Im zivilisierten Rahmen der Demokratie …

… verlief am ungewohnten Montagabend die entscheidende Sitzung darüber, ob die Gemeinde Berg sich weiter für die genehmigten Windkraftanlagen in den Wadlhauser Gräben (die ja eigentlich ein Höhenzug sind) engagieren soll.


Die erwarteten Proteste vor der Tür

Wie erwartet fanden sich vor der Tür und im Ratssaal viele Neufahrner Gegner (und auch einige neugierige Berger). Allerdings hatte man schon vor der Sitzung den Eindruck, als ob beide Seiten von den wochen-, monate-, ja jahrelangen Auseinandersetzungen um das Projekt etwas ermüdet waren. Man kennt sich inzwischen gegenseitig und auch die Argumente. Entwickelt sich da gar etwas Respekt vor dem Andersdenkenden – eine der größten Tugenden der Demokratie?

BGM Monn eröffnete die Sitzung mit dem bekannten Ritual: “Ich begrüße Sie und unsere zahlreichen Zuhörer und stelle fest, dass zu der heutigen Sondersitzung des Berger Gemeinderates frist- und formgerecht eingeladen wurde”. Entschuldigt fehlten die Gemeinderäte Schmid und Reiser (der sich zuvor noch schriftlich bei den Kollegen Pro Windkraft ausgesprochen hatte).

Dann fasste BGM Monn die Geschichte der letzen vier Jahre noch einmal kurz und nüchtern zusammen. 2009 habe der Gemeinderat sich das Leitbild gegeben, bis 2020 energieautark zu sein. Wegen des Antrags auf ein privates Windrad eines bekannten Berger Bürgers sah man sich gezwungen, einen Teilflächennutzungsplan aufzustellen, wo in der Gemeinde Windräder gebaut werden dürften (und vor allem: wo überall nicht).

(Was der Bürgermeister nicht erwähnte: 2011 fand auf einer QUH-Verantaltung zur Energiewende “denkwürdig offen und über alle Parteigrenzen hinweg” eine Veranstaltung im Hotel Schloss Berg statt, in der zum ersten Mal die Möglichkeit erwähnt wurde, “2 bis 3 … höchstens 4 Windräder in Berg” zu errichten (der Artikel über die Veranstaltung, auf der alle entscheidenden Weichen bereits gestellt wurden, findet sich hier: /?p=2646/ ).

Der entscheidende Teilflächennutzungsplan wurde am 14.2.2012 genehmigt. Berg sicherte sich in dem Gelände damals schon geeignete Grundstücke. BGM Monn wiederholte sein Credo: Von Anfang an sei es darum gegangen, “wo und nicht ob” in Berg Windräder gebaut werden dürfen. Dem widersprächen auch nicht die diversen Wahlversprechen der Landes-CSU, (10H), von denen – entgegen der vollmundigen Versprechen – nicht klar ist, wann und wie sie Gesetz werden könnten.

Am 31.7.2014 hat das Landratsamt schließlich die Genehmigung für vier Windräder des Typs Enercon 115 genehmigt. Mit Beteiligung von Banken wurden die zugrundeliegenden Gutachten auf Plausibilität und Finanzierbarkeit überprüft. Nun gelte es zu entscheiden. Berg habe bis zum heutigen Tag 242.000 € in die Planungen investiert.

GR Dr. Haslbeck fasste daraufhin noch einmal seine bekannten Gegenargumente zusammen, die darauf hinauslaufen, dass er dem Bayerischen Windatlas mehr glaube als bestellten Gutachtern. Er warf diesen vor, sie hätten ihre Ergebnisse “tendenziös nach oben geschönt“. … es gab Beifallskundgebungen, von denen – ebenso wie vom Gegenteil – BGM Monn bat “Abstand zu nehmen”, da er sonst den Saal räumen lassen müsse. Dazu gab es an diesem höchst vernünftigen Abend allerdings keinen Anlass.

GR Dr. Ammer fragte noch, was denn passieren würde, wenn der Gemeinderat heute die weiteren Planungen ablehnen würde. Er wusste die Anwort, die er bekam, selbst: “Die Investoren stehen Schlange”.

