Im Zeichen der Mücke: Neues aus dem Gemeinderat – Teil 1

Es ging um Knicke, Felsen, Asphalt und Rohre – aber die Stars der heutigen Gemeinderatssitzung waren die “Berger Problemmücken”, wie der Bürgermeister sich ausdrückte. Wegen des Berger Mückenproblems waren sämtliche Zuhörerplätze im Saal besetzt.

Stauwehr Lüßbach

Problemmückenbrutgebiet

Die QUH-Fraktion bekam Gelegenheit, dem Rat ihren Antrag auf Untersuchung und Bewertung der Möglichkeiten zur Eindämmung der Mückenplage – insbesondere im Überflutungsbereich des Stauwehrs Lüßbach/Schwabbruck – zu erläutern. Besonders intensiv mit dem Thema befasst hatte sich als betroffener Höhenrainer QUH-GR Harald Kalinke. Er hielt einen etwa zehnminütigen Vortrag.

Kalinke beklagte die Einschränkung der Lebensqualität durch die Zunahme der Mücken – insbesondere, so die subjektive Wahrnehmung, seit der Errichtung des Stauwehrs. Um Farchach und Bachhausen vor Überschwemmungen zu schützen, staut die Gemeinde Berg das Regenwasser im Überschwemmungsbecken, sobald der Lüßbach einen gewissen Stand erreicht hat – und hat damit die Situation für die beiden Ortsteile erfolgreich entschärft. Doch des einen Freud, des anderen Leid: Nach der Überflutung bleiben auch bei trockenem Wetter noch zahlreiche Tümpel übrig, die nicht in den Lüßbach zurückfließen können. Es gibt immer noch Resttümpel von der Pfingstüberschwemmung. Dort vermehren sich die Mücken – eine kleine Pfütze kann mehrere Millionen Mücken hervorbringen, so Kalinke, der sich heute vor der Sitzung noch vor Ort mit Matthias Galm, einem Biologen der KABS (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage) getroffen hatte. Herr Galm erzählte, wie er einen Spontantest durchführt: Oberkörper frei und die anfliegenden Mücken zählen.

Anwohner aus den betroffenen Gebieten haben eine Unterschriftenaktion gestartet, damit sich der Rat nach den Anträgen der Jahre 2010 und 2011 noch einmal mit dem Thema befasst. Die Resonanz war enorm: Zwischen dem 1.7. und dem 11.7. wurden 461 Unterschriften gesammelt – 440 Gemeindebürger und 21 Gäste bzw. Mitarbeiter von Berger Firmen unterschrieben. Auffällig war dabei die statistische Verteilung: Von den Anliegern des Staubeckens – vor allem Höhenrain, Sibichhausen, Allmannshausen – unterschrieben ca. 95 % der Angesprochenen. Die Zurückhaltung bei der Unterschriftenaktion wuchs mit der Entfernung vom Stauwehr. Die meisten der Unterschreibenden waren sich einig: Bitte kein Einsatz von chemischen Mitteln und kein Einsatz von Hubschraubern.

Stauwehr Lüssbach

Das Stauwehr

Was können wir tun? Harald Kalinke fasste mehrere mögliche Maßnahmen zur Eindämmung der Mückenplage zusammen. Der Übersichtlichkeit halber fügen wir die Reaktionen aus dem Rat und die Antworten von Bürgermeister und Verwaltung gleich mit ein.

