Von der Wurst- zur Wohnfabrik – Bericht von der 1. Gemeinderatssitzung 2014

Eigentlich gab es nur einen wichtigen Tagesordnungspunkt bei der ersten Sitzung des Berger Gemeinderates 2014: die Zukunft des Grundstückes der ehem. Wurstfabrik Riedl. Vorher aber kam es zu einem ungewohnt heftigen Schlagabtausch wegen der Absage der Rathaus-Sondersitzung nächste Woche durch den Bürgermeister.


Die “gute Stube” von Berg

Selbst nicht im Verdacht des Revoluzzertums stehende Gemeinderäte wie Anke Sokolowski (FDP) oder Robert Wammetsberger (CSU) – sonst eher schweigsam im Rat – bemängelten, die Absage der Rathaus-Sondersitzung aus der Zeitung erfahren zu haben. Es habe gar keine Absage gegeben, weil es keine förmliche Einladung gegeben habe, versuchte sich BGM Monn herauszureden, hatte aber Pech, weil das herumgereichte Protokoll sich gerade bei der QUH befand. Andreas Ammer (QUH-Listenplatz 3) fand sofort den Passus, der belegt, dass der Gemeinderat die Verwaltung sogar offiziell beauftragt hat, eine Sondersitzung zum Thema für den 21.1. vorzubereiten. Tja, da kneift jemand.

Auch ein Meinungsmonopol scheint der Bürgermeister für sich in Anspruch zu nehmen und beklagte sich unter anderem über das Zeitungs-Statement von Elke Link (QUH-Listenplatz 1), die die vorgestellten Überlegungen für einen Neubau in Aufkirchen als „zu groß, zu teuer, zu unschön“ bezeichnet hatte. Es handele sich natürlich nicht um “vollendete Tatsachen” wandte der Bürgermeister ein. Man solle das Thema “sachlich und fundiert” angehen. Auch da ein “Tja” – das einzige Fundament das es bislang gibt, ist der Raumplan des beauftragten Architekturbüros, das das Aufkirchen-Projekt – wie die CSU es bezeichnete – als “alternativlos” vorgestellt hatte. Und offiziell vorgestellte Raumpläne wird man doch noch als „zu groß, zu teuer, zu unschön“ bezeichnen dürfen (mehr darüber morgen in: “DAS BERGER BLATT”).

Der Bürgermeister ließ daraufhin einen Brief verteilen, in dem das weitere Vorgehen zum Thema “Rathausneubau” festgelegt wurde: bis 11.2. mögen die Fraktionen schriftlich Vorschläge zum neuen Standort einzureichen. Voraussetzung: Infrastruktur und Erwerbsmöglichkeit müßten gesichert sein, Mindestgröße des Grundstückes 2.500 qm. Eine Rüge für die freie Meinungsäußerung einzelner Parteien gab es obendrein schriftlich: es wurden nämlich “Vorschläge, die noch nicht geprüft, geplant oder erarbeitet wurden von einzelnen Parteien oder Wählergruppierungen ausgeschlossen“. – Mit Verlaub, Herr Bürgermeister, dass ist die Aufgabe von Parteien und Wählergruppierungen, sich eine Meinung zu politischen Vorschlägen zu bilden, diese kund zu tun und zur Wahl zu stellen.

Auch vom zweiten Großthema „Windenergie“ hatte es von Ministerpräsidentenseite in der letzten Woche Neues gegeben (vgl. den Artikel im QUH-Blog: „10H steht und fällt …“). BG Monn fand die Haltung seines Ministerpräsidenten zur Windenergie, die de facto einem Verbot gleichkommt, „nicht nachvollziehbar“. Er vermutete, sie sei „rechtlich nicht abgedeckt“ und gestand ein, „frustriert“ zu sein, weil man es in Berg mit der Energiewende erntst gemeint habe. Wir haben viel Zeit, Energie und auch Geld investiert, um nun zusehen zu müssen, wie „das Projekt an die Wand gefahren“ werde. Anders als beim Thema Rathaus: hier volle Zustimmung von Seiten der QUH.

Dann gings um die Zukunft der Wurst …


Die Wurstfabrik Riedl früher

… mit nur einer Gegenstimme genehmigte der Gemeinderat als Vorbescheid das Projekt einer Wohnbaugesellschaft, auf dem Grundstück der Riedl-Fabrik im Ortskern von Berg sechs Einfamilienhäuser zu errichten. Geplant werden sechs 12x12m große, zweistöckige Einfamilienhäuser mit einem 6x6m großen Garteninnenhof; Dachform: Sattel- oder Pult. Die grundsätzlichen Bedenken, die der Gemeinderat im Oktober 2012 gegenüber dem Projekt noch geäußert hatte (vgl. den damaligen Blog-Artikel /?p=1819/ ) und die damals zur Ablehnung des Projektes geführt hatten, waren irgendwie verflogen.


