Gerd Jäger ruht in Frieden

Plötzlich, unerwartet und sinnlos (wie das Leben): Gerd Jäger, der große Berger Künstler und engagierteste aller Bürger ist gestern im Alter von 77 Jahren in Farchach beim Heumachen verstorben. 

Der Künstler als junger Mann: Gerd Jäger (1942-2019)

Große Künstler macht es aus, dass man ihre Werke sofort erkennt: So ist es mit den Holzskulpturen von Gerd Jäger. Charakteristisch für den “unterschätztesten Künstler der Region” (SZ) waren die sanften Formen seiner abstrakten Holzskulpturen, die außen oft die natürliche Form des Holzes behalten haben, in deren Innerem sich aber stets ein charakteristisches Loch befindet, das die unterschiedlichsten abstrakten Gestalten annehmen kann. Auf die Frage, wieso er seine Skulpturen  aushöhle, antwortete Gerd einmal verschmitzt, dass er das schwere Holz sonst nicht mehr tragen könne. Tatsächlich besteht so jeder “Jäger” aus zwei Skulpturen: einer äußeren, hölzernen, meist sanft geschwungenen … und eingeschlossen in den Naturstoff das Negativ einer fiktiven Skulptur, eine Lehrstelle, ein Stück vom Nichts, ein dunkles Rätsel … ein Loch.

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Nie sah der Marstall schöner und erhabener aus als bei der Retrospektive von Gerd Jäger 2016 

Seit über 50 Jahren arbeitete Gerd als freier Künstler, erst in München in einem Atelier in der Amalienstraße (mit eigener Schmiede), dann im denkmalgeschützten Zehentstadel in Farchach. 1987 erhielt Gerd Jäger, der seit seinem Umzug nach Farchach nur noch mit Holz arbeitete, den Schwabinger Kunstpreis.

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13 echte Jäger

Auch Menschen, die sich nicht für Kunst interessierten, kannten Gerd Jäger, der als konsequenter Radfahrer quasi zum Dorfbild gehörte. Unermüdlich konnte er gegen die Missstände in unserer Gemeinde anreden, wenn alle anderen sich schon längst mit der Schlechtigkeit der Welt arrangiert hatten. Und immer wurde Gerd dabei konkret. Zum Beispiel bei der letzten Bürgerversammlung: Dort geißelte der ehemalige Gemeinderat (und Ex-Vorsitzende des Bundes Naturschutz sowie der Grünen) mit seinen Redebeiträgen die Bausünden am Sonnenhof: “Hier spiegelt sich eine Spaltung der Gesellschaft – ein unglaublicher Luxus und eine Verbunkerung der Grundstücke ist feststellbar“, er forderte gleichzeitig ökologische Friedhöfe (gegen den “Marmoracker” von Aufkirchen) und beklagte im selben Atemzug auch das konkrete Fällen bestimmter Bäume.

Genial, legendär und jetzt verwaist: ein Blick in das Farchacher Atelier von Gerd Jäger

Gerd Jäger ließ in seinem Garten der Natur ihr Recht, kämpfte um jeden versiegelten Quadratzentimeter Grünfläche und wurde nicht müde darauf hinzuweisen, dass man ein Dorf lieber für Menschen als für Autos planen sollte, denn – so Gerd – “in 20 Jahren wird es eh keine Autos mehr geben”. – Und bei allem Engagement blieb Gerd, den manche als Kauz unterschätzten, stets ein herzensguter, verschmitzt lachender, freundlicher Mensch.

Er fehlt uns jetzt schon: unser “Lieblingsgemeinderat” (QUH-Blog von 2009) Gerhard Jäger umgeben von seinen geliebten Holzskulpturen

Seinen Epitaph hat sich Gerd quasi selbst ausgesucht: Ein düsteres Gedicht (“Psalm“) von Peter Huchel gesellte er vor über 30 Jahren bei einer Ausstellung seinen Skulpturen bei, er ließ es noch einmal verlesen, als er 2011 beim “Kunstwerk des Monats” zu Gast war:

Dass aus dem Samen des Menschen / kein Mensch / und aus dem Samen des Ölbaums / kein Ölbaum / werde, / es ist zu messen / mit der Elle des Todes.

“Die da wohnen / Unter der Erde / in einer Kugel aus Zement, / ihre Stärke / gleicht / dem Halm / im peitschenden Schnee.

Die Öde wird Geschichte, / Termiten schreiben sie / mit ihren Zangen / in den Sand.

Und nicht erforscht wird werden / ein Geschlecht, / eifrig bemüht, / sich zu vernichten.”

Uns bleiben die Skulpturen

Gerd, der Kampf geht weiter!

P.S.: Hier wahrscheinlich das letzte Foto von Gerd Jäger – glücklich bei der Windkraftveranstaltung vom 6.7. mit Katrin Stefferl, einer seiner beiden Nachfolgerinnen bei den Grünen.

Das letzte Photo: Gerd lacht

 

Kommentieren (1)

  1. 28. Juli 2019 um 13:22

    Oh, das ist so traurig, dass Gerd schon von uns gegangen ist. Er war ein so positiver, kraftvoller, engagierter Mensch, der sich immer mit ganzem Herzen für die Natur einsetzte und wunderbare Kunst machte. Auch für uns Grüne war er enorm wichtig. Mein herzliches Beileid allen Menschen, die ihn lieben und verehren.