Armut und Dramen in Kempfenhausen


Panoramablick von Kempfenhausen auf dem Moränenwall mit der Villa de Osa (rechts), den Wadlhauser Gräben (hinten), dem Schloss (mitte) und einem weiteren unscheinbaren Häuschen (mitte)

In Kempfenhausen spielen sich in den Villen und Gärten der Reichen gerne einmal Dramen ab. In der bekanntsten Villa, der Villa de Osa, die Augusta de Osa, die Hamburger Witwe des kolumbianischen Botschafters in Paris, 1909 für sich errichten ließ (heute Schön-Klinik), gab es auch die größte Tragödie: Die Familie des Erben Fritz de Osa wurde in der Nacht zum 11.9.1951 von ihrem Hausmeister, der sich unstandesgemäß in die Tochter verliebt hatte, ermordet. Dann legte der Mörder selbst Hand an sich.

Kleinere Tragödien gab es auch in dem kleinen Haus links nebenan: Es gehörte bis 1979 der Starnberger Maklerin Edith Thomas, deren italienischer Liebhaber wegen Konkurses seines Ristorantes in Starnberg dem Fiskus und den Banken aus Deutschland entflohen war. Frau Thomas hatte aus Liebe für ihn gebürgt und musste das Haus verkaufen, um seine Schulden zu bezahlen. Das Haus wurde 1980 durch den Neubau einer Villa eines Münchner Konzernvorstandes ersetzt.

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Ein anderer Pleitier, Richard Wagner, wurde im Herbst 1864 von König Ludwig in der Villa Pellet untergebracht. Wagner fand es “schön und einsam” in Kempfenhausen. In der Einsamkeit lernte er die schöne Cosima lieben … im Frühling darauf wurde die Tochter Isolde geboren.

Plötzliche Armut scheint auch die Angst dieses unbekannten Herrn vor der von Otto Riemerschmidt gebauten Villa Rechberg (vormals Bariatinsky, später Breiter) zu sein …


Mein Haus, meine Frau, meine Eingangstür …

Der ältere Herr am Arm der jüngeren Dame hat – so als wolle er etwas Geld sammeln – seinen Hut zu seinen Füßen neben sich auf die Staße gelegt. Es dürfte sich um den Neffen des Industriellen und Bildhauers Arnold Rechberg (1879-1947) handeln, der wegen seiner politischen Haltung sogar ins KZ eingeliefert worden war.


… und ein Hut (für kleine Spenden an notleidende Villenbesitzer, Detail)

Die Villa ging in 1961 in den Besitz von Adalbert “Hut” Breiter über und wurde 1969 abgerissen.

Zwischen all den herrschaftlichen Häusern tat sich das normale Leben in Kempfenhausen oft schwer. Keine Wirtschaft, kein Laden, kein Wahllokal findet sich hier. Den “Lebensmittelladen Kerler” (nicht “Kehrer”, vgl. unten den Kommentar) gibt es ebensowenig mehr wie das dazugehörige wunderschöne Auto.


Der ehemalige Lebensmittelladen Kehrer in Kempfenhausen (wo war der?)

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Nachtrag: Volker Cornelius, der die Villa Rechberg auch von innen kannte, hat und diese Bilder des Kempfenhausener Bildhauers und Villenbesitzers Rechberg zukommen lassen:

Kommentieren (2)

  1. ammer
    12. Dezember 2012 um 17:44

    Noch nichts neues vom Lebensmittelladen Michael Stiegler aus kempfenhausen schickte uns immerhin den Hinweis, dass es sich um das Haus am Perchaerweg 4 handeln könnte: ” Zaun, Auffahrt, Balkon und die Kurve in der Straße passen.” – Über den Lebensmittelladen wußte er allerdings auch nichts.

  2. QUH-Gast
    12. Dezember 2012 um 21:39

    Lebensmittelladen Kerler Der Lebensmittelladenbesitzer hieß Kerler (nicht Kehrer). Es handelt sich tatsächlich um das Haus am Perchaer Weg 4 in Kempfenhausen. Der Straßenverlauf wurde mittlerweile verändert, die Straße verläuft nicht mehr so dicht am Haus. Leider gibt es den Laden schon lange nicht mehr. Erzählungen nach kauften damals viele Patienten aus der nahe gelegenen Klinik am Schloss (heute Marianne-Strauß-Klinik) dort ein.

    Schöne Grüße aus der Nachbarschaft