In Ermangelung anderer Wahlkampfaktivitäten müssen wir uns zur Beurteilung der politischen Parteien auf die Zeugnisse verlassen, die sie bei uns hinterlassen haben. Nimmt man die Anzahl der Plakate, die beispielsweise zwischen Percha und Berg vom fahrenden Auto heraus zu erkennen sind, ergibt sich ein eindeutiges Bild. Wer hat hier den Willen zur Macht? Entlang der Straße hängen 15 Plakate der FDP (meist veraltet, 2 dafür in Großformat), 8 Plakate der CSU, 2 der SPD und 5 vom fsff (Fünfseenfilmfestival), das gar nicht zur Wahl steht. Und damit zu den Inhalten.
Inhaltsfrei und karrierebezogen: die Kampagne der CSU
Bei der derzeitigen Regierungspartei CSU, die droht, deutlich unter 40 % abzurutschen und damit eine neue Ära in Bayern einzuleiten, hat man sich von allen Inhalten losgesagt: Beim jenem (selbst)verliebt auf Dr Ute Eiling-Hütig herabblickenden Mann mit Namen “Unser Ministerpräsident” findet man die Geburtsbezeichnung des Amtsinhabers nur im Kleingedruckten. So macht man klar: Mir geht es nur ums Amt und sonst gar nix. Seine Landtagsunterstützerin macht im Slogan ebenfalls deutlich, um was es ihr bei der Wahl geht: “Für uns (?) wieder in den Landtag“. Aber warum? – Eines muß man der CSU lassen, sie macht auf ihren Plakaten keine Wahlkampfversprechen, die sie dann nicht hält. Sie steht in den Umfragen derzeit bei 35%. Tendenz fallend.
Von den “GRÜNEN”, die immerhin auf gut halb so viel Stimmen wie die CSU kommen könnte, die zweitstärkste Fraktion werden und ohne die womöglich nur schwer eine Regierung zu bilden sein wird, findet man so gut wie noch keine Plakate: Wir haben nur in Percha mit Mühe eines entdeckt, das immerhin auf der Höhe aktueller Diskussionen ist und – hier noch ganz das Gegenteil der CSU – nichts als Inhalt vermittelt. Botschaften statt Gesichter. Mut zur eigenen Farbe (grün) und zu pink. Eine gute Ergänzung zur Regierungspartei mit den inhaltsleeren Köpfen. Derzeit prophezeiht man den GRÜNEN starke 17% und eine Chance auf Regierungsbeteiligung.
Von beidem ist die SPD derzeit meilenweit entfernt. Obwohl ihre Plakate recht nett und ansprechend an den Wänden kleben, ist da vielleicht doch etwas zuviel beliebiges Blau im Spiel: Blaue Schrift vor blauer Bluse und blauem Hintergrund sieht sehr nach Selbstverleugnung der Roten aus … und die Botschaft? Naja, das mit den bezahlbaren Dächern ist in unserer Seelandschaft ziemlich relativ. Dafür wirkt die Brille der Natascha hipstermäßig keck. Als Elternbeirätin hätte die grundsympathische Dame, deren Namen sich leider niemand merken kann, durchaus eine Chance. Prognose für ihre Partei derzeit 11%. Das ist in etwa das Niveau der Freien Wähler (die in Berg traditionell schwach sind). In dieses Verfolgerfeld der kleinen, gescheiterten Parteien mischt sich dann auch eine Gruppierung ein, die in Berg bei der letzten Wahl 436 Stimmen bekam und das Wörtchen “für” im Namen trägt, obwohl sie doch gegen alles ist. Den 436 Berger Wählern dieser Partei sei zumindest gezeigt, wen sie im Ortsverband Starnberg gewählt haben, wenn sie dieser Partei eine Stimme gegeben haben. Die Internetseite des Ortsverbandes bildet die schlagkräftige, sympathische Combo ab:
Schattenmänner: Der Ortsverband Starnberg der Partei mit dem “für” im Namen (screenshot)
Gegenüber solchem Hokuspokus ist es dann doch verwunderlich, dass die CSU so viele Stimmen verliert. Dabei hat Markus Söder, der ja zum Amtsantritt ein eigenes bayerisches Weltraumprogramm versprach, dieses Projekt bereits verwirklicht, wie man auf der Wiese vor Berg bestaunen kann, worauf auch eine stattliche Anzahl von Plakaten hinweisen:
Die großen Kindertobetage in Berg oder: die Verwirklichung des CSU-Weltraumprogramms?