Die Kommentare der Windkraftgegner hier im QUH-Blog sind für unsere Leser normalerweise eher ein Ärgernis. Eine Ausnahme gab es am Wochenende, als unser Leser “Fast Investor” geduldig, vernünftig und eingehend auf die teils hyperventilierenden, immer gleichen Argumente der Gegner kundig geantwortet hat.
Gefährliches Windrad in offentlicher Spielzeugeisenbahn entdeckt
Da der “Fast Investor” schon in den Kommentaren darufhin gleich wieder als Lügner dargestellt wurde, haben wir zu seinem Schutz die Kommentare deaktiviert.
“AUSSENSICHT
Guten Abend, allerseits!
Vielleicht ist es ja mal von Interesse, ein paar Worte “von außerhalb” dazu zu hören: Ich wäre fast einer der ortsfremden Investoren der Bürgerwind Berg geworden, kam jedoch zu spät, die Projektanteile gingen offenbar weg wie warme Semmeln. Insofern ist klar, dass ich das Projekt wohlwollend betrachte, aber ich muss es mir auch nicht im Nachhinein schönreden.
Im Vorfeld hatte ich mich unter anderem in diesem Blog eingelesen, um auch Gegenargumente abwägen zu können. Ein wirklich großes Lob an dieser Stelle für die QUH. Ein so hohes Maß an Transparenz in der Lokalpolitik und zudem eine Plattform, die auch für Kritik offensteht, sind absolut keine Selbstverständlichkeit!
Zum Windpark bzw. den kritischen Einwänden:
1. Die Windgutachten
Die Kritiker haben völlig recht: Ob sich ein Windpark rechnet oder nicht, steht und fällt mit der Frage, ob der Wind so weht wie vorhergesagt. Risiken dabei sind zum einen, dass der Standort falsch beurteilt wurde, zum anderen dass der Wind insgesamt (z.B. in ganz Deutschland) schwächer weht als im langjährigen Schnitt. Beides hat in der Vergangenheit schon so manches Windinvestment ruiniert und das wird auch in Zukunft immer wieder mal der Fall sein. Insofern ist allerdings auch der Hinweis auf konkrete Pleite-Projekte wenig aussagekräftig. Bei vielen hundert Anlagen allein in Bayern ist klar, dass sich Beispiele sowohl für Pleiten, wie auch positive Überraschungen finden lassen.
Dabei sind aktuelle Windprognosen jedoch zumindest mit weniger Unsicherheiten verbunden als frühere und auch allzu optimistische Langzeiterwartungen wurden zuletzt 2011 nach unten korrigiert. Das örtliche Vorgehen bei der Erstellung der Windgutachten scheint dabei durchaus seriös und üblich. Der Sicherheitsabschlag von 10% in Berg ist sogar deutlich konservativer kalkuliert als in vielen anderen Fällen.
Dass die Windgutachten vom Projektierer in Auftrag gegeben werden und dieser bereits vom Bau (nicht nur dem Ertrag) der Anlagen profitiert, ist dabei allerdings unschön, jedoch leider auch nicht so einfach zu ändern und völlig branchenüblich. Ebenso, dass man das Gutachten selbst nicht einsehen kann: ärgerlich aber derzeit der Standard. Gleichwohl haben auch die Windgutachter einen Ruf zu verlieren und wer hier ganz konkrete Mauscheleien vermutet, sollte zumindest in der Lage sein, das eine oder andere Indiz dafür auf den Tisch zu legen.
1b. Der Windatlas und die Volllaststunden
Besonders populär scheint der Bezug auf die Volllaststuden im Bayrischen Windatlas. Fakt ist, dass die Region insgesamt wenig Wind hat. Fakt ist auch, dass die Windverhältnisse auch kleinräumig große Unterschiede aufweisen. Nicht ohne Grund zahlt man ja trotz Windatlas für Messungen und Gutachten und nicht ohne Grund baut man die Anlagen wo möglich auf Hügeln und anderen günstigen Punkten. Der Windatlas bietet damit kaum mehr als einen groben Überblick.
Die Angabe der Volllaststunden zusätzlich zu den mittleren Windgeschwindigkeiten ist einerseits sinnvoll, bezieht sich aber andererseits zwangläufig auf einen bestimmten Anlagentyp und ist nur für diesen zutreffend – sonst wäre sie auch weitgehend witzlos. Schwachwindanlagen lassen dabei grundsätzlich ganz erheblich mehr Volllaststunden erwarten, was aber keineswegs heißt, dass sie grundsätzlich besser wären (selbst im Binnenland nicht): Sie sind teurer in der Anschaffung und können kräftigen Wind (der natürlich überall auch mal vorkommt) weniger gut ausnutzen. So oder so ist der Vergleich von Volllaststunden über verschiedene Anlagentypen hinweg schlicht Käse.
1c. Eigene Messungen
Der Know-how einiger Enthusiasten in Ehren, und nochmals mit ausdrücklichem Bedauern, dass so eine Geheimniskrämerei um die offiziellen Gutachten gemacht wird: Mit bodennahen Messungen wird man hier kaum zu belastbaren Ergebnissen kommen. Gerade in einem bewaldeten und hügeligen Gebiet. Mag sein, dass der “Aviator” vielen hier persönlich bekannt und ausgesprochen vertrauenswürdig ist. Von hier aus der Ferne gebe ich ausgesprochen wenig auf seine Berechnungen.
