Nachtrag zum Sturzflutrisikomanagement – ein Kommentar von Heinz Rothenfußer

Auf der letzten Gemeinderatssitzung, über die dankenswerterweise unser Gemeinderatskollege Cedric Muth (FDP) berichtet hat, entschied sich das Gremium in namentlicher Abstimmung mit 9:9 Stimmen gegen den Vorschlag der Verwaltung, ein Sturzflutmanagement zu beauftragen. Nun hat Heinz Rothenfußer, Gemeinderatskollege von den Grünen, uns einen längeren Kommentar mit der Bitte um Veröffentlichung geschickt.

Starkregenereignis 2016

Kommentar zum Bericht über die Gemeinderatssitzung vom 16.9.25 „Sturzflutrisikomangement“

In der Gemeinderatssitzung vom 16.9.25 ging es beim Tagesordnungspunkt „Sturzflutrisikomanagement“ (kurz: SRM) äußerst turbulent und kontrovers zu. Weil die Hälfte der Räte die getroffene Entscheidung (Ablehnung eines Gutachtens zum SRM) für unverantwortlich hielt, kam es dann auch zu einer im Protokoll festgehaltenen namentlichen Abstimmung. Das ist äußerst ungewöhnlich in einem Rat, der die meisten Entscheidungen einstimmig fällt. Ich habe so etwas während meiner Zeit dort noch nicht erlebt. Aus diesem Grund lohnt es sich meiner Meinung nach, das Geschehene noch einmal aus der Gegensicht von Cedric Muth darzustellen, dem ich ansonsten für sein sorgfältiges Protokoll danke.

Tatsächlich glaube ich, dass viele Gemeinderäte gar nicht richtig verstanden haben, was genau vom Projekt SRM geliefert wird. Sonst wären nicht Sätze zu hören gewesen wie „da kriegen wir ein paar dürre pdf-Dateien mit Daten, die wir eh schon kennen“, ein „Mehrwert der Kartographierung bekannter Erkenntnisse sei nicht erkennbar“ (Cedric im Artikel) bzw. „es sei besser, das SRM nicht zu kennen, sonst kämen teure Maßnahmen auf die Gemeinde zu“.

Die Staatsregierung hält SRM nicht für einen überflüssigen Luxus, sondern für sinnvoll, sonst würde sie es nicht mit 75% der Kosten bezuschussen. Im unserem Fall wären das 93 750 € für die Regierung und 31 250 € für die Gemeinde gewesen.

Wetterprognosen sind ein schwieriges Feld, und es ist nicht leicht, Laien zu erklären, was dabei geschieht. Ich versuche es trotzdem, wenn zu schwierig, könnt ihr auch einfach im nächsten Abschnitt weiterlesen.

Man darf nicht glauben, man müsse nur ein paar Messdaten in eine Gleichung einsetzen und erhielte dann Wetterprognosen. Vielmehr muss zunächst ein Modell (=Differentialgleichungssystem!) erstellt werden, in dem man dann bei unterschiedlichen Anfangsbedingungen die Differentialgleichungen numerisch integriert. Das nennt sich Simulation.
Wetter ist aber leider ein sogenanntes „chaotisches System“. Das heißt, auch aus nur leicht veränderten Anfangsbedingungen können gravierend unterschiedliche Ergebnisse entstehen. Bekannt ist einigen vielleicht der Satz: „Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien kann einen Tornado in Texas auslösen.“
Aus vielen Simulationen lassen sich dann Übersichtsprognosen zusammenstellen, die zu Handlungsanweisungen führen.

Die Stadt Tegernsee hat jüngst ein SRM durchführen lassen und stellt es auf ihrer Webseite dar.
https://www.stadt.tegernsee.de/Unsere-Gemeinde/Aktuelles/Sturzflutrisikomanagement/
Tatsächlich erscheint die Situation dort mit etlichen Bächen im Stadtgebiet ziemlich kompliziert und sehr bedenklich. In den Dateien des SRM werden die Gefahren detailliert und explizit dargestellt, die Gefahrenabwehr wird im einzelnen beschrieben und ihre Kosten werden abgeschätzt. Geliefert werden ca. 30 (!) pdf-Dateien mit teilweise 200 Seiten. Modell und Simulation findet man auf der Webseite unter „Externe Links“.(https://mapview.hydrotec.de/models/starkregen-tegernsee-sued/ ) Die Stadt schreibt für ihre Bürger u.a.: „Starkregen und Sturzfluten sind unvorhersagbar, ungezügelt, unverhältnismäßig und unregulierbar!“

Zu hoffen wäre natürlich, dass ein Gutachten für Berg das Ergebnis liefert, dass „nur einige Hausbesitzer Maßnahmen ergreifen müssten, damit ihre Keller nicht überflutet werden“ (Jonas Goercke vermutet das). Dann wären wir auf der sicheren Seite, und diese Gewissheit wäre meiner Ansicht nach auch 30 000 € wert. Sollten auch bei uns erhebliche Risiken bestehen, erweist sich umso mehr, dass ein SRM-Gutachten unbedingt nötg war und geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Heinz Rothenfußer

Kommentieren (0)

No comments available

Kommentieren

Your email address will not be published. Required fields are marked *