In dubio contra Bürger – die Antwort des Abwasserverbandes an die QUH

Prompt und ausführlich hat der Abwasserverband auf die Fragen der QUH geantwortet. Der Vorwurf der QUH, dass generell bei Nicht-Wissen erst einmal davon ausgegangen wird, dass die Bürger ihre Dächer kostenpflichtig in den Kanal entwässern, wurde leider bestätigt: “Wir müssen erst mal annehmen, dass es in den Kanal geht, weil man von oben nichts anderes erkennt.” Das heißt: Im Zweifelsfall Gebühren zahlen? … Nein, da bleiben wir – insbesondere in unserer Gemeinde, in der man im Regelfall von kostenneutraler Versickerung auf dem Grundstück ausgeht – ganz anderer Meinung. Wir raten weiter jedem Dachbesitzer zur genauesten Überprüfung.

Die Antwort darauf, wieso in Berg für jede versiegelte Garageneinfahrt zukünftig eine Gebühr erhoben wird, während in Seeshaupt keine Flächenbestimmungen durchgeführt werden, weil dort “kein Grundstück an eine öffentliche Regenwasseranlage angeschlossen ist” (ad 5), verstehen leider wir immer noch nicht. Hieße das nicht, dass unten im Süden alles Regenwasser in das Abwasser geleitet wird, was wir ja gerade durch die Gebühr verhindern wollen? Das Vorgehen des Verbandes hat sicher seine Richtigkeit, aber sorry, dafür reicht unser kleines Gemeinderatsverständnis nicht aus.


Das Wasser im Starnberger See bei Unterberg vor einem halben Jahrhundert

Die Anworten des Geschäftsführers Norbert Impelmann im Einzelnen:

ad 1 & 2 (Wie kommt es zu den falschen Einschätzungen?)

Abwasserverband: “Wir haben nur ca. 2/3 der Eigentümer (…) angeschrieben, von denen wir im Verband nicht ermitteln konnten, ob sie in die öffentliche Regenwasseranlage einleiten. Der Verband hat vor dem Versand der Ermittlungsbögen folgende Maßnahmen ergriffen:
– eine Bestandsplanerstellung mit den Gemeinden von unserem Ingenieurbüro Dr. Pecher und Partner. Darin wurden alle Regenwasseranlagen der Mitgliedsgemeinden dargestellt (…).
– Auf den Plänen zur Korrektur für die Gemeinden, wurden alle Grundstücke farblich dargestellt, deren Eigentümer angeschrieben bzw. nicht angeschrieben werden. Alle Kenntnisse, die bei den Gemeinden vorliegen, wurden damit erfragt und auch eingearbeitet. Genauere Kenntnisse liegen bei den Kommunen nicht vor, weil diese bisher wohl in diesem Umfang bisher nicht notwendig waren.
– Die Datenermittlungsbögen wurden nur vorausgefüllt mit der Frage verschickt, wie die Verhältnisse denn wirklich sind. Denn über die Luftbilder kann nur ein Teil der Informationen festgestellt werden. Die Eigentümer kennen ihr Grundstück am besten – und werden deshalb vom Verband um ihre Mithilfe gebeten!
– Soweit aus den Vorrecherchen erkennbar war, dass Flächen in die Grünfläche ableiten, wurde das berücksichtigt.
Um später korrekt kalkulieren zu können, muss der letzte Schritt gemacht werden: Also der Bürger gefragt werden, ob der Anschluss an den bereitliegenden Regenwasserkanal gemacht wurde oder eben versickert oder anderweitig abgeleitet. Wir müssen erst mal annehmen, dass es in den Kanal geht, weil man von oben nichts anderes erkennt.

ad 3 & 4 (Wie kann man nachweisen, dass man kein Wasser einleitet?)

Abwasserverband: “Es geht hier um keine Schuld. Es wird keiner dafür belangt, wenn er nicht antwortet und Fehler macht. Unsere Datenermittlung ist auch eine Aufklärungsaktion! Für die Kalkulation müssen Flächen ermittelt werden, die wir entsprechend dem Kanalverlauf jetzt annehmen müssen. Ohne konkrete Flächendaten gibt es keine konkrete Kalkulation. Rechtlich wird niemand belangt! Es liegt doch im Interesse der Bürger, möglichst genau zu antworten – wir haben jedoch keinen Genauigkeitsgrad vorgegeben.

ad 5 (Unterschied zu Seeshaupt, wo keine Flächenermittlungen betrieben wurden)

Abwasserverband: “Prinzipiell gilt für Seeshaupt natürlich das Gleiche wie für alle anderen Kommunen. In der Gemeinde Seeshaupt ist aber bekannt, dass kein Grundstück an eine öffentliche Regenwasseranlage angeschlossen ist. So wurde dies von der Gemeindeverwaltung angegeben.

