen Jahren bei etwa 7.500 Stunden, das entspricht 85% der 8.760 Stunden, die ein Jahr mit 365 Tagen hat. Einige Standorte erreichen bis zu 8.000 Betriebsstunden an denen Strom produziert wird. An Binnenlandstandorten liegt die Betriebsstundenzahl der Windenergieanlagen etwas niedriger als an den windreicheren Küstenstandorten. Dennoch werden aber auch hier Werte erreicht, die ein Vielfaches betragen als die immer wieder behauptete Zahl von 2.000 Stunden.
      Bei der Zahl von 2.000 Stunden handelt es sich um so genannte “Volllaststunden”, die eine wesentliche Kalkulationsgrundlage für die Angebote von Windparkfonds sind, weil sich daraus die zu erwartenden Erlöse aus der Produktion von Strom aus Windenergie errechnen lassen. Diese Volllaststunden sind jedoch ein rein rechnerischer Wert und haben nichts mit der tatsächlichen Zahl der Betriebsstunden zu tun, in denen Windenergieanlagen Strom produzieren.
      ” (zit.n.: http://www.innovations-report.de/html/berichte/umwelt_naturschutz/bericht-14579.html )

    • Nicht ob sondern wo
      25. Oktober 2011 um 19:28

      Wirklich anders? Ich kann da kein Problem sehen. Die Wirtschaft weist lediglich auf den Unterschied zwischen Betriebs- und Volllaststunden hin. Ein Beispiel, um es klar zu machen: Wenn eine WKA zwei Betriebsstunden lang nur halben Dampf liefert, dann entspricht dies einer Volllaststunde. Wo ist die Schwierigkeit?

  3. QUH-Gast
    26. Oktober 2011 um 21:51

    Neulichst in Hornberg … Hört sich ja ganz so an wie: Fast unerträglich viel Lärm um nichts.

    Da werden die Wadelhauser Gräben nicht mal in der Planung des Kreises berücksichtigt.

    Was heisst das nun für die Gemeinde?
    – Keine WKA in den Wadelhauser Gräben?
    – Gar keine WKAs in der Gemeinde , oder
    – Kann jeder, der trotzdem eins will, eins beantragen – und das, wo auch immer aufstellen?
    – wird endlich der Flaute in den Wadelhauser Gräben Genüge getan?
    – …

  4. Bürger007
    27. Oktober 2011 um 16:24

    Windlaststunden 2010, IWET-Windindex zu ungenau … Der angeblich „normale“ Durchschnittswert des Index wurde tatsächlich in den vergangenen zehn Jahren mit Ausnahme von 2007 kein einziges Mal wieder erreicht. Das Flautenjahr 2010 lag sogar fast 25 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Die 21.607 Windräder erreichten da nur während 1342 der 8760 Jahresstunden ihre Volllast und schöpften ihre installierte Leistung gerade einmal zu 15 Prozent aus …

    Nachzulesen unter:
    http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article13314576/Anleger-warten-vergeblich-auf-Geld-aus-Oekofonds.html

  5. Bürger007
    27. Oktober 2011 um 16:38

    Begrenzung der WEA-Anzahl in Wadlhauser Gräben nur durch Minimierung der ausgewiesenen Fläche möglich Es gibt ein Urteil des OVG Koblenz vom Januar dieses Jahres, das ausdrücklich klarstellt, daß es rechtlich nicht zulässig ist, die max. Anzahl an WEAs in einer dafür ausgewiesenen Fläche festzuschreiben. Deshalb ist die einzige Möglichkeit, die Anzahl der WEAs zu begrenzen, die Fläche so klein auszuweisen, daß nicht mehr als die geplante Anzahl WEAs darauf aufgestellt werden können.

    Nachzulesen hier:
    http://www.zjs-online.com/dat/artikel/2011_2_438.pdf