Das 1. Wässerchen

Gewässer in Berg? – Das sind nicht nur der Starnberger See oder der obere und untere Lüßbach … es gibt eine Vielzahl von lebenswichtigen, vergessenen, versteckten oder merkwürdigen Gewässern. Die QUH hat sich für den diesjährigen Adventskalender auf “Spritztour” durch die Gemeinde gemacht. 

Wir beginnen an einem Mahnmal der Nachhaltigkeit, einem nur wenige hundert Meter langen, auf Karten namenlosen Gewässer, das jeder schon einmal gedankenlos überquert hat. Kaum einer ahnt, dass es eine Art Ruine der Industriekultur darstellt und früher nachhaltiger Energiegewinnung gedient hat. Das Wässerchen könnte den Namen “Berger Mühlbach” tragen, weil es zwischen Marstall und Parkplatz neben der Unterberger “Mühlgasse” verläuft. Bei genauerem Hinsehen ist es ein ziemlich merkwürdiger Bach, der hier schnurgerade durch die Landschaft fließt und weder einen sichtbaren Anfang noch ein Ende hat.

Unser erstes Wässerchen: Der rätselhafte “Berger Mühlbach” in Unterberg

Eine kleine Brücke führt über das nur schwach fließende Gewässer vorbei am “Parkplatz Mühlgasse”, am Obdachlosenheim und dem noblen Berger Veranstaltungsort Marstall. Nur die wenigsten machen sich Gedanken, wo dieser Bach herkommt und wo er endet. Beides, Quelle wie Mündung, sind unterirdisch.

Das Brunnenhäuschen (?) am Anfang des Mühlbachs

Irgendwo unter der idyllischen Wiese, auf der im Sommer sieben Jungkühe auf einer phantastisch gelegenen Weide ihr Leben genießen, liegt der Ursprung des Mühlbachs. Ab einem kleinen Gebäude, das ein Brunnenhäuschen sein könnte (wir bitten gegebenenfalls um Aufklärung), läuft er nur ein paar hundert Meter oberirdisch, bevor er ebenso plötzlich, wie er aufgetaucht war, wieder verschwindet und unter den Häusern weiter bis zum See fließt.

Das plötzliche Ende des Berger Mühlbachs an der ehemaligen Ölmühle

Hier, am Anwesen der früheren Müllerfamilie März, hat der Mühlbach einstmals vor mindestens 325 Jahren eine der ersten Mühlen im weiten Umkreis angetrieben. “Seit 1697 ist sie im Besitz der Müllerfamilie März, die bis heute über die Wassernutzungsrechte des Mühlbaches verfügt“, heißt es auf der Infotafel der Gemeinde. Aus herabgefallenen Bucheckern wurde hier am “Ölschlag” – unfassbar nachhaltig, man stelle sich das heute vor – Öl “geschlagen”, mit dem die ersten Dampfschiffe auf dem Starnberger See betrieben wurden,

Ohne Anfang und Ende (und wohl auch ohne Namen, (c) Bayerisches Landesamt für Umwelt)

Seit 1895 wurde hier auch Strom gewonnen. Die Familie März hatte einen der ersten Betriebe im Oberland mit Elektrizität. Obendrein wurde mittels einer Turbine umweltfreundlich eine Säge, eine Dreschmaschine und eine “Haferquetsche” betrieben. Der zeitweise in Berg lebende Genremaler Richard Ritter von Poschinger hat das frühe Industriedenkmal um die Jahrhundertwende herum gemalt. Das Wasser lief damals über eine Holzbrücke in die Mühle.

Ritter von Poschinger, Die Berger Ölmühle in Unterberg (um 1900)

Am südlichen Ende des Mühlbaches steht noch – leider völlig ungenutzt – die ehemalige Mühle. Das Türmchen auf dem Märzhof verrät noch deren früheren Standort.

März Mühle

Das Türmchen auf dem Märzhof, die ehemalige Mühle (Foto: Michaela Keppner)

Kommentieren (3)

  1. Florian Gehlen
    1. Dezember 2023 um 8:20

    Der Bach entspringt nicht unter der besagten Wiese, er ist viel lännger, als gedacht. Der sichtbare Ursprung liegt im Wald im Eck zwischen der Staats- und der Waldstraße. Dort verläuft der Bach zunächst offen durch den Wald, bevor er die Waldstraße entlang auf der waldzugewandten Seite durch die Grundstücke fließt, mittlerweile meist durch Rohrleitungen. An der alten Ölmühle kommt er dann wieder zum Vorschein.

    • quh
      1. Dezember 2023 um 9:21

      Vielen Dank für den Hinweis!

    • quh
      1. Dezember 2023 um 19:15

      Solche Hinweise werden wir – trotz aller Recherche – immer wieder brauchen. Wir freuen uns jetzt schon auf die rege Mitarbeit.

      andy ammer