Das Hofsterben geht weiter

Immer mehr Höfe in der Gemeinde Berg geben die Milchviehhaltung auf. Wir sprachen mit Landwirt und Gemeinderat Peter Sewald vom “Schwoaga”, dem Schwaigerhof in Allmannshausen.

Peter Sewald im leeren Stall

QUH: Peter, am 12. Juli wurden eure Kühe zum Schlachten weggebracht. Habt ihr die Viehwirtschaft ganz aufgegeben?
Peter Sewald: Wir haben noch ein paar Kälber, aber nur noch bis Ende September. Ab dann werden wir keine Tiere mehr haben.

QUH: Was hat euch dazu veranlasst?
Peter Sewald: Das waren viele Faktoren. Der Hauptgrund war, dass das Ganze nicht mehr zu finanzieren war. Und wir haben Zukunftsangst: Die Anbindehaltung wird über kurz oder lang verboten, dann hätten wir anbauen müssen – und das geht innerhalb der Ortschaft nicht, denn unser Stall ist zu klein für einen Laufstall. Ich hätte Richtung Bismarckturm aussiedeln müssen – aber das Amt für Landwirtschaft erteilt die Privilegierung nur für Laufställe mit etwa 100 Kühen, und dafür reichen meine Betriebsflächen nicht.

Die letzten Kälber

QUH: Ihr seid ja nicht der einzige Bauernhof, der den Milchviehbetrieb aufgegeben hat – zuletzt waren es die Familien Steinsberger in Sibichhausen und Grad in Bachhausen. Die dörfliche Struktur verändert sich damit deutlich. Kann man von einem Hofsterben sprechen?
Peter Sewald: Ja, das kann man schon sagen. Auch die Landschaft wird sich verändern. Im Moment haben wir viel Pferdehaltung, sodass wir unser Heu verkaufen können. Aber wenn einmal eine Rezession kommt und sich die Leute keine Pferde mehr leisten können, wird vielleicht Nutzholz angepflanzt, dann gibt es keine grünen Wiesen mehr.

Jetzt wird nur noch Heu gemacht

QUH: Bei euch kann man also ab jetzt keine Milch und keine Eier mehr kaufen?
Peter Sewald: Nein. Wir hören definitiv auf – das ist nur noch eine Belastung. Wir haben aber einige Wiesen verpachtet und machen selbst noch Heu. Wenigstens kann ich jetzt mal ausschlafen!
QUH: Danke für das Gespräch, Peter!

Im Anschluss baten wir Georg Huber, dem “Graser” aus Aufhausen, noch um Zahlen: Er kam auf derzeit insgesamt 14 Landwirte mit Milchviehhaltung in der ganzen Gemeinde. Vor zwanzig Jahren seien es noch 25 gewesen, vor 30 Jahren 35 bis 40. Als sein Vater Ende der Fünfzigerjahre herkam, hatte es allein in Höhenrain noch 20 milchviehhaltende Betriebe gegeben. Wie ist die Prognose? “Der bürokratische Aufwand wird immer größer, und die Nachfolge ist schwierig. Meine persönliche Meinung: In zehn Jahren bleiben vielleicht fünf übrig.”

Kommentieren (4)

  1. R. Mühlstraßer
    29. Juli 2019 um 19:34

    Wir sind nicht mehr in der Lage die Bevölkerung regional zu ernähren. Wenn Flug- und LKW-Verkehr zum Erliegen kommen, sind die Supermärkte schnell leer. Dann haben wir viel zu wenig Bauern für die ständig wachsende Bevölkerung. Aber das scheint ja so gewollt zu sein. Ich finde das fahrlässig.

  2. Stefan
    1. August 2019 um 6:42

    Eine sehr traurige Entwicklung in meiner Wahlheimat Allmannshausen, die aber gesellschaftlich aktuell lautstark gewünscht ist. Man glaubt es kaum.

    Was wir im beschaulichen Allmannshausen erleben, ist eigentlich nur der Beginn einer Entwicklung, die das Resultat einer falschen Agrarpolitik der letzten 15 Jahre ist und im ersten Moment von den meisten Bürgern gewünscht ist. Mit den auf uns zurollenden gesetzlichen Verschärfungen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung bzgl. überregulierten Tierschutz-/ Tierwohlanforderungen, Emmissions- und Baurichtlinien für landwirtschaftliche Tierhaltungen wird die kleinbäuerliche, regionale Tierhaltung bald keinen Platz mehr finden.
    Zudem verändert sich die Akzeptanz bei “Dorf”-bewohnern zunehmend, so ist es für viele ehemaligen Stadtbewohner nicht akzeptabel, dass Nutztierhaltung mit gewissen Gerüchen, Geräuschen und Hinterlassenschaften zusammen fällt. Gerade Kühe können nun mal auch den ein oder anderen Außenspiegel vom geparkten Porsche beim Weidegang durch die Ortschaft touchieren. Der Landwirt hat hier leider zu oft mit viel Unverständnis, Diskussionen und teils Anzeigen zu kämpfen, auch wenn der Hof vor dem Porsche am Ort war…
    Es hilft leider wenig zu jammern, denn es sind wir alle als mündige Verbraucher, die über die Zukunft unserer Landwirtschaft entscheiden, nicht der Landwirt allein. Der Agrarstandort Deutschland ist leider so gefährdet, wie einige andere ungeliebte Industriezweige, die aktuell gesellschaftlich geächtet werden. Dabei dient Landwirtschaft allen und nicht im erster Linie der Heugewinnung für wohlstandsgetriebene Pferdepensionen.

    Sehr schade um den “Schwoaga” Hof in Allmannshausen, dem Peter Sewald ist´s kaum zu verübeln. Hauptsache der Hof wird jetzt nicht in 10 Luxusappartments umgebaut…

    Den Platz der Milchversorgung wird dann eben ein überregionaler Molkereikonzern übernehmen und der 1000 Milchkuh-Laufstall steht heute vielleicht noch irgendwo im Allgäu und wird eben in weiterer Zukunft nicht mehr in Bayern oder Deutschland stehen, sondern im fernen Ausland. Hauptsache wir haben unseren CO2 Ausstoss in Deutschland von 2% auf 1,2% gesenkt, fühlen uns mit Bio-Label-Einkauf im Premium-Edel-Supermarkt gut und genießen das argentinische Bio-Entrecote auf dem 1000€-Weber Gas-Grill am Wochenende und die Biene ist gerettet.

    Am meisten macht mir Sorge, dass meine Kinder eben nicht mehr das Melken sehen und erleben können, sondern ein Stück näher an die gesellschaftliche Entfremdung von unserer Nahrungsmittel-Produktion rücken.

  3. Florian Gehlen
    2. August 2019 um 11:13

    Ein super Kommentar, dem man sich inhaltlich nur anschließen kann – sollte…

  4. Gast
    5. August 2019 um 16:45

    Dieser Artikel macht einfach nur betroffen. Bei allem Verständnis für die schwierige Situation der Landwirte zeigt sich doch deren Einstellung zu Natur und Tierhaltung hier wieder einmal sehr deutlich. Da wird der ganze Viehbestand (ja, das waren unsere Nachbarkühe!) einfach mal schnell zum Schlachter gegeben um das Heu nun gewinnbringender veräußern zu können.