ad 6 (Rechenfehler)

Abwasserverband: “Von „peinlichen Rechenfehlern“ kann keine Rede sein. Bei 11.000 Grundstücken sind bisher nur drei Rechenfehler entdeckt worden. Diese sind durch einen EDV-Übertragungsfehler entstanden.

ad 7 (Höhe der neuen Gebühr)

Abwasserverband: “(…) Die neue Regenwassergebühr ergibt sich aus den an den Regenwasserkanal angeschlossenen Flächen. Also kann die Gebühr erst nach Ablauf der jetzigen Flächenermittlung erfolgen – eine Hochrechnung zum jetzigen Zeitpunkt ist unseriös, weil es noch keine Grundlage gibt!

ad 8 (Einsicht in die Luftbilder)

Abwasserverband: “Die Bürger können in den extra vom Verband eingerichteten Bürgerbüros die Luftbilder einsehen. Dies ist für alle möglich!

ad 9 (Länge der Einspruchsfrist)

Abwasserverband: “Wir haben keine Einspruchsfrist! Die Nichteinhaltung des jetzigen Termins 14. Oktober hat keinerlei rechtliche Folgen. Die Flächen können immer, sogar nach Erhalt der Bescheide im Frühjahr 2014, geändert werden.

Wir haben die ausführlichen Anworten des Abwasserverbandes zur leichteren Lesbarkeit geringfügig gekürzt; den gesamten Text des Antwortschreibens können Sie in den Kommentaren nachlesen.

Kommentieren (13)

  1. ammer
    20. September 2013 um 16:19

    Das ungekürzte Schreiben des Abwasserverbandes Sehr geehrter Herr Dr. Ammer,

    gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen zur gesplitteten Gebühr.

    Grundsätzlich gilt folgender Stand in Berg:

    Es ist wahrhaft kein „repräsentatives Ergebnis“: Denn aus der Gemeinde Berg liegen uns auch viele Antworten von Bürgern vor, bei denen die Flächenermittlung als korrekt an uns zurückgemeldet wurden. Wir haben sehr viele Datenbögen zurück bekommen, die von den Grundstücksbesitzern NICHT korrigiert worden sind.

    Antwort Frage 1 und 2:

    Wir haben nur ca. 2/3 der Eigentümer (gilt sowohl für die Gemeinde Berg als auch für Gesamtgebiet des Abwasserverbands) angeschrieben, von denen wir im Verband nicht ermitteln konnten, ob sie in die öffentliche Regenwasseranlage einleiten.

    Der Verband hat vor dem Versand der Ermittlungsbögen folgende Maßnahmen ergriffen:

    – eine Bestandsplanerstellung mit den Gemeinden von unserem Ingenieurbüro Dr. Pecher und Partner. Darin wurden alle Regenwasseranlagen der Mitgliedsgemeinden dargestellt – im Vorfeld geschah dies schon vor über einem Jahr im Zuge der Ortsnetzübertragung.

    – im Vorfeld der Aussendung wurde sich mehrfach mit allen acht Gemeinden abgestimmt. Auf den Plänen zur Korrektur für die Gemeinden, wurden alle Grundstücke farblich dargestellt, deren Eigentümer angeschrieben bzw. nicht angeschrieben werden. Alle Kenntnisse, die bei den Gemeinden vorliegen, wurden damit erfragt und auch eingearbeitet. Genauere Kenntnisse liegen bei den Kommunen nicht vor, weil diese bisher wohl in diesem Umfang bisher nicht notwendig waren.

    – Die Datenermittlungsbögen wurden nur vorausgefüllt mit der Frage verschickt, wie die Verhältnisse denn wirklich sind. Denn über die Luftbilder kann nur ein Teil der Informationen festgestellt werden. Die Eigentümer kennen ihr Grundstück am besten – und werden deshalb vom Verband um ihre Mithilfe gebeten!

    – Soweit aus den Vorrecherchen erkennbar war, dass Flächen in die Grünfläche ableiten, wurde das berücksichtigt.

    Um später korrekt kalkulieren zu können, muss der letzte Schritt gemacht werden: Also der Bürger gefragt werden, ob der Anschluss an den bereitliegenden Regenwasserkanal gemacht wurde oder eben versickert oder anderweitig abgeleitet. Wir müssen erst mal annehmen, dass es in den Kanal geht, weil man von oben nichts anderes erkennt. Eine Korrektur ist auch nach dem Ablauf der Abgabefrist immer noch möglich!

