Baustellen des Bösen


“Vieux faubourgs?”

Eines der schönsten Gedichte aus Charles Baudelaires epochemachendem Zyklus “Les Fleurs du Mal” (Die Blumen des Bösen) heißt Le Cygne (Der Schwan) und es handelt davon wie sich im 19. Jahrhundert ganz Paris in eine einzige Baustelle verwandelte, die eine ganze alte Welt unter sich begrub. Den Bürgern blieb nur Melancholie:

“Paris change! mais rien dans ma melancholie
N’a bougé! palais neufs, èchafaudages, blocs,
Vieux faubourgs, tout pour moi devient allégorie,
Et mes chers souvenirs sont plus lourds que le rocs”

Übersetzt heißt das in etwa:

“Berg verändert sich! Aber mir bleibt nur die
Melancholie! Neue Paläste, Gerüste, Steinblöcke
Alte Vorstädte … alles wird zu einer Allegorie
Und meine geliebten Erinnerungen sind schwerer als Felsen.”


“Échafaudages, blocs”?

Auch ohne den 39m-Kreisverkehr und den souzialen Wohnungsbau am Ortseingang ist abzusehen, dass Berg sich für alle Zeit verändert hat, dass eine Unmenge Geld ausgegeben wird und dass die Veränderungen nicht alle zum Guten sind. Nur der Abwasserkanal wird immer schöner und größer. Dafür können die Anwohner der Etztalbreite und -straße seit Wochen ihre Häuser nur noch schwer betreten und ihnen droht, von der Gemeinde an den Erschließungskosten maßgeblich beteiligt zu werden. Hier hat sich eine Interessensgemeinschaft gebildet, die sich von der Gemeinde nicht gut behandelt fühlt (“So geht man mit seinen Bürgern nicht um!”, heißt es in einer mail an uns).


“Palais neufs”?

Andere Baustelle: Wenngleich der “Ostwall” am neuen MTV-Trainingsplatz nach der Nachfrage der QUH noch um einige Meter gesenkt wurde … so schön wie der Blick über ein Feld kann kein Wall sein. Immerhin ist die Kirche von Aufkirchen jetzt weiterhin weithin sichtbar (zumindest bis das Ballfangnetz aufgespannt wird).

Bleibt außer dern Angst vor Kreisverkehr, Wohnungsbau und Supermarkt (oder doch einem Gebrauchtwagenhändler?) am Ortseingang die Hoffnung auf die Ortsdurchfahrt, die im Zuge der Kanalarbeiten im nächsten Jahr renoviert wird. Daran hängt jetzt einiges.

“Je pense … /
A quiconque a perdu ce qui ne se retrouve
Jamais, jamais!”

(Ich denke …
An jeden, der verlor, was nimmer, nimmermehr
sich wieder findet!)

Kommentieren (1)

  1. gml
    9. September 2009 um 18:21

    Les fleurs du mal Danke für diesen journalistisch gewagten, dafür aber umso sensibleren Beitrag!

    Baustellen sind nicht gut oder böse, sondern Aufbruch in Neues und Unbekanntes, so gesehen auch Sinn des Lebens.

    Ein respektvolles Bravo!
    Jörg