Der Raum voll, die Tagesordnung lang. Doch was viele in der Gemeinde derzeit bewegt, stand gar nicht auf dem Programm.
Bauen – das große Thema der gestrigen Sitzung – hier der Bürgermeister-Josef-Ücker-Ring im Entstehen
Bauen, wohnen, planen allenthalben. Wer darf was wo? Wer will was wann?
Zunächst informierte der Bürgermeister über den Fortgang der europaweiten Ausschreibung für das Wohngebäude, das der Zweckverband Wohnen in der Osterfelderstraße errichten will. Drei von sechs Architekturbüros, die sich beteiligen wollten, gaben ab, die Entwürfe waren jedoch unzufriedenstellend. Die Büros wurden zur Nachbesserung aufgefordert.
Dann ging es an das erste heiße Eisen: die “Strabs“. Die ist weniger sexy, als sich das Wort anhört – es geht um die Straßenausbaubeitragssatzung, über die Anwohner am Ausbau von Straßen beteiligt werden. Handelt es sich um eine Ersterschließung, ist der Beitrag noch höher, bis zu 90%. Betroffen waren in den letzten Jahren z.B. die Anwohner am Schatzlanger, in der Perchaer Straße, in der Kempfenhausener Straße und im Etztal. Dieser Beitrag sei eine untragbare “Belastung für die Bürger”, klagte GR Dr. Haslbeck. Auch die QUH hatte im letzten Jahr die Abschaffung der Satzung beantragt, dann jedoch den Antrag aufgrund der Rechtsprechung in Starnberg zurückgezogen. “Die Gerichte entscheiden eindeutig”, meinte Bgm. Monn. “Auch ich halte die Satzung nicht für gerecht, aber unsere Gemeinde wurde 2002 gezwungen, sie einzuführen, weil eine Kreditaufnahme nötig war.” Er vermutet, dass die Satzung womöglich vor der Landtagswahl noch kippt.
Richtig viel Arbeit gemacht hat sich Kämmerin Dorothea Klempnow. Sie überarbeitete die Einheimischenmodellrichtlinie entsprechend den Änderungen, die der Gemeinderat im Juli beschlossen hat, und trug diese hochkomplizierten Vergabemodalitäten vor. Die wichtigsten Punkte: Es wird auch Grundvermögen außerhalb des Gemeindegebiets berücksichtigt, die gesetzlichen Rentenansprüche hingegen werden nicht auf das Vermögen angerechnet, genauso wenig wie Elternvermögen. Derzeit ist noch ein Grundstück in Bachhausen zu vergeben. “Das Ei des Kolumbus hat keiner gefunden”, meinte GR und 2 Bgm. Hlavaty, “aber so weitreichende Gedanken wie wir hat sich kaum eine Gemeinde gemacht. Die Gerichte räumen den Gemeinden meistens auch einigen Ermessensspielraum ein.”
Knapp abgelehnt wurde der Antrag auf einen Anbau an ein Nebengebäude in Höhenrain. Die Inhaberin eines Pflegedienstes möchte die Räumlichkeiten für ihre Mitarbeiter nutzen und zusätzlich eine Wohnung. Der Teil des Gartens liegt jedoch im Landschaftsschutzgebiet und Außenbereich. Seltsamerweise ist nebenan 2002 ein Wohngebäude genehmigt worden. Der Gemeinderat war gespalten – einerseits schätzt man die Arbeit des Pflegedienstes, kann jedoch allein aufgrund der Nutzung – die dann ja nicht für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt wäre – keine Baugenehmigung erteilen. Der Antrag wurde mit 10:9 Stimmen abgelehnt.
