Von Null auf 20% – Die Gemeinderatssitzung vom 20. Juli 2021

Wichtig an der Sitzung des Berger Gemeinderates vom Dienstag war allein der Tagesordnungspunkt 6. Am meisten Zeit verbrachte man mit TOP 3, bei dem es nichts zu entscheiden gab. Das Leben einiger Menschen verändern könnte TOP 4. 

Die Sitzung begann mit einiger Verspätung: Der Gemeinderat hatte einen Ortstermin bei “Wort des Lebens” anberaumt. Der Bürgermeister verkündete den Gewinner des Stadtradelns (das Landschulheim Kempfenhausen), bei dem über 44.000 km erstrampelt wurden. GR Andi Hlavaty fragte, ob man denn nicht – nach den Erkenntnissen des Gemeinderates in Obing (Hlavaty sprach von “Verbrüderungen”) – nicht endlich wieder im Ratssaal tagen könne? – Der Bürgermeister vertröstete auf den Herbst … bis August hatte der Landrat um Distanztagungen gebeten. Zur Erinnerung: Die neuen neuen Gemeinderäte haben noch nie im schönen Ratssaal von Berg getagt.

Das Ortsportrait im temporären Ratssaal des Gasthofs “Die Post”

Auf Antrag der Grünen gab es dann einen Vortrag der Klimaschutzmanagerin des Landkreises, Frau Josefine Anderer, die über die Möglichkeiten sprach, in einer Kommune zur Nachhaltigkeit beizutragen. Der Gemeinderat steht vor der Frage, ob er die Stelle einer/s eigenen Klimaschutzbeauftragten  schaffen soll (die ersten Jahre gäbe es dazu unter bestimmten Voraussetzungen Fördermittel).

Frau Anderer beglückwünschte die Gemeinde zunächst für die  funktionierende Bürgerbeteiligung und die Windräder. Sie wies darauf hin, dass von Berg bei Treffen der Klimaschutzbeauftragten nie jemand dabei sei. In Inning und Wörthsee gibt es solche Stellen. Pöcking fördert stattdessen einen “Klimadialog”.

In der anschließenden Diskussion gab es große Befürworter einer solchen Stelle (SPD & Grüne), in der Verwaltung und andere Skeptiker, die die 6-stelligen Beträge, die eine solche Stelle schon in den ersten 4 Jahren kostet, lieber für konkrete Projekte ausgeben würde. Problem dabei: Es gibt in der Berger Verwaltung derzeit niemanden, der sich etwa um die Vorschläge der Arbeitskreise zur Nachhaltigkeit oder Mobilität konkret bemühen kann.

Andererseits scheint – glaubt man dem Vortrag von Frau Anderer – die Tätigkeit eines solchen Energiebeauftragten viel aus Zertifizierungen und Informationsveranstaltungen ztu bestehen. Letztere leistet in Berg auch der Arbeitskreis, der für den 13.9. zu einer Informationsveranstaltung in den Marstall einladen wird.

Am Ende dankte Frau Anderer für die Zeit, die man ihr im Gemeinderat eingeräumt hatte …  es waren 62 Minuten und damit über die Hälfte der ganzen Sitzung.

Ansonsten wurde eine Wiese im Schlossgarten von Kempfenhausen für Open-Air-Trauungen gewidmet: “Ein würdiger Rahmen, wie vom Gesetzgeber vorgesehen!”, lobte der Bürgermeister. Das Stück Rasen, das den “schönsten Tag im Leben” Untergrund geben wird, heißt fortan offiziell “Schlosswiese” – Einstimmig.

Werden die Besitzer von Zweitwohnsitzen Berg jetzt verlassen?

Dann endlich TOP 6: Mit nur einer Gegenstimme der (na, raten Sie mal?) Steuervermeidungspartei FDP beschloss der Berger Gemeinderat die Einführung einer Zweitwohnsteuer. Nachdem es diese in Berg bisher nicht gegeben hatte, einigte man sich gleich auf den gesetzlichen Höchstsatz, der in Bayern bei 20% liegt.

Der Kämmerer rechnet vorsichtig mit 130.000 – 600.000 € Mehreinnahmen, als realistisches  Ziel gab er jährlich 300.000 € an. Es gibt in Berg 640 Zweitwohnungen. Erfahrungsgemäß melden sich viele dieser Wohnungsbesitzer – um die Steuer zu umgehen – mit ihrem Erstwohnsitz an (was zu höheren Stuereinnahmen führt) oder sie zahlen die Steuer (was zu höheren Steuereinnahmen führt) oder sie geben die Zweitwohnung auf (was zu mehr Wohnraum führt).

Befreit von der Steuer sind Studierende, soziale Härtefälle (Einkommen unter 25.000€) und dauerhaft nicht getrennt lebende Pendler. In der Praxis rechnet der Kämmerer Bendele “mit vielen interessanten Telefongesprächen”. Grundlage für die Steuer sind das Meldegesetz (wer über 6 Monate an einem Ort lebt, muss sich dort anmelden) und die Steuererklärung.

Abschließend gab es noch ein kurzes Resümee der Ortsbesichtigung bei WdL. Dort will man abwarten, ob die freikirchliche Einrichtung ihren Mietvertrag auf 50 Jahre verlängern kann und wie die Gespräche mit der Naturschutzbehörde laufen.

Zum Schluss verkündete der Bürgermeister noch Dramatisches: Die BRD will ihre Zivilschutzeinrichtungen (sprich Kellerbunker) auflösen.  Derzeit werden in den Räumen hauptsächlich Schilder gelagert. Dann gingen die Ratsmitglieder hinaus in die dunkelblaue Stunde:

 

Kommentieren (1)

  1. Susanne Polewsky
    22. Juli 2021 um 15:20

    Liebe QUH,

    es ist ja ehrenwert, dass Ihr das Geld für die Klimamanager-Stelle gleich für “Projekte” ausgeben wollt.
    Ich befürchte allerdings, es gibt dann niemanden zur Betreuung dieser Klimaschutzprojekte.
    Ein sog. “Manager” hätte m. E. genau diese Aufgabe, darüber hinaus aber Schnittstellenfunktion – zwischen Gemeinde, Verwaltung und Bürgern, sowie Unterstützung von Verwaltungs- und Gemeinderatsentscheidungen, Öffentlichkeitsarbeit etc.
    Insofern eine zentrale Aufgabe – denn wir als MKommune wollen / müssen ja auch bis 2035 klimaneutral werden!