In der anschließenden namentlichen Abstimmung stimmten die Räte Reichart, Fink, Sewald, Haseneder (EUW), Gastl-Pischetsrieder, Hlavaty (CSU), Kaske, Link, Grundmann, Ammer (QUH), Galloth (Grün), Galloth, Fuchsenberger. Streitberger (SPD), Sokolowski (FDP), Steigenberger (BG) und BGM Monn namentlich, in dieser Reihenfolge, manche mit etwas zitternder Stimme, für das Projekt. Haslbeck, Wammetsberger (CSU) hatten es sich nach 4 Jahren, in der sie stets für das Unterfangen gestimmt hatten, anders überlegt.

Um 20.00 Uhr – pünktlich zur Tagesschau – war der öffentliche Teil der Sitzung beendet. Berg plant eine GmbH & Co KG mit großer Bürgerbeteiligung. In den TV-Nachrichten kam die Entscheidung nicht. Dafür stehen schon zu viele Windräder in Deutschland … oder wie die “New York Times” es letzte Woche bezeichnete: “the germans call it energiewende”.


Rekordzuschauerzahl im Berger Gemeinderat

Kommentieren (19)

  1. QUH-Gast
    23. September 2014 um 0:36

    Gerne nochmal: WIE DIE LEMMINGE DIE KLIPPE RUNTER, …
    … dem Monnarchen hinterher.
    Völlig resistent den Argumenten des Don Quichote Dr Haslbeck gegenüber wurde abgestimmt.
    Am groteskesten war noch die offensichtlich vorher abgesprochene Frage von Dr. Ammer, was denn passieren würde, wenn der Rat denn heute gegen die Vorlage des Monnarchen stimmen würde. Die Antwort, die wie aus der Pistole geschossen kam: ‘Da stehen die Investoren schon Schlange’.
    Also mal wieder alternativlos, wie schon so oft.
    Gute Nacht, Berg. Demnächst Schuldenberg.

    • quh
      23. September 2014 um 0:57

      Schuldenberg Und auch wenn es niemand glaubt: Berg will (und wird) keine Kredite aufnehmen, um das Windkraftprojekt nach vorne zu bringen.

  2. Energievernunft
    23. September 2014 um 1:09

    Respekt vor dem Andersdenkenden? … ..immer gerne, aber nicht vor so viel geballter Ignoranz.

    Unzählige sachliche Beiträge auf diesen Seiten sind ungehört vehallt bzw. an den QUH-Schädeln abgeprallt. Es erübrigt sich also hier weiter zu argumentieren.

    Ich bedauere nur jetzt schon die leichtgläubigen Bürger, die ihr Geld in diesen (Schwach-)Wind streuen.

  3. QUH-Gast
    23. September 2014 um 1:28

    Widerlich … … selbstherrlich und ignorant, was sich da gestern Abend im Berger Rathaus getan hat.
    Sprachlos, bei so viel Arroganz und Hörigkeit für die Argumente derer, die natürlich die Anlagen in ihren Planungen und Gutachten befürworten, wollen die doch ausschließlich Geld damit verdienen.
    Gewinner des Abends: Herr Sing, der erst 1000de für die Planung bekommt und hinterher noch ein fürstliches Gehalt als Geschäftsführer einsacken kann.
    Liebe QUH: was hat die Gemeinde denn dafür zu zahlen, dass ein Planer auch noch sein Werk zu Ende bringen kann? Das Ergebnis hat Dr. Haslbeck ja bereits prognostiziert.
    Das darf wahrscheinlich auch nicht erzählt werden, da geheim. Armes Berg.
    Der Aufsichstrat, bestehend aus Ja-Sagern, wird auch einen Teufel tun und die Peinlichkeiten aufdecken, für die er selbst gestimmt hat.

  4. QUH-Gast
    23. September 2014 um 1:54

    Zu Schuldenberg: Wo sollen die 20 Mio denn her kommen?
    Wer investiert freiwillig in ein zu Scheitern verurteiltes Projekt?

  5. gartenhausbewohner
    23. September 2014 um 9:22

    Investieren aus Überzeugung Ich würde (und werde) investieren.

    Das es technische und wirtschaftliche Gegenargumente gibt, ist mir vollkommen bewusst, jedoch halte ich das Risiko für vertretbar. (Anmerkung am Rande: ich bin kein Großverdiener.)