  • Kriterien zur Stauung des Lüßbachs: Gibt es noch einen Puffer? Wann wird gestaut? Kann man Teilfächen stauen? (Antwort: Die Stauung beginnt immer erst kurz bevor Farchach schwimmt. Der Bürgermister fährt persönlich alles ab. Wenn der Bach sinkt, wird das Wasser so schnell wie möglich wieder abgelassen. Teilflächen zu stauen, ist technisch nicht möglich. Johannes Volt, Leiter des Amts für Hoch- und Tiefbau, fügte hinzu: Das Wasser kann nur über den Lüßbach abfließen. Der ist aber oft zugewachsen. Die Gemeinde macht jährliche Bachräumungen, aber die Anwohner sollten den Bach ebenfalls freihalten. Die Kosten müssten nämlich umgelegt werden. Bgm Monn berichtete, dass die Anschaffung eines Mähkorbs erwogen werde.)
  • Natürliche Feinde: Fledermauskästen wurden bereits angebracht. Fische scheiden aus, weil die Tümpel nur temporär vorhanden sind.
  • Schnellerer Rückfluss: Die Mücken brauchen 1-2 Wochen, um aus dem stehenden Wasser herauszukommen – das wäre der Reaktionszeitraum. (Antwort: Es soll geprüft werden, ob man zusätzliche Abflussgräben ziehen kann.)
  • BTI: Der BTI-Wirkstoff  ist ein Eiweißkristall, das aus einem Bakterium gewonnen wird und tödlich für die Mückenlarven ist. Der Einsatz von BTI erfordert ein Mückenmonitoring. Das Gebiet muss kartiert werden, die Populationen müssen von Biologen bestimmt werden. In einem geeichten Messverfahren wird die Larvenanzahl geprüft. (Antwort: GR Fuchsenberger und Galloth wollen prinzipiell kein BTI. GR Reichart möchte Münsing mit einbeziehen – es gab heute schon ein Telefonat zwischen den beiden Bürgermeistern. GR Haslbeck vermeldete nur 10 Stiche während eines Tennisspiels beim TC Berg, während GR Sokolowski meinte, man brauche keinen nackten Oberkörper, um die Mücken zu spüren. Die Mitarbeiter der Firmen Reiser und Kalinke könnten wegen der Mücken bei der Hitze weder Türen noch Fenster öffnen. GR Sewald wies auf die künstliche Stauung des Hochmoors im Allmannshauser Filz hin, eine Maßnahme des Bund Naturschutz. Dort wachsen jetzt Moose – eine Trocknung wird schwer durchsetzbar sein. GR Streitberger war der Meinung, man solle einen Aktionsplan erstellen und in kleinen Schritten mehrere Dinge gleichzeitig tun.)

GR Kalinke schloss seinen Vortrag mit den Worten, dieser Antrag sei keine populistische Parteipolitik, sondern es gehe um die Lebensqualität der Anwohner. Applaus aus der Zuhörerschaft – der aber nicht erlaubt war.

Tümpel Stauwehr

Kaum zu sehen – ein versteckter Tümpel 

Der Rat beschloss einstimmig: Der Biologe Matthias Galm wird eingeladen, um über den Einsatz von BTI und das Mückenmonitoring zu informieren. Zusätzlich soll mit der Unteren Naturschutzbehörde und den Bayerischen Staatsforsten geklärt werden, ob man Sickergräben ziehen kann. Ohne Beschluss wurde zugesichert, dass geprüft wird, ob man den zusätzlichen Abfluss einer kritischen Stelle nahe der Mauer an der Sibichhauser Straße tiefer legen kann.

Morgen mehr zu den restlichen Themen der Sitzung.

Überschwemmung Bachhausen BiberkorÜberschwemmung südlich von Bachhausen

Nachtrag: Blog-Leser Peter Flögel schickte uns diese Aufnahme von einer überschwemmten Wiese südlich von Bachhausen in Richtung Gut Biberkor nach dem Regen der letzten Nacht. “Der Lüßbach hält sich in geregelten Grenzen”, schreibt er.

 

Kommentieren (4)

  1. 13. Juli 2016 um 15:29

    Vielen Dank, liebe QUH. Bitte informieren Sie hier vor dem BTI-Infoabend, wenn der Termin feststeht. Was würde BTI für Berg ungefähr kosten? Hat die Gemeinde dafür Budget?
    Ich persönlich halte BTI für die wirkungsvollste Methode, die ja z.B. in Mainz und in den Rheinauen (übrigens ein Naturschutzgebiet) bereits seit den 90ern jeden Sommer erfolgreich zum Einsatz kommt.
    Das Risiko, sich mit Zika zu infizieren, ist dort jedenfalls vielfach geringer als derzeit in Berg.

  2. quh
    13. Juli 2016 um 16:14

    Soweit wir wissen, dürfte ein Monitoring, das man für den Anfang braucht, um die Anzahl und Art der vorhandenen Insekten festzustellen, einmalig ca. 600-1000 € kosten. Der Einsatz von BTI, falls möglich und gewollt, kostet dann ca. 100 €/ha, je nach Angebot.

  3. Gast_15
    14. Juli 2016 um 11:14

    “Der Strombezug wurde neu ausgeschrieben. E.ON machte das Rennen und versorgt die Gemeinde mit Strom aus erneuerbaren Energien.”
    … und ich dachte, die Windmühlen in den Wadlhauser Gräben versorgen die Gemeinde mit Strom?!
    Wie will man denn verhindern, dass auch Strom aus konventionellen Quellen die Gemeinde mit Strom versorgt? Empfehlen kann ich aber den Atomstromfilter wie er in http://tinyurl.com/hqa2z28 zu haben ist.

  4. Primelweger
    18. Juli 2016 um 10:27

    Falls der Gemeinderat eine Bettlektüre braucht, da die Mücken den Schlaf rauben… der aktuelle Spiegel ist zu empfehlen http://www.spiegel.de/spiegel//index-11428.html

    Gruß aus dem Mückeninvasionsgebiet