Die Wurstfabrik Riedel in Zukunft

Genehmigungsrechtlich mag das Projekt unbedenklich sein … rein heimatverbunden fließt dann doch ein melancholischer Wehrmutstropfen bei der derart fortgesetzten Fortplanung Bergs hin zum Einfamilienhaus-Schlafdorf. Diesmal wurden von der Verwaltung wohlweislich keine Skizzen und Pläne ausgehängt, was wohl doch zu kritischen Stimmen geführt hätte. Die Wohnungsbaufirma hingegen hat auf Zeit gespielt und gewonnen. Jetzt nimmt die Investition wohl ihren Lauf.


Dieser – 2012 vom Gemeinderat noch abgelehnte Entwurf – ähnelt dem gestern genehmigten – bis auf Dachform und Höhe der Häuser.

Der Ausbau der sogenannten “Alten Brauerei” in Berg ist hingegen vom Tisch, weil dort keine Stellplätze nachgewiesen werden können.

Kommentieren (9)

  1. Ultraschorsch
    15. Januar 2014 um 20:47

    Chic! Legoland expandiert nach Berg…

  2. MBE
    15. Januar 2014 um 23:47

    Seehofer hat kapiert was EEG und Gier anrichten Herr Seehofer hat verstanden was das EEG anrichtet. Er hat die Auswirkungen analysiert und reagiert. Das erwarte ich auch von Politikern.
    Die negativen Folgen sind nicht mehr wegzuleugnen. Positive Folgen gibt es leider aktuell keine.Ausser für die jenigen, die am Anfang des Schneeballsystems sind(Prokon) oder ihr Geld bekommen, egal ob Wind weht.
    1+1=2. Dem ist so. Auch wenn unaufhörlich ein schlauer Gutachter erklärt 1+1=3.
    Was passiert in Deutschland? Und wie reagiert Europa und die Welt darauf?
    Braunkohlekraftwerke werden hochgefahren, Gaskraftwerke nicht gebaut, Leitungen fehlen, keine industriell nutzbare Speicher auf Jahrzehnte in Sicht, Strompreise explodieren, die Wirtschaft zieht ab, unsere Nachbarn blockieren in Kürze unseren Zufallsstrom, um wenigsten ihre Netze zu stabiliseren. Heute kam raus, dass weitere 5 Kohlekraftwerke in Badenwürttemberg dürfen nicht abgeschaltet werden dürfen und bekommen dafür Millionen, die auf den Strompreis oder Netzentgelte aufgeschlagen werden. Das sind Fakten.
    Hier muss seitens der Politik reagiert werden.
    Wir müssen einen doppelten Kraftwerkspark aufbauen und dazu Netze und Speicher erfinden und bauen. Wie soll das gehen? Und wofür?
    Dass jetzt die Profiteure dieses Subventionsmolochs Alarm machen ist klar. Es wurden gezielt seit Jahren Entscheidungsträger zu Profiteuren gemacht. 253 Bundestagsabgeordnete sind offen in der Windlobby verankert. Alle Lantagsabgeordneten wurden im Vorfeld der aktuellen Klausur ausgespät und angeschrieben, um Druck zu machen. Initiiert von der Windlobby, die auch die Busse für die Demo bezahlt hat.
    Aber die Ergebnisse diese Wahnsinns sind nicht zu kaschieren. Wir laufen auf eine volkswirtschaftliche Katastrophe zu. Der Selbstbedienungsladen wird geschlossen.
    Alles was ich hier im Block in den letzten 2Jahren geäussert hatte ist eingetreten bzw. nicht widerlegt.
    Die Aussagen von Herrn Monn und seinen Gutachter wurden bereits mehrfach widerlegt. Aber hier geht es nicht um Recht haben, sondern um unsere Heimat unser Land, die Basis unseres Wohlstands und unsere Natur.
    Nochmal die Frage an die Quh:

    Welche Argumente bleiben der Quh, diesen Wahnsinn immer noch zu unterstützen?
    Bitte mal auflisten.
    Ich freu mich darauf die ” Argumente” auf den Prüfstand zu stellen.

    Seit zwei Jahren kann ich nicht herausfinden, warum der Windpark vom ersten Tag an “alternativlos” ist.
    Irgendwann werde ich herausfinden und dann wird es deutschlandweit jeder erfahren.
    Das neue Berger Rathaus ist ja auch schon wieder alternativlos.
    Sind hier auch schon Aufträge vergeben?

    • QUH-Gast
      16. Januar 2014 um 10:19

      Hoffnungslos Erwarten Sie wirklich von den Qühen Argumente?
      Diese werden nicht kommen, genausowenig wie von Herrn Monn oder den anderen, schlicht deshalb, weil es sie nicht gibt.
      Man müsste schon andere Dinge ins Feld führen, solche wie den persönlichen Vorteil, Engstirnigkeit, Wahnvorstellungen oder was einem sonst noch so einfallen mag an gängigen menschlichen Beweggründen zur Rechtfertigung sinnlosen Verhaltens. Solche Gründe wären zwar ehrlich, aber nicht chic. Sie werden also sicher nicht öffentlich gemacht. Sei’s drum.

