“Wie Hieroglyphen”, so Cellist Sebastian Hess nach einem Blick auf die Tabulatur für die Laute. “Damit kann ein normaler Musiker natürlich nichts anfangen”, so die Entgegnung des Lautenisten Alex Wolf. Doch was ist schon normal?
Ein “normaler” adventlicher Musikabend versprach die dritte Folge von marstall.classics jedenfalls nicht zu werden. Auf dem Programm: eine Kombination barocker Sonaten aus dem 18. Jahrhundert mit Neuer Musik von Hans Werner Henze. Gewohnt anschaulich präsentierte Sebastian Hess das Programm: “Der zweite Satz – Sie werden sehen – das ist beinahe Rock ‘n’ Roll!” – “Da werden uns die Finger rauchen!” – “Diese Musik war seit 270 Jahren unter Verschluss – ich fand sie in der Sammlung der Grafen von Schönborn in Würzburg – sie wurde seit 1725 nie mehr gespielt!”
Getreu dem Konzept von marstall.classics, der Kombination von Alt und Neu, brachte Sebastian Hess sowohl seinen Stradivari-Nachbau als auch ein Barockcello mit – einen halben Ton tiefer gestimmt und ein wenig leiser, kruder, mit Saiten aus Darm. Den originalen Sound des 18. Jahrhunderts mit einem solchen Instrument herzuholen, sei wie Autofahren auf Glatteis, ohne ABS und Servolenkung.
Axel Wolf und die Theorbe
Für den Basso continuo wurde eine Theorbe aufgeboten. Axel Wolf – aus dem nahe gelegenen Berg bei Eurasburg – gab ein wenig Unterricht in Instrumentenkunde, bevor er sein “hieroglyphisches” Solostück spielte.
Viel Beifall vor der Zugabe
Das Cellosolo war eine neunsätzige Serenade von Hans Werner Henze, leider der einzige Beitrag der Neuen Musik an diesem Abend. Nichtsdestotrotz – das Konzept ist ein veritables (Weihnachts)geschenk für die Gemeinde Berg. Und glücklicherweise meilenweit entfernt von gruseligen Kreuzungen wie Barock ‘n’ Roll. Danke!