    Antwort Frage 3 und 4:

    Es geht hier um keine Schuld. Es wird keiner dafür belangt, wenn er nicht antwortet und Fehler macht. Unsere Datenermittlung ist auch eine Aufklärungsaktion! Für die Kalkulation müssen Flächen ermittelt werden, die wir entsprechend dem Kanalverlauf jetzt annehmen müssen. Ohne konkrete Flächendaten gibt es keine konkrete Kalkulation. Rechtlich wird niemand belangt! Es liegt doch im Interesse der Bürger, möglichst genau zu antworten – wir haben jedoch keinen Genauigkeitsgrad vorgegeben.

    Antwort Frage 5:

    Prinzipiell gilt für Seeshaupt natürlich das Gleiche wie für alle anderen Kommunen. In der Gemeinde Seeshaupt ist aber bekannt, dass kein Grundstück an eine öffentliche Regenwasseranlage angeschlossen ist. So wurde dies von der Gemeindeverwaltung angegeben.

    Antwort Frage 6:

    Von „peinlichen Rechenfehlern“ kann keine Rede sein. Bei 11.000 Grundstücken sind bisher nur drei Rechenfehler entdeckt worden. Diese sind durch einen EDV-Übertragungsfehler entstanden.

    Antwort Frage 7:

    Die 2,70 Euro je Kubikmeter für Schmutzwasser sind keineswegs „durchgesickert“, sondern werden von der Geschäftsleitung des Verbands bereits seit letztem Jahr öffentlich genannt. Übrigens: Die Schmutzwassermengen sind bekannt, sie können nach dem Trinkwasserverbrauch der letzten Jahre hochgerechnet werden. Die genannte Summe ist die voraussichtliche Durchschnittsgebühr in den kommenden Jahren. Die neue Regenwassergebühr ergibt sich allerdings aus den an den Regenwasserkanal angeschlossenen Flächen. Also kann die Gebühr erst nach Ablauf der jetzigen Flächenermittlung erfolgen – eine Hochrechnung zum jetzigen Zeitpunkt ist unseriös, weil es noch keine Grundlage gibt!

    Antwort Fragen 8:

    Wie wir bereits mehrfach kommuniziert haben, können die Bürger in den extra vom Verband eingerichteten Bürgerbüros die Luftbilder einsehen. Dies ist für alle möglich!

    Antwort Frage 9

    Wir haben keine Einspruchsfrist! Die Nichteinhaltung des jetzigen Termins 14. Oktober hat keinerlei rechtliche Folgen. Die Flächen können immer, sogar nach Erhalt der Bescheide im Frühjahr 2014, geändert werden. Auch dies haben wir mehrfach kommuniziert.

    Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüßen aus Starnberg

    Norbert Impelmann
    Dipl-Ing.(FH)
    Geschäftsleiter

    Abwasserverband Starnberger See
    Am Schloßhölzl 25
    82319 Starnberg

    • QUH-Gast
      22. September 2013 um 11:37

      Informationen Abwasser Herr Impelmann als Geschäftsleiter und Herrn Monn als Verbandsvorsitzender haben sicher untadelige Absichten, sie scheinen aber mit der Bürgeraufklärung überfordert zu sein.

      Im Internet habe ich eine sehr gute Broschüre eines anderen Abwasserzweckverbandes gefunden: http://www.wazv-badlangensalza.de/_pdf/gebuehren_niederschlag.pdf . Deren Aktion ist sehr vergleichbar mit unserer und fand im Jahre 2010 statt.

      Dort werden ausführlich Hintergründe, Verfahren, Kosten, weitere Schritte, Gleichbehandlung zwischen privaten und öffentlichen Flächen usw erklärt.

      Einige Abweichungen dort:
      – der Bürger bekommt auch die Luftaufnahme, kann also vergleichen
      – teilversiegelte Flächen (Ökopflaster etc) werden weit niedriger angesetzt
      – es wird nicht der schlimmste Fall vorberechnet, sondern offen gefragt
      – es werden Tipps zur Reduzierung gegeben

      Bei uns geht es um 11.000 Haushalte und vermutlich um erhebliche Zusatzkosten für jeden Haushalt, warum kann das nicht einigermaßen professionell abgewickelt werden?

  2. andreacut
    20. September 2013 um 21:13

    Regenwassersammelbehälter In diesem wunderbarem Infoflyer steht, dass jegliche Art von Regenwasserauffangbehältnisse nicht zur Gebührenminderung beitragen. Da frag ich mich schon etwas, denn bei meiner Dachfläche von 100m2 fließt lediglich die Hälfte in den öfftl. Kanal, der restl. Dachfläche landet über die Regenrinne in 8 gr. Wassertonnen oder letztlich im Garten. Auf keinem Fall im Kanal und somit für mich auch keine keine Gebühr!!
    Wenn sie das aber nicht gelten lassen, mmh?? Das wäre für mich und sicherlich für viele andere Gartenbesitzer doch mal eine weitere wichtige Frage. Könnten sie Hr. Ammer bitte mal nachfragen?

