In der Gemeinderatssitzung vom 2.3. ist überraschend einer der beliebtesten Gemeinderäte, Stefan Mair aus Farchach, zurückgetreten. “Grund dafür sind die erschwerten Sitzungsbedingungen des Berger Gemeinderates im großen Saal der Gaststätte Die Post“, teilt seine Fraktion, die Grünen, mit: “‘Ein Gemeinderat muss ja mitdiskutieren können’, sagt der 83-jährige Stefan Mair, der sich selbst als “schwerhöriger Neuling” bezeichnet, “das konnte ich während der Sitzungen nicht wirklich, weil ich oft nicht verstehen konnte, was meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen gesagt haben.” Zu seinem Abschied hielt er eine berührende Rede, die wir hier ungekürzt wiedergeben.
“Sehr geehrter Herr Bürgermeister und die ganze Räteschaft, Gäste und die Presse.
Knapp vor einem Jahr hat uns das Gemeindevolk das Vertrauen gegeben, konstruktiv, zum Wohle der Gemeindeentwicklung zu arbeiten. Und ich als Ratsältester hatte die Ehre und Verpflichtung, den neuen Bürgermeister zu vereidigen.
Die Rätinnenschaft und Räte wurden ebenfalls vereidigt. Dann ging es los! Ich und die 2 neuen Grünenteam-Damen, die Anfänger neben dem Altbewährten, wir spitzten die Ohren … wie wird es werden. Und es wurde mit unserem neuen Bürgermeister eine lebendige Sache.
Die Beiträge und Meinungsansichten von den verschiedenen Gremien kamen – wie sie auch ausfielen und wie sie ihre Berechtigung haben – wortstark zu Tage. Und ich als etwas schwerhöriger Neuling hatte Mühe, mit den weiten Abständen die Kollegen und Kolleginnen zu verstehen. Die klimatischen Verhältnisse unter den Gremien waren teils frostig, aber auch die hat der Klimawandel auftauend allmählich zum Guten geführt.
Und dann die Frage: Was habe ich als Grüner, Gewählter neben all diesen Baugeschichten zu bieten. Und es arbeitete und träumte in mir …, wie von blumig geführten Apfelalleen bestückte Gemeindestraßen. Und sie wurden dankenswerterweise Realität, das ist schon mal was. Weitere Ideen werden auf der Strecke bleiben: gegen die überbordende Heckenunkultur in all den Orten, wo man sich keine Freunde schafft … sie fällen zu lassen.
Ein weiteres, noch viel prekäreres Thema: die Wohnungsnot auf der einen Seite und auf der anderen die vielen halb bis ganz leeren Häuser und Paläste, sie müssten nur bezogen werden! Und die Wohnungsnot wäre größtenteils kein Thema mehr. Weder Flächenverbrauch noch Erschließungskosten und Straßenbau wären zu beklagen.
Das aber nur einige Themen und Anliegen zu meinem Gemeinderatsauftrag. Lieber Herr Bürgermeister und Räte, Damen und Herren! Meine Zeit als Ratsältester und anstehender 84-Jähriger war leider wegen schon besagter Hörschwäche viel zu kurz. Euer Einvernehmen für das Wohl der Gemeinde soll Frucht tragen. Ihr seid jetzt, soweit es Euch gesetzlich möglich, die Handwerker. Kümmert und schmiedet an Eurem Gemeindewohl! Und ich wünsche Euch eine gute und glückliche Hand dazu.
Und Euer zukünftiges Rathaus soll nicht nur voll von kalten, trockenen Gesetzesstatuten sein, sondern auch ein Bürgerhaus mit Herz und Seele, das den Bürger mit einnimmt. Ein Haus, das lebt von Handwerksgeist, mit einem Geruch und Duft von Bauernhof und Kultur, der Ehrlichkeit und Bescheidenheit nicht zu schade. Wenn ihr den Ärmsten an Eurer Tafel dient, dann ist es gut.
Auf eine königlich blumig leuchtende Gemeinde, nicht als Museum, sondern in einem neuen Zeitgeist, als pulsierendes Wesen … so soll es werden.
Machtsas Guat. Und ich danke Euch”
Stefan Mairs Abschiedsworte im Gemeinderat: “Machtsas Guat.”
Die Räte dankten dem allseits beliebten Stefan Mair nach dieser berührenden Rede, die vielen aus der und allen in die Seele sprach, mit lang anhaltendem Applaus. Stefan Mair war vom Listenplatz 13 überraschend bei der Gemeinderatswahl nach vorne gewürfelt worden. Wir vermissen ihn als Gemeinderatskollegen jetzt schon. Sein Nachrücker ist der pensionierte Lehrer Heinz Rothenfußer, ein gebürtiger Berger, der auch in der Flüchtlingshilfe und im Archiv der Gemeinde mitarbeitet. Mehr aus dem Gemeinderat und über den vergangenen Rücktritt von Anke Sokolowski (FDP) lesen sie hier: https://quh-berg.de/20-kleine-gemeinderaete/