Auch das Bauamt war fleißig: Drei Bebauungspläne wurden nach der Auslegung abgewogen und dem Rat zum Beschluss vorgelegt. Alle drei – Harkirchen, Etztal und Naturdenkmal Gletscherschliff – werden erneut ausgelegt. Neu beschlossen wurde die Aufstellung des Bebauungsplans “Aufkirchner Osthang“. “Da waren wir mal rechtzeitig dran”, meinte der Bürgermeister. Im Planungsgebiet gibt es bereits vier Anträge und drei freie Grundstücke. Die Veränderungssperre wird heute bekanntgemacht. Zwei Vorbescheidsanfragen für dieses Gebiet, die auf der Tagesordnung standen, wurden aus diesem Grund von selbiger genommen.
Unter Verschiedenes endlich kam der Grund für die voll besetzten Ränge zur Sprache. Die Anwohner des Sonnenhofs möchten die Erstellung eines Bebauungsplans, um eine weitere unangemessene Verdichtung zu verhindern. Sie beauftragten auch einen Anwalt mit einer Einschätzung insbesondere der Frage, ob Entschädigungsansprüche gegenüber der Gemeinde geltend gemacht werden könnten, wenn der Bereich entsprechend überplant würde. Nein, lautet das Fazit des Anwalts, der das Anliegen der Anwohner als “legitimes Ziel von nicht unerheblicher Bedeutung” beschreibt. Die Tatsache, dass es bereits einen bestandskräftigen Vorbescheid für ein Grundstück gibt, hält er für “unschädlich”. Zu einer gänzlich anderen Einschätzung kommt der Anwalt der Gemeinde. Er rät von einer Fortführung des Bebauungsplans ab und fürchtet selbst bei einer Wohneinheitenbeschränkung Entschädigungsforderungen. Er hält das auch städtebaulich nicht für begründbar, da im Lauf der letzten Jahre eine “zum Teil massive” Nachverdichtung zugelassen worden war.
Andreas Hlavaty, im wahren Leben bekanntermaßen Anwalt, hält die Lage juristisch für eindeutig. “Bauplanungsrechtlich ist da nichts mehr zu retten”, sagte er im Rat. “Kann es wirklich sein, dass wir wegen eines Fehlers (gemeint ist die Genehmigung eines Wohnhauses mit fünf Wohneinheiten am Kreuzweg, Anm. d. Red.) so büßen müssen? Haben wir wirklich keinen Einfluss mehr?”, fragte Dr. Haslbeck. “Sieben Fehler waren es”, kommentierte jemand.
Ergänzungen zu Ihrem Artikel:
1. Das sieben Fehler gemacht wurden erwähnte Herr Hlavaty
2. Nachdem er seinen Satz beendet hatte flüsterte Frau Neubert etwas ins Ohr des Bürgermeisters und direkt danach beendete der Bürgermeister den öffentlichen Teil der Sitzung.
Es sollte wohl in Anwesenheit der Anwohner nicht weiter erörtert werden welche sieben Fehler die Gemeinde im Bereich Sonnenhof gemacht hat. Den Anwohnern gegenüber wurden bis dato lediglich zwei Fehler eingeräumt.
Es wäre sicherlich konstruktiv und transparent gewesen in Anwesenheit der Anwohner das Thema mit den sieben Fehlern kritisch zu erörtern.
Es erweckt jedoch den Anschein das durch das umgehende Beenden der öffentlichen Sitzung die Anwohner des Sonnenhofs keine weiteren Einblicke in die Fehler der Verwaltung haben sollten.
Diese intransparente Vorgehensweise hat das Vertrauen der Anwohner in die Verwaltung zu tiefst erschüttert.
Die Frage ist wer denn überhaupt Schadensersatzansprüche stellen soll, wenn fast ausschließlich alle Anwohner den Bebauungsplan wollen ! Dies hat auch Herr Dr. Haslbeck so gesehen.
Hallo, nein nicht in Stein gemeißelt, sondern im Holzhaus….keine Sorge, beide erwachsenen Jungs sind mittlerweile medizinisch ausgebildet und bereits in der Pflege tätig, sodass tatsächlich doch mindestens noch die nächste Generation des Pflegedienstes gesichert wäre…Ich bedanke mich bei allen, die sich Gedanken darüber gemacht haben und für Ihre Unterstützung.