“Guten Abend mal wieder!” – gestern im Gemeinderat

Der Gemeinderat – die Ortsdurchfahrt – das Windgutachten. Immer wieder die ganz großen Themen … es gibt Gemeinderäte, die sich danach sehnen, endlich wieder über Bauanfragen für Scheunen statt über “windige” Gutachten abstimmen zu können. Für all jene gab es am Ende als Zugabe noch eine Scheune: Gegen zwei Stimmen der SPD wurde in Ober-Kempfenhausen das Einvernehmen für den Neubau einer 10m hohen Scheune an der Stelle der verfallenen Gewächshäuser erteilt.


Sehnsucht nach den kleinen Themen: spektakulärer Neubau in Kempfenhausen

Den Anfang machte ein Traum, der zum Alptraum wurde: Auf 9 Bäume, 6 Parkplätze und eine über 7 m breite Straße schrumpften die ehemals großen Pläne für die Ortsdurchfahrt von Berg. Nachdem Ingenieur Ott (“Guten Abend mal wieder!”) dargelegt hatte, dass in der Ortsdurchfahrt von Berg nicht genug Platz für einen Gehweg, einen Radweg, einen Grünstreifen, einige Parkbuchten und eine Staatsstraße sei, blieb den Gemeinderat nichts anderes übrig, als dem unlängst noch abgelehnten Entwurf mit “Schutzstreifen” für Radfahrer auf der Straße doch mehrheitlich zuzustimmen.


Drei Parkbuchten und neun Bäume im lockeren Wechsel – die neue Ortsdurchfahrt Berg

Grund dafür: eine rigorose Haltung des Straßenbauamtes, das auf 7 m Fahrbahnbreite (“unumstößliches Minimum”) besteht und freundliche Nachfragen brüsk mit “Nein!” beantwortet. Dem Rat wurde seine Ohnmacht demonstriert. Der rollende Verkehr geht vor. Radfahrer, die von Süden kommen, müssen jetzt in Berg zweimal die Straße überqueren. Es blieb eigentlich nur die Gestaltung von Pflaster und Lampen in der Hand der Gemeinde Berg. Nach fast 3 Jahren Planung wurde nach großer Anfangseuphorie (“Glückshormone”) am Ende resignierend ein Entwurf angenommen, den man im September noch abgelehnt hatte (vgl.: /?p=2444/ ). Offenbar ist planerisch nichts anderes machbar. Eine Tragödie.


Anders aber nicht schöner: Baubeginn Ortsdurchfahrt Frühjahr 2012

Der nächste Auftritt (“Guten Abend, meine Damen und Herren!”): Dr. Guttenberger (seines Zeichens Ingenieur, nicht adlig, leger im Pulli und rechtmäßig promoviert). Er stellte das Windgutachten für die “Wadlhauser Gräben” vor und schaffte es, zu diesem mit Spannung erwarteten Thema so gut wie nichts Neues zu erzählen. Ein paar Mal erschien sein Vortrag sogar nicht ganz auf der Höhe der Entwicklung. So sprach er von 5-7 Windrädern, worauf BM Monn intervenierte. Guttenberger gestand, dass bei der Windkraftnutzung “immer ein gewisses Risiko vorhanden” sei. Für die Gräben sagte er durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von teilweise unter und teilweise über 6,0 m/s voraus (was wichtig wäre, da dies die Rentabilitätsgrenze sein könnte). Befragt nach der Verläßlichkeit seiner Aussagen (GR Grundmann/QUH) gab er keine verläßlichen Aussagen, sondern schwankte zwischen 5% und 15% möglicher Abweichung. Auf die Frage “Haben Sie hier in der Gegend schon gemessen?” (GR Ammer/QUH) gab es hingegen ein klares “Nein!” als Ántwort. Grund: “Im Voralpenraum war für die Windenergie bisher nichts zu holen”. Die hier im Blog diskutierten, viel niedrigeren Messwerte des “Aviators” aus Oberpfaffenhofen konnte (oder wollte) er nicht erklären. Und ja, Messungen (vehement: GR Haslbeck/CSU) würden natürlich weiter helfen, aber ob sie viel mehr aussagen würden, könnte er nicht versprechen.