    • aviator
      23. September 2014 um 10:21

      @Gartenhausbewohner Kleine Bettlektüre von einem der größten Ökostromlobbyisten Deutschlands (also des Schlechtredens eher unverdächtig):

      http://tinyurl.com/k635ul5

  6. QUH-Gast
    23. September 2014 um 11:21

    “Respekt vor dem Andersdenkenden” So einen Scheiß habe ich lange nicht mehr gelesen. Diese Formulierung zeigt, dass die QUH nichts, aber auch gar nichts kapiert hat. Denn hier geht es nicht um Respekt etc., sondern hier geht es – zumindest für die Neufahrner – um das bloße Überleben. Berg macht aus einer wunderbaren Wohngegend einen Ort des Qual und täglichen Horros, einen Ort, an dem in Zukunft Tag für Tag Menschen leiden werden. Das ist widerwärtige Perversion, und vor so etwas braucht man weiß Gott keinen Respekt haben, hier geht es nur noch um Selbstverteidigung.

    • jumbo
      23. September 2014 um 11:59

      Wo bleiben die richtigen Maßstäbe? Bei allem Respekt der hier deutlich gemachten Sorgen und Nöte – besonders der Neufahrner: Die Formulierungen in dieser Diskussion stören mich schon lange. Schauen sie sich die täglichen Nachrichten an, da kann man sehen, wo es ums “bloße Überleben” geht. Angesichtes dessen, was auf der Welt geschieht, finde ich die Argumentation in vielen Kommentaren teilweise peinlich. Eine Beeinträchtigung verschiedenster Weise durch die Windräder will ich gar nicht ausschließen (und kann es mangels eigener Erfahrung und höchst unterschiedlicher Berichterstattung auch gar nicht). Aber wir sollten in der Diskussion die Maßstäbe doch wieder ein wenig zurecht rücken.

    • aviator
      23. September 2014 um 12:14

      Mit den richtigen Maßstäben kann ich dienen. Hier kann man sich ein Google-Earth-File herunterladen, in dem die vier Windmühlen maßstabsgerecht und an der richtigen Stelle eingezeichnet sind:

      http://www.stockflightsystems.com/tl_files/downloads/1news/Monnster.kml

      Mit etwas Übung kann man in Google Earth um die Windmühlen rumspazieren und sich das aus allen Richtungen und Höhen anschauen. Die Höhe ist mit 207m definiert, also mit Rotor.

      Für alle, die Google Earth nicht haben, hier der Blick von ausgewählten Standorten aus in Bildern:

      http://www.stockflightsystems.com/tl_files/downloads/1news/Monnster.pdf

      Enthalten: Farchach, Bachhausen, Mörlbach, Neufahrn, Starnberg, Seeshaupt und München.

    • gast
      23. September 2014 um 13:04

      Berg sieht nichts! Und was stellt man fest?

      Berg ist wohl der einzige Ort in weitem Umkreis, der aufgrund einer “glücklicherweise” vorgelagerten Hügelkette die Windräder nicht sehen wird. Alle anderen Orte rund herum haben die Windräder groß im Blickfeld.

      Den eigenen Blick in die Berge wollte man sich selbstverständlich nicht verstellen lassen. Selbst ein vorsichtiges verrücken der Anlagen (etwas weiter weg von der Schäftlarner Gemeindegrenze und etwas näher ran an Berg) wurde stets kategorisch abgelehnt.

      Warum wohl? “Heiliger Sankt Florian!”

      Vielen Dank Gemeinde Berg!

      Übrigens:
      Wer eine etwas neuere Version von Google Earth besitzt, der braucht nicht mühevoll umherwandern. Man kann einfach das orange StreetView-Männchen an denjenigen Ort ziehen, von dem aus man schauen möchte. So gelangt man in die Bodenansicht. Danach einfach noch mit dem Kompass die richtige Himmelsrichtung wählen.

    • petscy
      23. September 2014 um 13:05

      @ AVIATOR Wirklich beängstigend, insbesondere für die Neufahrner Bürger!
      Das ficht natürlich einen Seeanwohner weniger an und er setzt es in Beziehung zu schlimmsten Dingen auf der Welt. Das ist ja geradezu zynisch. Vielen Dank jedenfalls für das Google Earth File; es demonstriert eindrucksvoll die Situation.

    • gast
      23. September 2014 um 13:33

      @Jumbo Es mag wohl sein, dass vier riesige, lärmende Windräder, die man Tag für Tag 20 Jahre lang formatfüllend im Blickfeld hat, nicht das schlimmste Übel der Welt sind. Für die betroffenen Anwohner sind sie jedoch sehr schlimm.

