Es war die außergewöhnlichste Sitzung des Berger Gemeinderates. Sowohl was Form, Inhalt oder Personal betraf. Zwei Fotos, die vor und nach der Sitzung gemacht wurden (während der Sitzung besteht Fotografierverbot), erzählen die Geschichte:
Vorher: im gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand fand die Sitzung in der Aula der OMG-Schule statt
Es war die letzte Sitzung des alten Gemeinderates. Der Umbruch im Rat ist so groß wie nie in den letzten Jahren: mit den Gemeinderäten und -rätinnen Elke Grundmann (QUH), Toni Galloth (SPD), Julia Galloth (Grüne), Dr. Peter Haslbeck, Robert Wammetsberger, Franz Gastl-Pischetsrieder (CSU), Richard Fink, Hermann Reichart und Ludwig Haseneder (EUW) scheidet fast die Hälfte des 20-köpfigen Gremiums aus unterschiedlichen Gründen aus. Wegen der Seuche wird deren offizielle Verabschiedung nachgeholt.
Sie wird dann vom neuen Bürgermeister Rupert Steigenberger vorgenommen werden, da bekanntlich auch Bürgermeister Rupert Monn nach 20 Jahren erfolgreicher Amtszeit seine letzte Sitzung leitete. Der Tagesordnung war anzusehen, dass er seine Gemeinde wohlgeordnet übergeben will. Von der Bebauung des Grundstückes bei der Villa de Osa über den Bebauungsplan zur Erweiterung der Marianne-Strauß-Klinik gegenüber, über den Neubau des Feuerwehrhauses in Höhenrain (samt Friedhofserweiterung und Einheimischenmodell), vom Seeufer in Kempfenhausen bis zum Bebauungsplan für das neue Wohnzentrum Osterfeld … alles musste in einer gigantischen Tagesordnung (die Ladung hatte in ausgedruckter Form die unlesbare Dicke dreier Telefonbücher) noch einmal beschieden und abgenickt werden. “Musste das sein?” fragte die QUH – “Ja“, antwortete knapp der scheidende Bürgermeister.
Bei kaum einem der Projekte, die der Gemeinderat in den letzten Jahren vorwärtsgetrieben hatte, regte sich Widerstand: Nur der Bebauungsplan der Schön-Klinik wäre fast gescheitert. Gegen deutlichen Widerstand aus dem Rat wurden Formulierungen zugelassen wie “Die Gemeinde hält an dem Bebauungsplan im Übrigen auch dann fest, falls das Haus E” (so wie in den Einwendungen vermerkt) “nicht mit den Belangen des Denkmalschutzes in Einklang zu bringen ist”. Obendrein wurde dem Bauwerber, der die Klinik geschlossen hat, fast jeder Wunsch gewährt: Ihm wurde eine Überlagerung von Abstandsflächen ebenso zugestanden wie eine Büronutzung der denkmalgeschützten Villa oder eine Unterschreitung der gebotenen “Anbauverbotszone” zur Staatsstraße hin. Mit immerhin bis zu 8 Gegenstimmen (auch aus der QUH) wurde der Bebauungsplan dann doch akzeptiert. Die nicht-öffentliche Sitzung dauerte dann noch fast einmal so lange, bis 1/2 11. Nach dem offiziellen Ende der Sitzung erhoben sich die Räte zum Applaus, die Worte des scheidenden wie sichtlich bewegten Bürgermeisters waren hinter mancher Träne nur schwach hörbar: Sie lauteten “Bleibt’s gesund!“
Nachher: Applaus im Stehen
Der Rat folgte dem wiederholt vorgetragenen Wunsch von Rupert Monn, eine ganz normale Sitzung abhalten zu wollen. Formal ist ihm auch das gelungen. Wir schließen uns ihm an: “Rupert, bleib gesund!”.