“Windig” nannte ein Gemeinderat den Auftritt des Experten hinterher. Auch der Bürgermeister schien nicht ganz überzeugt. Jedenfalls änderte er nach der Diskussion den Beschlußvorschlag, der ursprünglich eine sofortige Auftragsvorgabe vorgesehen hatte: Das Ingenieurbüro “Wind & Regen” solle “schnellstmöglich” einen Vorschlag für eine ca. 4 monatige Messung unterbreiten. – Der Gemeinderat sprach sich geschlossen für die Notwendigkeit einer solchen Messung aus, die allerdings aus Kostengründen nur mit Lasertechnik (Kosten: 30-40.000€) und nicht mittels eines 150m hohen Turmes geschehen wird.

Die geschickteste Frage des Abends stellte GR Streitberger (SPD) an den anwesenden Vertreter der Stadtwerke München. Anders als der Berger Gemeinderat sei er doch sicher nicht so “unbeleckt”, was dieses Thema betreffe … “Äh … naja man habe noch nie Messungen durchgeführt und sei überzeugt, dass sie hier verzichtbar seien”. – Da hatten alle anderen Sachverständigen den Bergern etwas anderes erzählt. Und überhaupt sickerte durch, dass auch die Stadtwerke durchaus nicht in der Lage seien ein solches Rad zu errichten oder zu warten. Sie würden auch nur mit dem Anlagenbauer kooperieren. … Wozu braucht man sie dann?

Kommentieren (9)

  1. QUH-Gast
    30. November 2011 um 11:15

    Bravo, ahnt man also selbst in Berg langsam, dass man möglicherweise verarscht wird:
    + Gutachter, die nicht wissen, ob sie den eigenen Messwerten trauen dürfen …
    + Projektpartner, die bislang nur Fremdleistungen eingekauft haben …
    + Vorreiterrolle in einer Planung von 14 Gemeinden, von denen dann sage und schreibe 4 Flächen haben (Berg und Starberg, letztere erst nach trickreicher Windvermehrung; Andechs, Pöcking: eine gemeinsame Miniaturfläche. Dagegen: Tutzing, Feldafing, Herrsching: keine Fläche; Wörthsee, Weßling, Seefeld, Krailling, Gauting: negativ/einschränkend wg. Luftfahrt; Inning, Gilching: nur Flächen mit (größtem) Naturschutz-Risiko)
    + Beschränkung der Anlagenzahl auf lächerliche 4 Stück in einer Riesenfläche für mindestens 12 oder mehr, um den Flächennutzungsplan so auch ganz bestimmt zur Makulatur zu machen …

    Schade, dass Dieter Bohlen nicht einen Preis für die “klügste” Gemeinde Deutschlands auslobt.

  2. QUH-Gast
    30. November 2011 um 11:49

    Und … … die nächste An-der-Nase-Herumführung steht an mit der Ortsdurchfahrtsgesteltung.
    Wozu macht man sich Gedanken, wenn am Ende des Tages doch nur wieder irgendwer über die Köpfe der Räte hinwegentscheidet.
    Das wird auch früher oder später in Bezug auf den Windenergieplan Berg/Starnberg/Bayern geschehen – Dann heissts: ‘Basta’ und wir haben die Kröte zu schlucken.
    Der einzige Vorteil, den diese ganze Posse hat, ist, dass das geplante exponierte Windrad des Pioniers von der Maxhöhe, den Aufkirchnern erspart bleibt. Der gute Mann kann sein Rad dann evtl. ja auch in den Wind-losen-park in die Gräben stellen.