2. Das Finanzielle
Verschiedene Posts zweifeln an den wirtschaftlichen Grundlagen der Kalkulation jeneits des Windertrags, etwa dass die Finanzierungskosten zu niedrig angesetzt seinen, oder die Rendite nicht angemessen. Diese Einwände haben schlicht keine Substanz. Windparks werden derzeit gerne zu gut 75% fremdfinanziert (Berg nur zu etwa 70%) und das zu den Konditionen “absolut sicherer” Kredite. Letzteres ist im übrigen nicht verwunderlich, denn – und darüber sollten sich Investoren natürlich im Klaren sein – bei ungünstigem Verlauf haften zunächst das Eigenkapital; die Verlustzone der finanzierenden Banken beginnt erst nach dem Totalverlust der Kommanditeinlagen. Dafür kriegen die Banken eben auch kaum Zinsen und profitieren auch nicht von positiven Überraschungen. Zugleich lässt sich daran ablesen, dass auch die finanzierenden Banken das Totalverlustrisiko (und somit das Eintreten eigener Verluste) als sehr unwahrscheinlich beurteilen.
Die erwartete Rendite für die Investoren ist absolut marktüblich. In diesen Tagen gibt es zu diesen Zinsen schlicht keine risikoärmere Anlage. Auch ansonsten sind die “Nebenkosten” der Bürgerwind Berg im Vergleich ausgesprochen gering. Nach persönlicher Bereicherung sieht das allemal nicht aus.
Die jüngst geposteten Links zu einer Seite des Deutschen Arbeitgeberverbands sind übrigens ebenso wenig substanziell. Zum einen handelt es sich hier bei allem guten Willen um eine ziemlich einseitige Polemik, in der im Wesentlichen errechnet wird, dass eine komplette(!) Deckung des Strombedarfs in Deutschland durch Wind- und Solarenergie nach derzeitigem Stand der Technik sehr teuer wäre. Na herzlichen Glückwunsch zu dieser Erkenntnis, als ob das jemand fordern würde. Auch wenn man das als Argument gegen einen Ausbau der Windkraft insgesamt akzeptiert, ergibt sich daraus jedoch absolut keinerlei Schlussfolgerung über die Wirtschaftlichkeit einer Investition in eine konkrete Windanlage!
3. Standort und Nebenwirkungen
Der gewählte Standort mag nicht der – umstrittenen – 10H-Regelung genügen, weist aber ansonsten Abstände zu Wohnbebauung auf, wie man sie sich nur wünschen kann und wie sie überall sonst im Bundesgebiet als vollkommen unproblematisch gelten. Als Investor versuche ich durchaus auch im Blick zu behalten, was mein Geld vor Ort anrichtet. In diesem Fall hätte ich absolut kein schlechtes Gewissen gehabt.
Was Naturschutz-Belange angeht, habe ich ausdrücklich nicht genug Kenntnis, um hier eine Wertung vorzunehmen, weise jedoch darauf hin, das konkrete Abschaltzeiten zum Schutz von Fledermäusen und anderem Fluggetier zu den ganz üblichen – und soweit ich erkennen kann bereits eingeplanten – Abschlägen gehören.
4. Die Demokratie
Tut mir leid, liebe Kritiker und Kritikerinnen, aber nach allem, was ich nachlesen kann, handelt es sich wirklich nicht um eine spontanes Geheimprojekt, sondern um ein schon lange öffentlich geplantes Vorhaben, dessen konkreter Umsetzung nicht zuletzt 17 von 19 Gemeinderäten zugestimmt haben (wen genau möchten Sie denn dann bei der nächsten Wahl stattdessen wählen?). Die Frage, warum man erst jetzt dagegen unterschreibt, ist absolut berechtigt. Das nicht ganz unerhebliche formale Problem, dass die Bürgerwind Berg zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits eine privatwirtschaftliche GmbH ist, in der die Gemeinde Berg nur einer unter vielen Teilhabern ist, wurde bereits von anderen benannt. Es ist mehr als fraglich, ob das aktuelle Bürgerbegehren da überhaupt noch eine Wirkung haben könnte, außer sich eben noch einmal über eine längst schon entschiedene Frage in die Haare zu kriegen.
Selbst wenn ein Baustopp resultieren könnte: Gewiss, glaubte man daran, dass der Windpark noch gerichtlich gestoppt wird, würde man lieber jetzt die Reißleine ziehen als später. Aber gerichtlich wurde nicht ohne Grund verfügt, dass die Bauarbeiten sofort starten dürfen: Es mangelt einfach an Erfolgsaussichten der Klagen. Und bitte nicht vergessen: Auch ein Abwarten ist mit ganz realen erheblichen Kosten verbunden – Kredite müssen bedient, Verträge eingehalten werden, wenn sich der Bau ins Jahr 2016 oder gar noch länger verzögert, sinkt die Einspeisevergütung – die auch auf die Gemeinde zurückfallen.”
Nun ja, soweit also meine selektive Außensicht. Vielleicht hilft sie ja, den einen oder anderen vermeidbaren Streit zumindest gelassener auszutragen. Schöne Grüße und trotz allem guten Wind!
Ein Fast-Investor”