      Ich frage Sie:
      Vorausgesetzt, Ihnen würde kein finanzieller Nachteil entstehen, würden Sie dann mit einem Bürger aus Neufahrn Ihre Wohnung oder Ihr Grundstück tauschen, um ihm ein Leben ohne WKA zu ermöglichen? Selbstverständlich nicht, ist doch sein Problem, wenn er eine riesige WKA vor die Nase gesetzt bekommt und keine Möglichkeit hat, sich dagegen zu wehren.

      Sie selbst müssen sich an die eigene Nase fassen, denn dadurch, dass Sie den Windpark befürworten oder zumindest die Dinge akzeptieren, wie Sie sich derzeit entwickeln, sind Sie persönlich mit verantwortlich dafür, dass tausende Anwohner rund um den Windpark herum über Jahrzehnte hinweg massiv an Lebensqualität einbüßen werden.

      Vielleicht überlegen Sie Sich in einer ruhigen Stunde einmal, aus welchen Gründen Sie persönlich Sich FÜR eine derart massive Beeinträchtigung tausender Anwohner rund um den Windpark entscheiden und ob Ihre Gründe dies wert sind.

    • aviator
      23. September 2014 um 13:36

      @Petscy Gern geschehen, danke auch für Ihren sehr guten und anschaulichen Vortrag neulich auf der Lüften. Leider ist mittlerweile klar, daß seitens der Gemeindevertreter die Fakten einfach ausgeblendet werden. Aber seit Hegel wissen wir ja: Wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen – umso schlimmer für die Tatsachen!

    • jumbo
      23. September 2014 um 14:01

      Welcher meiner Äußerungen im obigen Kommentar entnehmen Sie, lieber Quh-Gast, dass ich für einen Windpark eintrete?

    • gast
      23. September 2014 um 15:29

      Lieber Jumbo,

      Sie sind also ein Gegner des Windparks? Warum spielen Sie dann die offenbar massiv vorhandenen Ängste und die Verzweiflung der Anwohner herunter, anstatt Sich gegen den Windpark und für das Wohl der Anwohner sowie ein weiterhin friedliches Zusammenleben unserer Gemeinden einzusetzen?

      Da ich Sie persönlich nicht kenne, kann ich nur von obigem Beitrag ausgehen. Den Tenor Ihres obigen Beitrags habe ich wie folgt verstanden:

      “Liebe Neufahrner, laßt doch mal die Kirche im Dorf, es gibt schlimmeres.”

      Dies ist sicherlich richtig, aber nicht das, was ein Gegner schreiben würde. Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass Sie den Windpark befürworten oder ihm zumindest neutral gegenüber stehen. Und in diesem Fall müssen Sie Sich fragen lassen, zu welchem Gegenwert Sie bereit sind, zu akzeptieren, dass das Klima zwischen den Gemeinden vergiftet wird und tausende Bürger über mehrere Jahrzehnte hinweg massive Einbußen in deren Lebensqualität hinnehmen müssen.

  7. giotto
    23. September 2014 um 20:13

    Lieber Gast, Ihrem masslosen Kommentar habe ich nur zwei Dinge hinzuzufügen:

    – Respekt ist keine Einbahnstrasse. Wer ihn einfordert, muss ihn auch bringen.

    – Ich wohne seit über 20 (!) Jahren in Luftlinie ca. 600 METER (!) Entfernung von einer WKA. Keine Frage – schee is ned, aber weder ich, noch mein Partner, noch unsere Kinder sind verhaltensauffällig, körperlich krank oder sonstwie behindert, und die uns reichlich umgebenden Naturgebiete haben sich in dieser Zeit, was Flora und Fauna betrifft, prächtig entwickelt.

    Vielleicht denken Sie doch nochmal darüber nach, was ‘Existenzbedrohung’ bedeutet.

    • gast
      23. September 2014 um 23:12

      Hallo Giotto,

      ich gehe davon aus, Sie meinen nicht “Gast”, sondern “QUH-Gast”. Ansonsten würde ich Sie bitten, mir mitzuteilen welchen der Gast-Kommentare (Datum/Uhrzeit) Sie als maßlos empfinden. Danke.

    • quh
      24. September 2014 um 15:38

      Artikel gelöscht Eine Antwort auf Giotto mit persönlichen Unterstellungen und Beleidigungen mußte leider von uns gelöscht werden.