  3. Nicht ob sondern wo
    30. November 2011 um 13:10

    Seltsamer Gutachter Wenn Gutachter für das, was sie prognostizieren und die Folgen daraus haften würden, dann würden die Gutachten selbst sicher deutlich anders – vorsichtiger und weniger verheißungsvoll – ausfallen (und wegen der allfälligen Versicherung erheblich teurer sein). Wenn der QUH-Bericht zutrifft, dann ist dieser spezielle Gutachter jedenfalls recht “windig”: Er sollte eigentlich wissen, dass man Messwerte sich nicht zu erklären, sondern einfach als physikalische Realität hinzunehmen hat (es sei denn, man hätte Grund zur Annahme (systematischer) Messfehler, der aber in diesem Fall wohl nicht gegeben ist). Und dass Messungen “natürlich weiter helfen” versteht sich doch irgendwie – was hilft denn sonst? Warum konnte der Gutachter dann aber ausgerechnet die einzige Sache, die eigentlich jedem von vornherein klar sein sollte, “nicht versprechen”, nämlich dass Messungen “viel mehr aussagen würden”?! Messungen sagen aus, wieviel Wind wann wo auf welcher Höhe blies. Und das will man wissen.
    Übrigens sind 8.000 bis 10.000 Euro pro Monat ziemlich deftig für eine Lasermessung. Und übrigens sind 4 Monate viel zu kurz; das bringt nichts, weil man danach wieder unsicher sein wird, was die Messung eigentlich aussagt. (Sollte der Gutachter diesen letzten Punkt gemeint haben, dann hat er allerdings recht.)

  4. BuergerBerg
    30. November 2011 um 19:10

    Weitere Punkte Was ist denn mit dem neuen Einheimischen-Modell für Berg rausgekommen?
    War doch gestern auch im GR.
    Danke
    BB

    • quh
      30. November 2011 um 22:47

      Der Punkt … wurde vertagt, sorry!

  5. QUH-Gast
    30. November 2011 um 23:02

    Vorsicht: Nepper, Schlepper, Bauernfänger! Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen: Da will ein Konsortium aus Berger Gemeinde und SWM, am besten noch mit einem Haufen begeisterter Bürger an Bord, einen Kleinwindpark mit 4 WEA errichten und so locker vom Hocker mal eben 15 Millionen Euro investieren und man ist nicht bereit
    a) überhaupt zu messen, ob Wind weht (SWM)
    b) länger als 4 Monate zu messen (Berg).
    Ja wo samma denn? Würde man 150.000 Euro für eine anständige Messung ausgeben, dann wäre das ein winziges Prozentchen der Gesamtsumme. Das sollte man sich wohl schon noch abknausern können, wenn man hinterher bei Banken oder – noch schlimmer – beim Bürger vorstellig werden will, um mit 6-10% Rendite (O’Ton Monn) zu werben. Was gedenkt man denn auf den Produktflyer hochglänzend zu schreiben? Vielleicht im Kleingedruckten: “Eine Pleite können wir zwar nicht garantieren, sie ist aber nach besten Kräften vorbereitet.”? Das ist Verantwortungslosigkeit in Reinkultur, gemeindeamtliche Trail and Error-Politik, nichts sonst! Kein Wunder wenn da überforderte Gemeindräte sich geläufigere Themen zurückwünschen. Immerhin ein erster Schritt der Selbsterkenntnis!

    • ammer
      1. Dezember 2011 um 12:01

      Überforderung Die scheint mir hier eher auf Rezipientenseite zu liegen.

    • quh
      1. Dezember 2011 um 21:58

      Ein schöner Link Wir haben uns erlaubt, die sehr lange URL von QUH-Gast zu kürzen – der neue Link führt auf denselben Artikel.
      QUH-Gast schrieb dazu:

      EIN SCHÖNER LINK
      von allgemeinem Interesse für alle Windkraft-Interessierten:

      http://bit.ly/t7xOc4

  6. QUH-Gast
    9. Dezember 2011 um 17:33

    Landkreis-Windparks in 3D Beeindruckende (um nicht zu sagen bedrückende) 3D-Darstellungen sämtlicher kommenden Landkreis-Windparks findet der Interessierte hier:

    http://gegenwind-starnberg.de

    Auch der größte Windkraft-Befürworter kann sich nun vorstellen, was es bedeutet, wenn Herrn Kühnels Versuche das Planungsrecht auszulegen scheitern sollten.