Als vollen Erfolg kann der Berger Kulturverein seine gestrige Auftaktveranstaltung der marstall.classics verbuchen. Trotz strahlenden Biergartenwetters kamen rund 150 treue und fein angezogene Kulturbegeisterte in den Berger Marstall.
Cellist (und QUH-Mitglied) Sebastian Hess und der Kulturvereinsvorsitzende (sowie QUH-Gemeinderat) Jokl Kaske haben die neue Kulturreihe ausgeheckt, die (gefördert von der Kaske-Stiftung) zweimal im Jahr auf vergnügliche Art an die hohe Kunst der Klassik und klassischen Moderne heranführen soll. CO2-neutral war die Veranstaltung noch dazu, auf ein gedrucktes Programm hatte man verzichtet. Dafür führten die Musiker selbstredend kurz in die Stück von Haydn, Killmayer, Shchedrin und Mendelssohn-Bartholdy ein, womit dem nicht durchwegs mit der klassischen und zeitgenössischen Musik vertrauten Publikum sicherlich wesentlich mehr gedient war, als mit jedem Hochglanzprogramm. Wer nämlich insbesondere auf den Gipsy Style im dritten Satz von Haydn’s Zigeunertrio hingewiesen wird, hört auch im temperamentvollen dritten Satz viel mehr.
Ein überaus interessantes Hörerlebnis dürfte für viele der Vortrag eines Stücks für Violoncello vom zeitgenössi-schen Komponisten Wilhelm Killmayer gewesen sein. Noch dazu handelte es sich um die Erstaufführung der Neufassung dieses Stückes. Sehr zum Bedauern des vortragenden Sebastian Hess steckte der Komponist zu diesem Zeitpunkt noch im Stau auf der Autobahn fest. Doch dem Auditorium dürfte spätestens jetzt klar gewesen sein, dass es sich hier um eine Veranstaltung handelt, zu der man sonst mit mühsam ergatterten Konzertkarten weit anreisen muss. Es folgten drei kurze Stücke neuer Musik des russischen Komponisten Shchedrin, die so leicht und beschwingt durch den Saal fluteten, wie die schwülwarme Luft dieses lauen Frühsommerabends. In der Pause (Jaques Weindepot sorgte für den passenden Tropfen) traf dann doch noch Komponist Killmayer ein, zu dessen Ehren Sebastian Hess seine bereits gespielte Erstaufführung der Neufassung schlicht noch einmal vortrug.
Den Abend beschloss das viersätziges Stück Trio d-moll op. 49 von Mendelssohn-Bartholdy, das Violinist Ingolf Turban zwar zum ersten Mal spielte, dafür aber auf einer 201 Jahre alten Violine, die damit genau ein Jahr älter war als Jubilar Mendelssohn selbst.
Wie lernfähig das anwesende Publikum war, bewies sich übrigens genau bei diesem Stück: Wurde nach dem ersten Satz noch begeistert geklatscht – ein Faux pas – den Profimusiker Hess mit dem netten Satz „Wir müssen Sie enttäuschen, es folgen noch drei Sätze.“, überspielte.
So hielt sich das begeisterte Publikum nach großartig vorgetragenem zweiten und dritten Satz vornehm zurück, um ganz comme il faut nach Ende des vierten Satzes mit frenetischem Applaus noch eine Zugabe zu erwirken.
Den drei vortra-genden Musikern, Ingolf Turban (Vi-oline), Sebastian Hess (Violoncello) und Olaf Dreßler (Klavier) ein herz-liches Dankeschön für diesen hoch-karätigen Abend. Sie hatten sich bereit erklärt, für ein Freund-schaftshonorar zu spielen. Dem neu-en Luxusliner marstall.classics des Berger Kultur-vereins allzeit gute Fahrt. Auf dass er regelmäßig in Berg festmache. Das nächste Mal soll übrigens im September sein. Wir freuen uns schon jetzt darauf und bleiben gerne gewogen.
Noch kurz zum Who is who: gesichtet wurden die GR-Ladies Link und Grundmann (beide QUH), beide ganz schick im kleinen Schwarzen, sowie die GRe Wolfgang Reiser (BürgerGemeinschaft) und Wolfgang Adldinger (Grüne). Und zwischen dem Kempfenhauser Schuldirektor Liebl und Bauhofleiter Lippert war viel Berger Prominenz anwesend.
marstall.classics Auch in weiteren Details kann der gestrige Abend von Sebstian Hess und seinem Ensemble als überaus geglückt bezeichnet werden.
Erstens räumlich, da durch die vertikale Bühnen- und Sitzordnung die ehemaligen Sicht- und Akustikprobleme des Marstalls bei Musikdarbietungen wie weggeblasen erschienen: nun purer Klang eines hervorragenden Trios im gesamten Raum.
Und zweitens inszenatorisch, da Hess & Co nicht die kulturellen Auslaufrelikte des späten 20. Jahrhundert wiederholt, sondern auf intelligente Weise Unterhaltung mit Qualität, Tradition mit moderner Frische aber auch Nachdenklickeit und musikalische Neuerung zu verbinden wußten. Applaus und Dank!
Nahversorgung Das war wirklich ein wunderbar kurzweiliger Abend mit einem funktionierenden Konzept – und noch wunderbarer war, dass er in Berg stattfand – das nenne ich Nahversorgung! Und am allerwunderbarsten, denn selbstverständlich ist das leider immer noch nicht, war es, dass Killmayer und Shchedrin einfach mit in den Cocktail geworfen wurden, der sicher auch Zuhörern, die zum ersten Mal davon gekostet haben, gut geschmeckt hat.
Noch mehr Lokalprominenz… Gesichtet wurde ebenfalls der 1. Vorsitzende der EUW und Kommandant der FFW Kempfenhausen, Florian Käsbauer mit seiner Frau, der die marstallclassics mit einer Postkartenaktion unterstützte. Großartig!
Und: Wo war die SPD?
Weiter geht’s mit den Marstall Classics am Sonntag, den 20.September mit dem 2. Konzert
Infos unter http://www.marstallclassics.de
Vorbestellungen aufgrund der großen Nachfrage beim 1. Konzert rechtzeitig unter mail@kulturverein-berg.de