Die Katze ist aus dem Sack, die Spargel stehen auf der Landkarte. Endlich wurden gestern die Planungen über “geplante Windkraftstandorte in Berg” der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Stunde hatte diese “Öffentlichkeit” auch Zutritt, dann verschlossen sich wieder die Türen (und sogar die Jalousien wurden heruntergelassen), als über die weiteren Tagesordnungspunkte “Vorstellung der Eckpunkte zu den Standortsicherungs- und Pachtverträgen (…) im Rahmen der Realisierung von Windenergieanlagen in den Wadlhauser Gräben” und über “Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Betreibergesellschaft” weiter doziert (und diskutiert) wurde. Und voilà, hier kommen sie … die vier geplanten Standorte für Berger Windkrafträder, die die Berger Gemeinderäte gestern Abend – so wie die Öffentlichkeit – zum ersten Mal erfuhren:
Heißen offiziell jetzt WEA (Windenergieanlage) statt WKA (Windkraftanlage, eine Abkürzung, die wohl zu sehr an AKW erinnerte)
Kreisbaumeister Dr. Kühnel erklärte noch, dass die bislang ausgewiesene Fläche mithilfe von Windgutachten weiter eingegrenzt werden könne. Eine gute Erkenntnis, die Frage nach der Ausweisung einer kleineren Fläche wurde allerdings schon gestellt, bevor eine BI gegründet wurde.
In der öffentlichen Sitzung wurden außerdem die Ergebnisse zweier Windgutachten vorgestellt, die bescheinigten, dass in den Wadlhauser Gräben ein Jahresertrag von 6,0 GWh (TÜV Süd) bzw. 6,4 GWh (Wind & Regen) pro Jahr zu erwarten sei. (Mit 50% Wahrscheinlichkeit, diesen Wert zu überschreiten – Photovoltaikanlagenbesitzer wissen, was das heißt). Damit ließe sich – entgegen früheren Aussagen – mit 4 Windrädern nicht einmal rechnerisch der Gesamtenergiebedarf der Gemeinde Berg (derzeit bei 28,3 GWh) decken.
Alles halb so schlimm: neun Windräder irgendwo in Deutschland
Dennoch, der Vortrag von Robert Sing, verantwortlicher Projektleiter für erneuerbare Energien bei den Stadtwerken München, war kompetent, sympathisch und erfreulich unideologisch. Ihm rutschte dann allerdings die Bemerkung heraus, man hätte sich auf 4 WEAs “geeinigt”. Sofort fragte GR Ammer, der eingangs der Sitzung netterweise von BM Monn für seinen Fernsehpreis gewürdigt worden war, verblüfft nach, wer sich da eigentlich “geeinigt” habe. Prompt kam auch ein Zwischenruf von Melani Suckfüll von der Schäftlarner Bürgerinitiative, dass die Bürgerinitiative durchaus keine Zustimmung gegeben hätte … BM Monn antwortete, dass “wir (?) von der Gemeinde” der Ansicht seien, dass … usw. usw.
GR Ammer, der der festen Überzeugung war, sich bei diesem Thema mit niemandem geeinigt zu haben, wurde daraufhin aus den eigenen Reihen zur Raison gerufen. Einen Gemeinderatsbeschluß über die Anzahl der Windräder hat es jedenfalls nie gegeben.
Dann wurden die Türen geschlossen. Aber: Jetzt sind die Pläne auf dem Tisch, möge eine offene Diskussion beginnen. Die QUH wird am 12. Oktober bei ihrer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Café Frühtau die Richtung der Partei beschließen.
Sieht aus wie Wehrmacht Angriffsplan im Juni 1941 Allerdings ist UdSSR hier die Gemeinde Neufahrn. Diese wird mit dieser Planung komplett zerstört. Nun zum Endsieg…
rechnet sich das? Auch ich war gestern unter den Zuhörern.
