Der Familiengottesdienst im Katharina-vonBora-Haus Heiligabend 2014 (Photo Ev. Kirchengemeinde Berg)
Wo für alle anderen Ruhe und Frieden herrschen soll, sind sie besonders gefordert. Die QUH sprach kurz vor Weihnachten mit unseren beiden Pfarrern über ihren Werdegang. “Live” bei der Arbeit kann man unsere Pfarrer morgen wieder erleben: Pfarrer Wandachowicz morgen um 9 bei der traditionellen Pferdesegnung in Mörlbach, dann um 10.30 beim Festgottesdienst in Aufkrichen und um 17 Uhr bei der Waldweihnacht. Und Pfarrer Habdanks Weihnachtspredigt kann man sogar jederzeit hier hachhören: http://evgberg.de/pages/zum-nachlesen/audio-zum-nachhoeren/predigt-pfarrer-habdank-heiligabend-2014.php
Hinter dem letzten unserer Türchen – zu Heiligabend – verbergen sich unsere Berger Pfarrer, die beide freundlicherweise unsere Fragen beantwortet haben: Pfarrer Piotr Wandachowicz für den Pfarrverband Aufkirchen, Höhenrain, Percha und Wangen, Pfarrer Johannes Habdank für die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Berg.
Pfarrer Piotr Wandachowicz
QUH: Wie wird man eigentlich Pfarrer? Oder wie lautet die korrekte Berufsbezeichnung?
Piotr Wandachowicz: “‘Priester’ wäre die korrekte Berufsbezeichnung. Ich bin ein Christ, der eine Berufung zum ‘Priester’ erspürt und entwickelt hat und durch die Weihe zum Priester geworden ist. Die Bezeichnung ‘Pfarrer’ beschreibt eine konkrete Aufgabe: nämlich einer Pfarrei (heutzutage einer Gemeinschaft von Pfarreien) vorzustehen und sie geistlich und administrativ zu leiten.”
QUH: Was machen Sie denn so den ganzen Tag? Wie sieht ein normaler Tagesablauf bei Ihnen aus?
Piotr Wandachowicz: “Der Tag beginnt mit den Priestergebeten, die für uns Priester zu unserem ‘Dienst’ gehören (Stundengebete). Ein fester Punkt des Tages ist die Feier der Hl. Messe (entweder morgens oder abends). Es folgt eine Zeit, die ich im Pfarrbüro verbringe, und zwar nach einer geregelten Planung: Dienstag Aufkirchen, Mittwoch Percha, Donnerstag Höhenrain und Freitag Aufkirchen.
Das bedeutet nicht, dass ich nur im Pfarrbüro anzutreffen bin, wo ich für Termine zur Verfügung stehe oder die Post bearbeite, anstehende Gottesdienste oder die Predigten vorbereite. Am Mittwoch und Donnerstag zum Beispiel besuche ich die Kindergärten Percha und Aufkirchen und stehe der Leitung sowie dem Personal, aber auch den Kindern zur Verfügung.
Vormittags finden auch oft Ortstermine statt, bei denen es um den Unterhalt der Kirchen oder verschiedener Gebäude geht. Vormittags ist auch die Zeit für Trauergespräche und Trauergottesdienste, während nachmittags oder abends Taufgespräche oder Traugespräche stattfinden. Ebenfalls am Nachmittag gibt es die Gruppenarbeit: unsere Erstkommunion- und Firmvorbereitung, die ich auch eng begleite.
Vormittags und nachmittags stehe ich für die Krankensalbung bereit. Zu unserem Gemeindegebiet gehören auch die Schönklinik in Kempfenhausen und das Seniorenheim/ Malteser in Percha.
Da ich mit den Ehrenamtlichen in vielen Gremien zusammenarbeite, sind oft die Abende für sie reserviert (z.B. PGR-Sitzungen; Kirchenverwaltungssitzungen in 4 Pfarreien, Arbeitsgruppen usw.).
Bei all dem festen Tagesablauf, der sehr wichtig ist, verlangt mein Dienst ein großes Maß an Flexibilität. Aber das macht meine Arbeit gerade spannend.
Der Tag endet in den späten Abendstunden mit dem letzten Stundengebet, der Komplet.”
QUH: Ein schönstes/schlimmes/beeindruckendstes Erlebnis?