    Vielen Dank

    • ammer
      20. September 2013 um 22:09

      Mit Tonnen gegen Regenwasser Liebe “Andreacut”, ich fürchte da ist die Lage der – selbstgemachten – Vorschriften eindeutig. Aber wenn Sie einen so großen Garten haben, … sind Sie sicher, dass Sie nicht irgendwo eine Sickergrube haben, in die das Wasser eh verschwindet?

    • QUH-Gast
      21. September 2013 um 13:35

      Regentonne 50m2 in den Kanal (mit 1,0 bei der Berechnung) und 50m2 in Grünfläche (mit 0,0). Das Zwischenparken in des Regenwassers in der Regentonne kann ja nicht verboten sein.

    • quh
      25. September 2013 um 12:41

      Regentonnen immer noch, liebe Andreacut, entdecken wir auf den verwirrenden Berechnungsblättern des Abwasserverbandes neue Feinheiten: U.a. eine Kategorie, in der die Fläche wegen Zisternen mit 0,5 berechnet wird; das dürfte für Sie dann zutreffen?

    • QUH-Gast
      25. September 2013 um 17:03

      Wer lesen kann ist im Vorteil! Die zuletzt genannte Kategorie mit einem Abflussbeiwert von 0,5 für Regenwasserzisternen setzt voraus, dass der Überlauf an den Tagwasserkanal angeschlossen ist. Wird das Wasser aus dem Überlauf jedoch auf dem eigenen Grundstück versickert, bleibt der Abflussbeiwert bei 0.
      Insofern ist der Beitrag von QUH-Gast vom 21.09.2013 richtig!
      Liebe QUH, ihr seid doch sonst so gut im lesen und schreiben und nicht so begriffstutzig. – Warum fällt es euch denn gerade jetzt so schwer? – Die mitgelieferte Erklärung des Abwasserverbands ist doch wirklich gut und klar verständlich geschrieben.
      Vieleicht solltet ihr etwas weniger QUER lesen sondern stattdessen genau lesen, was da steht.

  3. AnneP
    21. September 2013 um 8:38

    Informationen bei der Gemeinde Guten Morgen,

    in der Genehmigungsplanung unseres Hauses, die der Gemeinde Berg vorliegt, werden alle Regenabwässer in – auf dem Grundstück befindlichen Sickergruben eingeleitet.

    Dennoch wurde vom Abwasserverband es so dargestellt, das alles Regenwasser in den Kanal eingeleitet wird.

    Wurde als seitens Abwasserverband nicht in den Unterlagen der Gemeinde recherchiert?

    AP

    • ammer
      21. September 2013 um 11:42

      Sickergruben im Bauplan eingezeichnet Das ist ja unser großer Kritikpunkt: Nein, seitens des Verbandes wurde nicht bei den Gemeinden nachgefragt, ob die Versickerung auf dem Grundstück geplant, praktiziert oder gar vorgeschrieben wurde. Trotzdem wird IMMER zunächst von einer Einleitung in den Kanal ausgegangen.

  4. Bergkamo
    21. September 2013 um 16:19

    AV Starnberger See: Regenwasser Hallo QUH,
    Danke für den Hinweis.
    Lt. “Luftaufklärung” gäbe es auf unserem Grundstück
    über 800 m² (!) abflußwirksame Fläche – tatsächlicher IST-Zustand = 0 m² (!)

    • ammer
      21. September 2013 um 21:15

      800 qm angesetzt 0 wären richtig Keine Ursache “Bergkamo”, beängstigend hingegen, dass es unseren Hinweis braucht. Aber dafür sitzen wir ja im Gemeinderat (was machen eigentlich die anderen?).

      QUH

  5. scaatschorn
    25. September 2013 um 8:49

    2/3 wurden angeschrieben wir wurden nicht angeschrieben. was bedeutet das? welche annahmen wurden dann dabei getroffen? wo und wie kann ich das anfragen?

    andreas

    • quh
      25. September 2013 um 12:39

      Das restliche 1/3tel Liebe/r Scaatschorn,

      wir haben leider -trotz jetzt fast wochenlanger Beschäftigung mit dem Thema – kaum eine Ahnung. Es könnte damit zusammenhängen, dass sich kein Regenwasserkanal in Ihrer Nähe befindet. Das ist in Farchach allerdings auch größtenteils der Fall und dort wurden durchaus Flächenermittlungen verschickt. Bitte wenden sie sich an die Hotline des Abwasserverbandes 08151 / 90882881 oder besser an info@av-sta-see.de . Dort wird Ihnen prompt geantwortet, auch wenn nach unserer Erfahrung die Antwort nicht immer voll befiriedigend ist. Die Antwort würde auch uns interessieren quh@quh-berg.de.