Im Nachhinein sollte das Motto der Ausstellung im Berger Rathaus reichlich makaber erscheinen: “Menschen sterben, Geschlechter vergehen – ein Dorf bleibt.” – Bürgermeister Ücker wird am 27. Juni 1994 die Ausstellung zum 100. Geburtstag im Berger Rathaus im Rathaus eröffnen. Seit 16 Jahren, seit 1978 war Josef Ücker bereits im Amt und hatte mit dem örtlichen CSU-Vorsitzenden oder der Leiterin der Volksschule manch heftigen Kampf ausgefochten.
Einmal stand Josef Ücker gar im SPIEGEL, als er es wagte, gegen den übermächtigen Vorsitzenden Strauß aufzubegehren: “Der amtierende Bürgermeister Josef Ücker von der CSU hat sich mit acht CSU-Gemeinderäten zu einer “Bürgergemeinschaft” gegen die örtliche CSU zusammengetan. Überdies stehen örtliche Honoratioren wie Josef Wacker (“Einigkeit Höhenrain”) oder Beni Demmler (“Bachhauser Geißbockverein”) auf seiner Seite – gegen die “bedingungslosen Intentionen des CSU-Ortsvorsitzenden”.”
Auch um Oskar Maria Graf hatte es manchen Streit gegeben: die Weigerung der Berger in einer “Oskar Maria Graf Straße” zu leben beispielsweise, die Straße mußte dann schlicht “Grafstraße” genannt werden. Frau Annemarie Koch-Graf, oder Annamirl, wie man die Tochter von O.M. Graf nannte, hielt viel auf ‚ihren’ Bürgermeister: Ihm vor allem sei zu danken, dass sich anlässlich des 100. Geburtstages der Geburtsort zu einer gewissen Wertschätzung bereit fand. Bürgermeister Ücker hatte den neuen Schulnamen auf den Weg gebracht und das Aufkirchner Denkmal – im Gegensatz zu dem der Landeshauptstadt – termingerecht enthüllen lassen.
Ullrich Dittmann, Vorsitzender der Oskar-Maria-Graf-Gesellschaft und selbst ehemals Gemeinderat in Seefeld erinnert sich an den Vormittag dieses heißen Sommertages: “Von unseren gemeinsamen Auftritten bei den Terminen für die Zeitungen erinnere ich vor allem den 27. Juni 1994 in der noblen Grützner-Stube des Münchner Rathauses: An einem besonders heißen Sommertag fand die große Pressekonferenz der an den Centenarveranstaltungen beteiligten Orte und Leute statt: Herr Ücker saß neben mir, er hatte zwei in steiler Sütterlin beschriebene Zettel mit den Berger Terminen für Ausstellung, Festzelt und Lesungen vor sich. Die Tinte verlief, denn schwere Schweißtropfen rannen von seiner Stirn ins Manuskript. Er hat den Tag vor Grafs Todesdatum im Jahr 1967 nicht überlebt.
Karl Brunnhuber, der 2. Bürgermeister von Berg, der bei der Wahl 1990 47% Stimmen als Gegenkandidat gegen Ücker bekommen hatte, weiß wie es am Nachmittag weiterging:
“Eigentlich war der 27.Juni 1994 war für Josef Ücker ein erfolgreicher Tag: Die Architektenverträge für die neue Grundschule sind endlich unterschrieben und heute ist auch die Einweihung der Oskar-Maria-Graf-Ausstellung zum 100. Geburtstag des Schriftstellers. Viele Jahre hatte es gedauert, bis die Gemeinde Berg bereit war Oskar-Maria Graf zu ehren. Bürgermeister Ücker sollte im mit 120 – 150 Besuchern vollbesetzten Sitzungssaal die Eröffnungsrede halten.”
Kurz nach Beginn seiner Rede brach Josef Ücker am Stehtisch zusammen. Die Rufe im Saal nach einem Arzt waren umsonst. Die Höhenrainer “First Responder”, die man heute per Handy rufen würde, gab es noch nicht. Dr. Theobald, der nach über 30 Minuten als erster Arzt im Rathaus eintraf, versuchte Josef Ücker zu reanimieren. Leider war es hierfür zu spät. Bürgermeister Ücker starb am Ort seines Schaffens an Herzversagen. Oskar Maria Graf hätte womöglich eine große Geschichte aus diesem Stoff gemacht.
Ulrich Dittmann fragt sich noch heute: “Was hätte er wohl sagen wollen an diesem Festtag zu Ehren des größten bairischen Erzählers, der aus ‚seiner’ Gemeinde kam?”
Das tragische Unglück hat Auswirkungen bis auf die heutige Zeit. Denn aus diesem Grund wurden bis zum letzten Jahr die Bürgermeister unabhängig vom Gemeinderat gewählt, weshalb Berg im März nächsten nur den Gemeinderat wählt. Wobei wir beim nächsten Thema wären:
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Warum sich die QUH mit Ücker auf Graf beruft Weil die Bürgermeister in Berg seit Ückers Tod unabhängig vom Gemeinderat gewählt wurden, nahmen immer weniger Kandidaten die demokratische Mühsal auf sich, gegen den Amtsinhaber zu kandidieren. Seit BM Monn sich 2000 gegen seinen Vorgänger Ullmann durchgesetzt hatte, wollte/traute sich niemand mehr gegen ihn zu kandidieren. Dies ist bekanntlich die Geburtsstunde der QUH im Jahre 2006, die es also gibt, weil ein Bürgermeister während einer Gedenkrede zum 100, Geburtstag von Oskar Maria Graf tot umgefallen ist.