Piotr Wandachowicz: “Ich würde gerne kurz vor Weihnachten das Schöne ansprechen; ich denke an den einen oder anderen schwierigen Moment, wo ich als Seelsorger auf den ersten Blick nicht weiterwusste, aber dann sich durch ein offenes Gespräch plötzlich Möglichkeiten auftaten. Das macht mich glücklich …”
QUH: Was ist das Besondere daran, diesen Beruf in Berg auszuüben?
Piotr Wandachowicz: “Sie meinen neben der schönen Natur am Starnberger See … Es ist für mich schon sehr spannend, in Berg zu arbeiten. Erstens, hier arbeitet man nicht ‘anonym’, wie es in den großen Pfarrgemeinden der Fall sein kann. Hier ist für mich alles sehr persönlich; trotz der vier Pfarreien, die ich zu leiten habe, sage ich immer, es ist ‘noch’ überschaubar, besonders wenn man von Aufkirchen aus nach links und rechts schaut.
Ein wichtiger Punkt ist: Seit Jahrzehnten pflegt Aufkirchen gute ökumenische Zusammenarbeit mit der Evangelischen Gemeinde Berg. Berg ist mit seinen vielen Vereinen sehr reich an Tradition und Brauchtum und Engagement. Hier spürt man auch die Bayrische Geschichte (Nähe zum königlichen Schloss; Wallfahrtskirche mit ihrer fünfhundertjährigen Geschichte). Die Begegnungen mit vielen interessanten Menschen, die hier wohnen; das alles macht mich ein Stück reicher!”
QUH: Ihr Traumberuf? Oder: Was wollten Sie eigentlich werden?
Piotr Wandachowicz: “Die meiste Zeit … Ich wollte ‘immer’ Priester werden …auch wenn ich zuerst Maschinenbau gelernt habe.”
QUH: Sind Sie politisch aktiv?
Piotr Wandachowicz: “Ich gehöre keiner Partei an; aber das bedeutet nicht, dass ich a-politisch bin. Wenn man Politik als Einsatz für das allgemeine Wohl versteht (Politeia!), wie ich die Politik verstehe, dann bin ich politisch aktiv, und zwar in vielen Bereichen … Übrigens, ich habe auch ein Programm: das Evangelium!”
Nun folgen die Antworten des evangelischen Pfarrers Johannes Habdank.
Pfarrer Johannes Habdank
QUH: Wie wird man eigentlich evangelischer Gemeindepfarrer?
Johannes Habdank: “Wie ‘man’ das wird, ist bei jedem und jeder – es können in der evangelischen Kirche ja auch Frauen werden, werden es auch immer mehr – biografisch ganz unterschiedlich. Manche wissen schon vor dem Theologiestudium, dass sie einmal PfarrerIn werden wollen. Bei mir war das nicht so, auch wenn ich vom Elternhaus christlich geprägt bin, durchaus kirchenkritisch. So habe ich Theologie studiert, weil ich für mich wissen wollte, was an der christlichen Religion heute dran ist und für mich vertretbar ist. Das Studium in München war sehr modernitätsorientiert und eng verknüpft mit Soziologie und Philosophie. Da ich mir nicht sicher war, ob ich bei der Kirche landen will, habe ich parallel Volkswirtschaft studiert, um mir ein zweites Standbein zu sichern. Nach beiden Studien kam das Vikariat (theoriebegleitete Praxisjahre für die Pfarrerausbildung), in denen ich gemerkt habe, dass ich tatsächlich Pfarrer werden könnte, weil ich mich dafür geeignet sehe. Ich bin aber dann wegen eines guten Angebots erstmal in die Diakonie gegangen und habe beim Augustinum 14 Jahre in der Leitung von Seniorenwohnstiften (mittelständische Betriebsgrößen) als Sozialmanager gearbeitet. Und dann kam alles neu: Als 2009 die Pfarrstelle hier in Berg frei wurde – Berg ist seit 1979 meine Heimatgemeinde – habe ich mich zum Berufswechsel entschieden und bin seit September 2009 hier in Berg evangelischer Gemeindepfarrer. So war´s bei mir.
QUH: Wie sieht ein normaler Tagesablauf bei Ihnen aus?
