Was für ein sonderbarer Titel? Wie so oft in unserer Gemeinde erfahren wir von einer kleinen Geschichte, und während der Gespräche kommen weitere Hinweise und Zugaben, es wird spannender.
Horst Schiedeck in seiner Küche, von der noch die Rede sein wird
Heute sind wir zu Gast bei Horst Schiedeck in Aufkirchen. Wir haben gehört, dass er uns mehr über die Filmaufnahmen zum wundervollen 70er Jahre Klassiker Lina Braake erzählen kann. Danke dafür.
Lina Braake oder mit vollem Titel Die Interessen der Bank können nicht die Interessen sein, die Lina Braake hat. Dieser Film von Bernhard Sinkel mit Lina Carstens und Fritz Rasp in den Hauptrollen entstand im Jahre 1974. Lina Braake wird von einer Bank um ihr Wohnrecht in Schwabing betrogen und in ein marodes Altersheim – die Rottmannshöhe – abgeschoben. Mit einem entmündigten Bankdirektor begeht sie einen Bankbetrug, aus dessen “Erlös” sie ihrem sardischen Friseur den Kauf eines Bauernhauses ermöglicht. Wegen der einfühlsamen Darstellung des Alters und des Milieus in einem Altersheim erhielt der Film diverse Auszeichnungen.
Besonders gefallen hat uns der Dialog in bestem Ostufer-Deutsch, der sich zwischen der angehenden Bankbetrügerin und dem Bankbeamten entspann:
Lina: Dies ist ein Mietertragskonto. Ich möchte Sie bitten, die eingegangenen Beträge jeweils am Monatsersten zu überweisen.
Bank: Wir wissen Bescheid, auf die Rottmannshöhe. Sind Sie das ganze Jahr dort?
Lina: Nur im Winter bin ich im Süden und die andere Zeit können Sie mich dort erreichen.
Fast der gesamte Film spielt in und bei der Rottmannshöhe. So gibt es nicht nur Darstellungen des Heimlebens mit diversen Innenaufnahmen, sondern auch Außenaufnahmen der Rottmannshöhe mit ihrem zerbröselnden Charme.
Lina Braakes Bedürfnis nach einem Leben außerhalb der organisierten Langeweile verdanken wir schöne Szenen in einer Schlosserwerkstatt und der Gärtnerei.
Die Werkstatt des Schlossers oder das Paradies des Erfinders Brunner-Waschi (ehemals an der Staatsstrasse Höhe Abzweigung nach Leoni); die Rolle hätte nicht besser besetzt werden können, deshalb spielt er sich selbst.
Besonders gerne war Lina Braake im Garten des Altersheims, also der Gärtnerei und dem Hühnerhof der Familie Schiedeck, wo sie dem Hausmeister zur Hand ging und mit dem Bankdirektor Pläne schmiedete. Dieser Ort war Lina Braakes Ruhe- und Gegenpol zum ungeliebten Altersheim.
Nicht nur die Gärtnerei, sondern auch die Gärtnerin, also die Mutter von Horst Schiedeck hat den Film erheblich beeinflusst. Sie hat selbst mitgespielt als Double der Hauptdarstellerin (in einer Radfahr-Szene) und als Tänzerin bei der Abendveranstaltung (im Bild die Dame im Vordergrund).
Doch wichtiger noch: Frau Schiedeck hieß mit Mädchennamen Emma Braake, in Kombination mit der Hauptdarstellerin Lina Carstens war sie also Namensgeberin des Films. Oder vielleicht war es auch ein seltener Zufall, denn Bernhard Sinkel hat in einem Interview im Jahre 2011 angegeben, der Film wäre nach seiner von ihm bewunderten Großmutter Emma Braake benannt.
Und tatsächlich hat es noch ein weiterer Berger “Mitbürger” geschafft, ins Bild zu kommen: der rote Hanomag-Pritschenwagen von Alfons Brunnhuber aus Höhenrain, hier als Transporter des Hausmeisters.
Der Film wiederum hat es ins Leben geschafft: Horst Schiedeck hat damals Küchenmöbel ausbauen dürfen und nutzt sie noch heute, außerdem hängt ein schönes Aquarell – ein ehemaliges Requisit – in seinem Wohnzimmer.
Die Rottmannshöhe künstlerisch erweitert als Waldhotel Gertrude …
… und in der rauen Wirklichkeit der 60er Jahre
Zu guter Letzt ein QUH-Tipp: Wenn Sie die Rottmannshöhe einmal von innen sehen wollen: Gehen Sie zur Gemeinderatswahl, dort befindet sich ein Wahllokal.
Wenn Sie wissen wollen, wem der Briefkasten gehört, dann klicken Sie hier.