In Berg kennt ihn jeder … und doch ist er nicht so richtig berühmt. Bei jedem war er schon einmal daheim … und doch hat ihn kaum jemand eingeladen: Tre Polk ist der örtliche Kaminkehrer. Ursprünglich stammt er aus Detroit und wurde nach einer Karriere als US-Berufssoldat in Bayern ansässig. Er spricht fließend Bayrisch mit amerikanischer Färbung. Was aber die wenigsten wissen: Er macht auch Kunst und stellt derzeit im Marstall in der Bergennale mit aus, wo eines seiner Bilder von einer unabhängigen Jury ausgewählt wurde.
Tre Polk, Künstler und Kaminkehrer (hier vor seinem Bild “Polys tic”)
Zunächst mal zur Person. Wie wird man eigentlich Kaminkehrer? – “In meiner Berufswahl, Kaminkehrer zu werden, gibt es kein Tröpfchen Romantik”, erzählt Tre Polk, “ich wollte weder ‘solange ich denken konnte’ noch ‘als ich zum ersten Mal Mary Poppins im Fernsehen sah’ diesen Beruf ausüben.”
Seine Berufswahl war eher sachlicher Natur. “Als ich nach sechs Jahren meine Karriere als Soldat der U.S. Armee an den Nagel hängte und mit meiner heutigen Frau in Bayern blieb, versuchte ich mich sechs Jahre lang als Aushilfskraft in den verschiedensten Berufssparten; in einer Druckerei, nebenbei in der Mangelei und allerlei anderen Beschäftigungen. Das dauerte so lange, bis ich einigermaßen die deutsche Sprache beherrschte, um eine Ausbildung überhaupt antreten zu können. Da saßen meine Frau und ich vorm PC auf der Suche nach einem Berufsbild, das meinem Charakterbild entsprach. Die Anzeige ‘Kaminkehrer’ versprach: ‘Abwechslungsreiche Tätigkeiten, abwechselnde Einsatzorte’, man arbeitet stets alleine, hat wenige bis gar keine Arbeitskollegen … das passte!”
Dass er damit plötzlich auch zum Glücksbringer wurde, erfuhr er erst später, als er im ländlichen Bruckmühl als 31-jähriger Lehrling auftrat – die Verblüffung der Bevölkerung als ein afroamerikanischen Kaminkehrer in die gute Stube trat, kann sich jeder gut vorstellen: “Es waren die schönste Jahre meines Berufes!”
Auf ähnliche Art und Weise begegnete Tre Polk der Kunst. Seine Frau entdeckte ein paar Zeichnungen, die er vor langer Zeit angefertigt hatte. Sie waren in Schubladen verstaut und vergessen. Sie schenkte ihm einen Malkasten und bewegte ihn dazu, die “eher kruden Werke“ eines Autodidakten dem Vorstand eines Künstlerstammtisches namens „Der Dienstagsmaler“ in Bad Aibling vorzuzeigen. Dieser fand die Sache gut, Tre Polk kam an Bord und von dem Zeitpunkt an produzierte er zehn Bilder pro Jahr für die jährlichen Ausstellungen im Haus des Gastes von Bad Aibling.
Tre Polk erzählt weiter: “Der damalige Kulterreferent Rosenheims Klaus Schönmetzler veröffentlichte dann einen Band ‘Bad Aibling und seine Künstler’, wo ich in die Rubrik der ‘jungen Wilden’ einsortiert wurde.” – Bei “Junge Wilde” muss er herzlich lachen.
“Of horses, corpses and other dark forces” ist noch bis morgen Abend im Marstall zu sehen
Und wie würde er seine Kunst selbst einschätzen? – “Ja, meine Kunst ist gesellschaftskritisch. Provokativ ist sie (hoffentlich) nicht. Es scheint mir, dass eine Vielzahl hochrangiger Künstler versucht, ihre Botschaften provokant ins Szene zu setzen. Das ist nicht meine Art. Meine Kunst ist neutral; sie beinhaltet (hoffentlich) keinen moralischen Zeigefinger. Dekorativ ist sie sicherlich nicht. Der russische Schriftsteller Valentin Rasputin sagte: ‘Der Künstler ist Künstler, weil er die Dinge nicht so sieht, wie er sie sehen möchte, sondern so, wie sie sind.'”
Das Bild von Tre Polk ist – neben 46 Werken weiterer Künstlerinnen und Künstler – noch bis morgen Sonntag im Berger Marstall auf der Bergennale zu sehen (Samstag 11-19, Sonntag 14-19 Uhr). Tre Polk ist am Sonntag selbst im Marstall anwesend und hat Aufsicht. Die Finissage mit Preisverleihung findet am Sonntag um 19 Uhr statt.
Im Herbst wird Tre Polk bei den Ateliertagen als Gast von Hans Panschar ausstellen.