Die Tagesordnung war verdächtig kurz und bestand im Kern aus fünf Bauanträgen. Verdächtig kurze Tagesordnungen bedeuten häufig umgekehrt proportional lange Sitzungen, was übrigens auch für den entgegengesetzten Fall gilt. Nicht so dieses Mal: Einmütig wurden die Anträge abgestimmt – nur ein einziger gab Anlass zu heftigen Diskussionen und ließ Zweiten Bürgermeister Andi Hlavaty einen hollywoodreifen Auftritt wie in einem Gerichtsfilm hinlegen. Lediglich die Robe fehlte.
Ein Bild vom September: Mittlerweile ist das Rathaus schon mächtig gewachsen
Zu Beginn informierte Bürgermeister Steigenberger darüber, dass der kurzzeitige Stillstand auf der Rathausbaustelle lediglich auf den kaputten Kran zurückzuführen gewesen sei. Jetzt ist wieder alles im Lot.
Elke Link kündigte an, dass “Berger Betriebe laden ein” für den Herbst wieder geplant werde, und lud zur – ehrenamtlichen – Mitarbeit ein. Auch die Bürgerbeteiligung Berg soll angesprochen werden, mitzumachen – Themen und Ideen gibt es sicherlich genug.
Andreas Hlavaty fragte nach dem Stand der Glasfaserversorgung. Die letzten Meter liefen immer noch über Kupfer, so der Bürgermeister. Lediglich die Schule sei im Rahmen der Förderung angeschlossen worden, und in den Außenbereichen gebe es ebenfalls einen Glasfaserzuschuss – zwei Drittel zahlt der Freistaat, ein Drittel die Gemeinde. Mit Kupfer sei dort eine Erschließung nicht möglich. Der Ausbau sei im Gange. Bis Privathaushalte den Ausbau bekämen, werde es dauern.
TOP 3: Ein Antrag zum Neubau eines Einfamilienhauses im Bereich des B-Plans “Grünes Sibichhausen”, der noch nicht rechtskräftig ist, wurde einstimmig genehmigt, die Ausnahme von der Veränderungssperre wurde erteilt, da der Bau den Zielen des B-Plans entspricht.
TOP 4: Ein Antrag auf Vorbescheid zum dreigeschossigen Neubau des Bankgebäudes in der Farchacher Straße in Aufkirchen: Mögliche Wandhöhen und Grundflächen wurden abgefragt und einstimmig für zulässig erklärt. Andreas Hlavaty musste Bgm Steigenberger bei diesem Tagesordnungspunkt vertreten, da selbiger im Aufsichtsrat der Bank sitzt. Wichtige Anmerkung: Der Eingabeplan wird nicht zum Antragsgegenstand erklärt – Abstandsflächen müssen ebenso wie die Stellplätze noch nachgewiesen werden. Schade, dass der Altbestand nicht genutzt werden kann.
TOP 5: In der Bäckergasse soll ein Boardinghouse mit bis zu 15 Apartments entstehen.Das Problem: Das Grundstück liegt im Umgriff des B-Plans “Etztal”, das pro vollen 300qm nur eine Wohneinheit gestattet. Die Art der baulichen Nutzung gilt als “Wohnen”, wenn die Wohnungen länger als 6 Monate bezogen werden. Allerdings würde dann bei bis zu 15 Apartments die zulässige Anzahl der Apartments deutlich überschritten. Eine Nutzung als Beherbergungsbetrieb wiederum kann in einem allgemeinen Wohngebiet lediglich ausnahmsweise gestattet werden, allerdings nur, wenn das bereits im B-Plan erwähnt wird. Von Seiten des Rats wurde auch die zu erwartende Verkehrsbelastung, schon allein durch den Zulieferverkehr bei einem Boardinghouse mit Service, bemängelt. Einstimmig abgelehnt.
TOP 6: In Bachhausen gibt es ein großes Grundstück, das laut Flächennutzungsplan aus Wohnbaufläche, Grünfläche und landwirtschaftlicher Fläche besteht. Der Gemeinderat hatte im Jahr 2001 beschlossen, eine Ortsabrundungs- und Einbeziehungssatzung zu erlassen, die einen Teil dieser Flurnummer beinthalten sollte – um einen “kompakten” Ortsteil zu schaffen. Allerdings wurde diese Satzung nie beschlossen und daher auch nicht rechtskräftig. Damit der Grundstücksbesitzer aufgrund dieses Fauxpas kein Nachsehen hat, wurden ihm zugesagt, einen Baukörper innerhalb der Innenbereichsgrenze auch ohne Satzung realisieren zu dürfen. Der von ihm eingereichte Bauantrag hält diese Grenze jedoch nicht ein. Mehrere Mitglieder des Gemeinderats schlugen sich auf die Seite des Bauwerbers – Auftritt Hlavaty, seines Zeichens Rechtsanwalt, der aufstand und wie in einem klassischen Justizdrama mit Laserpointer und flammenden Worten, nur ohne Robe, detektivisch den Sachverhalt aufdröselte und analysierte: Der geplante Bau liege im Bereich der alten, aber nicht rechtskräftigen Satzung, wodurch aber keineswegs die Abgrenzung Außen- und Innenbereich definiert werde. Auch damals wäre das Außenbereich gewesen. Und es wäre interessant zu wissen, auf welcher Grundlage eines der Nachbarhäuser damals genehmigt worden sei. Auf Grundlage einer nicht beschlossenen Satzung könne man nichts genehmigen. In dem Moment war er noch entschlossen, gegen den Antrag zu stimmen – bis er sich dann doch “aus prozessökonomischen Gründen” auf die Seite von Jonas Goercke schlug, der mit einer Zustimmung die letzte Entscheidung dem Landratsamt überlassen – und so der Verwaltung Arbeit (Satzung!) sparen – wollte. Der Gemeinderat – bis auf den Bürgermeister, der sich hinter die Einschätzung der Verwaltung stellte – beschied die Fragen im Vorbescheidsantrag positiv. Letzte Bemerkung Hlavaty: “Am liebsten hätte ich ja vorgeschlagen, dass der Stefan (Monn) das Ding (die Satzung) von damals mit nach Hause (Höhenrain) nimmt und vom Papa (Rupert Monn) unterschreiben lässt.” – Gelächter in der Runde.
TOP 7: Ganz einhellig – denn der Antrag hielt sämtliche Vorgaben des rechtskräftigen B-Plans “Seeuferbereich Kempfenhausen-Unterberg”, Teil 4, ein – bewilligte der Gemeinderat die energetische Sanierung des Bestandsgebäudes des ehemaligen Keller Verlags, jetzt JKV Media, sowie die Errichtung eines Verbindungsbaus.
Und dann waren wider Erwarten alle viel früher zu Hause als gedacht.