      Auf dem Starnberger Gegenwind wir heute ja auch so schön berichtet:

      “Die Koalition in Berlin will Windräder im Binnenland nur noch fördern, wenn dort Wind über einer bestimmten Stärke weht. Der Unionsfraktionschef Volker Kauder bezweifelte bei der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth daher, dass die Windenergie in Süddeutschland noch eine keine große Zukunft haben wird: «Auch die erneuerbare Energie muss eine gewisse Produktivität haben.»
      «Sie können in einem stillen Schwarzwaldtal kein Windrad aufstellen. Wenn das im Süden nicht mehr geht, geht’s halt nicht.»”

      Man kann sich kaum vorstellen, dass so eine Entwicklung Widerhall im politischen Berg erzeugt, so groß ist dort das Ausmaß an Verstocktheit. Neuere Gutachten werden’s wohl wieder richten müssen.

    • quh
      16. Januar 2014 um 14:36

      Sagen wir es so, lieber anonymer QUH-Gast … wer uns anonym “persönlichen Vorteil, Engstirnigkeit, Wahnvorstellungen” vorwirft, darf froh sein, nicht sofort gelöscht zu werden, sondern hier als Dokument seiner eigenen Diskussionsunfähigkeit stehen zu bleiben.

  3. Stroller
    16. Januar 2014 um 11:45

    Neubau Rathaus Wer hat eigentlich festgelegt, dass Berg ein komplett neues Rathaus braucht?
    Und ist das überhaupt der Fall?
    Ich habe viele Kontakte zu Bergern, die da eine ganz andere Auffassung vertreten…..

  4. QUH-Gast
    16. Januar 2014 um 14:15

    “Einfamilienhaus-Schlafdorf” So ein bornierter Egoismus! Möcht’ wissen, welche der QUH’s in Mietskasernen wohnen? Warum also Anderen nicht ermöglichen, was man selbst längst sein Eigen nennt. Seltsames Denken. Ein anderer Punkt ist natürlich, dass die geplanten Gebäude an stilistischer Verfehlung kaum zu überbieten sind. Aber schließlich möchte man auch in Berg moderne Mammis und Papis.

    • quh
      16. Januar 2014 um 14:33

      Schlafdorf Lieber QUH-Gast … natürlich wohnt auch ein Großteil der Qühe – wie fast alle Berger – in Einfamilienhäusern. Das Argument ging eher in die Richtung, dass entgegen dem Wunsch des Gemeinderates auch hier, auf einem ehemaligen Gewerbegebiet, wo Arbeitsplätze vorhanden waren, keinerlei Läden oder Betriebe geplant werden, sondern nur Immobilien, deren Preis wahrscheinlich mit “Siebenstellig” gut beschrieben sein dürfte.

  5. QUH-Gast
    17. Januar 2014 um 19:11

    Schade! ..dass der materielle Gewinn für Wenige wichtiger ist als dafür Sorge zu tragen, dass Berg und die anderen Dörfer der Gemeinde Ihren dörflichen Charakter beibehalten.
    Bisher hat gerade dieser Umstand dafür gesorgt, dass man sich heimisch fühlen konnte und die schleichende Verstädterung, wie man Sie in fast allen München- nahen Gemeinden finden kann, sich hier noch nicht durchgesetzt hat.
    Leider jedoch wird immer mehr Bausubstanz in nicht typischer Weise für die Region errichtet. Immer mehr Glas- und Betonbauten bereichern das Bild.

    Warum, um zur Neubau-Thematik des Rathauses zu kommen, wird dieses Gelände nicht hierfür genutzt? Platz sollte hier genug geboten sein und das alte bisherige Rathaus kann auf diese Weise durch die räumliche Nähe noch sinnvoll einer gemeinnützigen Nutzung zugeführt werden. Hier biete sich die Chance Berg einen “Ortskern” zu geben und den Blick auf die Aufkirchner Kirche ungetrübt zu belassen.

    Und, wenn das Gelände schon unbedingt bebaut werden muss, dann könnte Berg dringend noch ein paar Bezahlbare Wohneinheiten zur Miete brauchen. Aber das ist ja noch unpopulärer. Damit macht man ja schließlich keine Rendite….

    Schade um Berg!

    Lg Klausi (Aufkirchen)..

    • ammer
      17. Januar 2014 um 20:00

      Lieber Klausi aus Aufkirchen Wie recht Sie haben, leider wurde uns vom Grundstückseigentümer von vorn herein klar gemacht, dass er auf diesem Grundstück nur eine kleinzellige Wohnbebauung wünscht. Klar: So kann man kleine Grundstücke samt kleinen Häusern relativ teuer verkaufen. Dies auch der Grund, weshalb es wohl nicht in Frage kommt, das Grundstück – was sinnvoll wäre – als Rathaus zu erwerben. Das könnte man sich wohl schwerlich als Gemeinde leisten, was in dieser Lage 6 Einfamilienhäuser kosten. Entsprechendes gilt auch für ein Mietshaus, das hier auch hinpassen würde … oder sogar noch ein Geschäft … alles nur ein Traum, der mit Investoreninteressen nicht vereinbar ist.

      Aber seien wir ehrlich: eine städtebauliche Zierde war die Wurstfabrik auch nicht. Allerdings ein Arbeitgeber.