Wer das Glück hatte, am Freitagabend einen der nur dreißig Sitzplätze in der Stube im Moarhof zu ergattern, konnte sich glücklich schätzen – nicht nur die Örtlichkeit war ganz besonders, sondern auch der Vortrag des Schauspielers Bernhard Butz, der in der direkten Nachbarschaft zu Oskar Maria Grafs Geburtshaus Textauszüge las, und die musiklaische Begleitung der Harfinistin Christine Sontheim.
Doors open
Eine warme Atmosphäre empfing die Gäste – in der historischen Küche boten die Veranstalter und Besitzer des Moarhofs, Wolfgang Mulzer und Christine Schwarzenberger, Getränke und eine kleine Brotzeit an. Und zu Einführung erklärten die beiden, wie es zu der Veranstaltung kam.
Wolfgang Mulzer, Christine Schwarzenberger und Bernhard Butz
Der Hof befinde sich seit 100 Jahren in Familienbesitz, so Wolfgang Mulzer. Sein Urgroßvater, ein Münchner Kaufmann habe das Anwesen 1913 gekauft, ursprünglich als Sommerfrische, es wurde auch immer wieder verietet. Das Haus selbst wurde 1670 erbaut, Boden und Außenwände sind noch original. 1872 wurde es umgebaut und bekam einen neuen Kamin, ansonsten sei es noch im Urzustand. Im Sommer werde es sporadisch von ihm und seiner Frau bewohnt. Aber, so habe am Vorabend die Tochter gefragt, warum macht ihr so eine Veranstaltung? Da meldete sich Christine Schwarzenberger zu Wort: “Da komme ich ins Spiel: Wenn wir schon das Nachbarhaus von Oskar Maria Grafs Geburtshaus sind und eine große Stubn haben, so sind wir doch prädestinert dafür – schließlich hat der Oskar womöglich als Bub Äpfel oder Birnen hier geklaut.”
Bernhard Butz
Ein ganz besonders Erlebnis war es also, in dem geschichtsträchtigen, original erhaltenen Gebäude diese Graf-Lesung mitzuerleben, textkundig und diaklektsicher vorgetragen von dem Schauspieler Bernhard Butz. Er wählte u.a. Passagen aus “Wir sind Gefangene”, “Gelächter von außen” oder “Das Leben meiner Mutter” sowie weiteren Werken von Graf aus, unterbrochen vom Klang der Harfe von Christine Sontheim.
Christine Sontheim an der Harfe
Passend zu Papstwahl trug Bernhard Butz die Passage vor, in der Oskars Bruder Eugen, aus Amerika zu Besuch, die Mutter auf eine Romreise entführt – nicht wohl ist ihr bei der ganzen Fahrt, und am Papst hat sie auch einiges auszusetzen
“Aber vorstellen tut er nicht recht viel, unser jetziger Papst!” Mit ihrer ausgestreckten Hand deutete sie dessen ungefähres Körpermaß an. “Wie groß wird er sein? … So groß vielleicht! (…) Ein mitterner Mensch ist er.” (…) “Freilich ist er heilig, aber für einen Papst sollten sie doch einen größer gewachsenen Menschen ‘rausgesucht haben! … So ein mitternes Mannsbild, das wo nichts vorstellt! … Da ist der König Ludwig schon ein anderer gewesen … Zu dem hat man ‘naufschauen müssen, so groß ist er g’wesen, aber der Papst, ich weiß nicht! …”
Da war natürlich nicht die Rede von Papst Leo, sondern Papst Pius. Und selbstredend schloss der Vortag mit dem Heimatgedicht, das Graf nach seinem Besuch aus New York schrieb:
So grün hab ich das Gras noch nie gesehen,
noch nie den See so blau …
Ein toller, berührender Abend in einem besonderen Ambiente!
Christine Sontheim und Bernhard Butz (Foto: Angela Schuster)
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