Johannes Habdank: “‘Normal’ gibt´s nicht. Es gibt viele Standardtermine wöchentlich oder monatlich (Religions- und Konfirmandenunterricht, Sitzungen mit dem Kirchenvorstand, im Dekanat oder in der Diakonie als Diakoniebeauftragter für das Dekanat Weilheim und für das Diakonische Werk Oberland und den Ökumenischen Kranken- und Altenpflegeverein Berg/Aufkirchen) – aber das sogenannte ‘Tagesgeschäft’ ist terminlich völlig unberechenbar. Ich arbeite gerne und viel nicht nur untertags, aber auch abends und nachts, weil ich dann ungestört Zeit habe, die Gottesdienste und Reden, Religionsunterricht, Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen vorzubereiten. Untertags gehe ich aber gerne auch mal einkaufen, wo man viele Leute trifft, und hole regelmäßig meine Tochter Sophie vom Hort ab. Jeden Mittwoch spiele ich mittags den Schülerlotsen in Aufkirchen, da habe ich auch nette Begegnungen. Ich habe 1 von 7 Tagen der Woche frei, nach Möglichkeit den Donnerstag.
QUH: Ihr schönstes Erlebnis?
Johannes Habdank: “Zu den schönsten Erlebnissen der letzten Zeit gehört für mich, dass ich am Stundenbeginn in der Oskar Maria Graf Schule eine Tafelanschrift vorgefunden habe: ‘Lieber Herr Habdank, wir mögen dich (alle)!’ Ja, man ist als Pfarrer auch auf positive Rückmeldungen angewiesen, emotional und sachlich bestätigende, aber auch auf kritische Rückmeldungen.
QUH: Was ist das Besondere daran, diesen Beruf in Berg auszuüben?
Johannes Habdank: “Ich hätte wahrscheinlich den Beruf des Gemeindepfarrers nicht übernommen, wenn es nicht die Chance hier in Berg gegeben hätte, diesen ‘Job’ zu übernehmen. Ich kann mir momentan auch nicht vorstellen, irgendwo anders als hier in Berg Pfarrer zu sein. Warum? Weil es seit meinem 16. Lebensjahr meine Heimat ist und weil es wohl kaum irgendwoanders schöner sein könnte! Selbst wenn ich zu einem Trauergespräch fahre, kann ich die Route immer so wählen, dass ich auf der Hin- oder Rückfahrt am See entlang fahre oder den Bergblick genießen kann. Herz, was willst Du mehr!? Und die bildungsbürgerliche Struktur meiner evangelischen Gemeinde mit den überdurchschnittlich vielen ehrenamtlichen Engagierten und der traditionell guten Ökumene kommt mir sehr entgegen, besser geht´s nicht!
QUH: Ihr Traumberuf?
Johannes Habdank: “Als ich 2001 im Augustinum in München die Stiftsdirektion übernommen habe, titelte die SZ im Münchner Lokalteil über mich: ‘Mein Hobby ist mein Beruf!’ Nach meinem Berufswechsel ins Gemeindepfarramt würde ich es nicht anders sagen. Die Bandbreite meines jetzigen Berufs ist viel größer, ich bin an sehr vielen, ganz verschiedenen Menschen noch näher dran – das ist bestens so! Auch meine Frau Regine und unser Kind Sophie fühlen sich hier sehr gut aufgenommen, schöner können wir es hier nicht haben! Das macht meinen Beruf hier in Berg zusätzlich wertvoll.
QUH: Sind Sie politisch aktiv?
Johannes Habdank: “Ich war einmal parteipolitisch aktiv, lasse aber seit der Übernahme dieser Gemeindestelle alle parteipolitischen Aktivitäten ruhen, weil es gut ist, wenn der Gemeindepfarrer politisch neutral ist. Natürlich ist man als Pfarrer aus ethisch-gesellschaftlichen Gründen immer auch politisch herausgefordert und zur Stellungnahme gefragt. Aber ich denke, das Hauptanliegen des Pfarrers ist primär das der religiösen Lebensdeutung in allen Lebenslagen und nicht, immer und überall seinen moralischen Senf zu allem und jedem abzugeben, wie es allerdings die Evangelische Kirche in Deutschland ständig tut – nein: aktuelle Lebensdeutung und Lebensbegleitung für die Menschen im unaufdringlichen Modus und in einem ihnen verständlichen religiösen Horizont, darum geht es mir.