Der Vortrag von Herrn Sing war tatsächlich sehr interessant und kurzweilig, allerdings fand ich, dass die Zusammenfassung (“Ammer: “können Sie bitte noch die Zahlen interpretieren”) mit sehr viel weniger Herzblut vorgebracht wurde als die Hintergründe zum Gutachten selbst.
Könnte es sein, dass die Wirtschaftlichkeit doch nicht so großartig ausfällt? Schließlich stehen aus meiner Sicht zwei Entscheidungen an:
1. die Ausweisung der Flächen und Standorte – gestern gesehen
2. die Investition und der Betrieb der Anlagen
Wie geht es also weiter?
Ob es sich rechnet … … hängt von vielen Faktoren ab. Angefangen vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme, … wie dann das EEG (“Erneuerbare Energien Gesetz”) aussieht, … wie der Wind bläst (das wurde uns ja gestern gutachterlich versichert: nicht doll, aber ausreichend), … wie teuer die Anlagen sind, … wie teuer die Pacht, … wie teuer dann die Kredit-Zinsen usw. – Das heißt: Geld verdient wird da erst nach vielen Jahren, allerdings geht es ja nicht nur ums Geld, sondern auch um die vielbeschworene Energiewende: Saubere Energie selbst erzeugen.
Was ist ein Windgutachten? Zwei Windgutachten wurden erstellt:
dies auf Basis ermittelter Winddaten an 3-4 verschiedenen Windkraftanlagen, und an verschiedenen Wetterstationen im Großraum Oberbayern. Zusätzlich haben dieselben Windgutachter Messungen gemacht, die aber für die Öffentlichkeit nicht einsehbar sind, dennoch ein Gutachten von dieser Tragweite stützen sollen.
Der Landkreis Starnberg lässt darüber hinaus eine Windpotentialanalyse für den gesamten Landkreis Starnberg erstellen, der Bearbeitungszeitraum wird mit 2 Wochen angesetzt. All das hat meiner Ansicht nach wenig Aussagekraft, denn:
Gängige Praxis in der Windwirtschaft ist: Erstens, bevor Investoren oder Banken in den Bau von Windkraftanlagen investieren, werden für spezifische Standorte Winddaten durch Messungen exakt vor Ort ermittelt, also genau da wo eine derartige Anlage entstehen soll. Zweitens, dies geschieht über einen Zeitraum von einem Jahr und länger. Drittens, der Wind wird außerdem in für die projektierte Anlage aussagekräftiger Höhe gemessen. Dies alles geschieht, damit die Rentabilität der Anlagen weitestgehend gewährleistet ist.
Die hier vorliegenden Vergleichswerte entstammen Messungen aus dem Allgäu und in der Nähe von Rosenheim und zwar an Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von nur ca. 100m. Wind ist aber lokal von einer Vielzahl von Faktoren abhängig.
Eine verlässliche Ertragsprognose sieht anders aus! Leute wacht auf!
Alte und neue Fragen Bisher schien die Frage zu lauten: “Nicht ob, sondern wo”, nach der letzten Gemeinderatssitzung dürfte man sich aber nun eher fragen: “Nicht wo, sondern ob”, waren doch die Prognosen alles andere als euphorisierend. Zumindest für nicht zwanghafte Menschheitsretter sind Sinnzweifel am Projekt Windkraft nun durchaus legitim. Wenn die planwirtschafltichen Segnungen des EEG nicht noch dank Frau Merkel oder ihrer rot-grünen Nachfolger in gleiche Höhe wachsen wie die heutigen WEA-Stengel, wirds wohl nichts mit dem dicken Reibach für Kindergärten. Interessant wäre dabei noch zu erfahren, von welcher installierten Nennleistung die Gutachter ausgegangen bzw. zu wieviel jährlichen Volllaststunden sie in den Berechnungen gekommen sind. Und schließlich wäre schön zu wissen, wieso Herr Ammer von “Kredit-Zinsen” spricht, denn auf Pump sollten die Anlagen nun wirklich nicht entstehen; dafür gibt es doch sog. Investoren.
Trotz dieser neuen Fragen, bleibe auch ich dabei: Die eigentliche Frage lautet noch immer: “Nicht ob, sondern wo”. Erinnern wir uns an die Pläne des Baumeisters Kühnel für den Landkreis STA (Münchner Merkur vom 22.02.2011):
“Gemeinsam würden Standorte („sieben bis acht wären realistisch“) ausgesucht, an denen alle partizipieren könnten. […] Freilich gebe es auch Standorte, wie Ilkahöhe oder Jaudesberg, die von vornherein ausgeschlossen werden könnten, versicherte Kühnel.”
Man höre und staune: Für 14 Gemeinden nur 7-8 Konzentrationsflächen, “an denen alle partizipieren könnten” und manche Gebiete fallen von vornherein raus (was juristisch gar nicht leicht zu begründen ist), wozu gerade eben der Beweis aus Tutzing geliefert wurde.
Angeblich wurde für Berg nun also beschlossen, max. 4 WEA zu ermöglichen, die Berg auch selbst errichten möchte. Am Berger WEA-Gebiet könnte demnach entgegen den ursprünglichen Plänen keine weitere Gemeinde “partizipieren”, womit Herrn Ammers Aussage zum Fall Tutzing “Möglich wird dies, weil bei der landkreisweiten Suche unter anderem die Berger Windkraftflächen angerechnet werden können.” falsch wäre. Zugleich soll das Gebiet der Wadlhauser Gräben verkleinert werden. Kann man sich darauf verlassen? Ich habe große Zweifel:
– Die Standorte der 4 WEA sind zwar bekannt geben worden, nicht aber der neue Zuschnitt des Konzentrationsgebiets. Von Herrn Ammer kam in der GR-Sitzung die gute Frage, ob denn “zwischen” die 4 Anlagen weitere passten; sie wurde von Herrn Sing verneint. Die wesentlich wichtigere Frage kam jedoch nicht: Ob nämlich NEBEN die 4 WEA (d.h. westlich, östlich und vor allem südlich davon) weitere passen könnten. Diese Frage wird sich erst beantworten, wenn wir das neue WEA-Gebiet kennen. Was macht der Landkreis, wenn in den übrigen Gemeinden doch nicht die nötigen Flächen zustande kommen (in Tutzing und Herrsching werden z.B. keine Flächen bereitgestellt)? Herrn Kühnels ominöse Zwischen-den-Zeilen-Äußerung, in zwei Wochen wisse man mehr, da müssten auch die anderen Gemeiden weiter sein, lässt mich nichts Gutes ahnen. Auch nicht seine Ankündigung, er werde “Horrorszenarien […] planungsrechtlich verhindern” (Münchner Merkur vom 27.09.2011). Denn wie sollte das geschehen, wenn am Ende die im FNP dargestellte Konzentrationsfläche von ihrer Größe her doch mehr als 4 WEA aufnehmen könnte? Will man vielleicht einen WEA-Bebauungsplan aufstellen? Oder gar ein Einheimischen-Modell für Windmühlen? Man darf gespannt sein, was dem findigen LRA da noch so alles einfallen könnte.
– Wir wissen: Die Gemeinde Berg steht duch den Windrad-Bauantrags des Herrn Genz unter Druck; sie möchte nicht, dass dessen Windrad dorthin kommt, wo er es will und muss deshalb rasch die Konzentrationsfläche ausweisen. Jetzt wird das Windrad wohl in die Wadlhauser Gräben kommen. Aber halt, war da nicht was? Die 4 WEA dort will doch Berg selbst bauen! Ja wo kommt denn dann das Genz’sche Rad hin? Ein fünftes? Oder muss er sich zusammen mit den SWM beteiligen? Oder darf er am Ende gar nicht mehr? Auch hier darf man gespannt sein, wer’s uns verrät.
Erneut Fragen über Fragen.