Unser heutiger “ausgezeichneter Mensch” ist Professor Dr. Franz-Theo Gottwald aus Farchach, der sich global in besonderem Maße für die Umwelt und lokal für die Farchacher Bio-Bauern verdient gemacht hat. Für sein Engagement erhielt er nicht weniger als das “Bundesverdienstkreuz am Bande”, die höchste Anerkennung der Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl. Weil seine Arbeit in unserer Gemeinde weitgehend unbekannt geblieben ist, baten wir ihn um ein Gespräch, in das er gerne einwilligte:
“Der Berater” Dr. Franz-Theo Gottwald (Photo: Wendt)
QUH: Sie begannen als Berater für Finanz- und der Automobilzuliefererindustrie. Wann gab es in Ihrem Leben die „ökologische Wende“?
F-T G: 1982 bei Begegnungen mit dem norwegischen Öko-Philosophen Arne Naess. Und dann praktisch, als ich ab 1984 mit Karl Ludwig und Dorothee Schweisfurth (vormals Eigentümer des HERTA Konzerns-Fleisch- und Wurstwaren), die Schweisfurth Stiftung als eine Denkwerkstatt für ökologische Land- und Lebensmittel und die Herrmannsdorfer Landwerkstätten als agrarkulturellen Musterbetrieb für regionale Kreislaufwirtschaft bei Glonn Obb. aufbauen durfte.
Das Bundesverdienstkreuz am Bande
QUH: Sie waren als Vorsitzender der Verbraucherkommission Bayern beim Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und als Berater beim Bundesministerium für Verbraucherschutz vor allem bundespolitisch tätig. Allerdings engagieren Sie sich auch hinter den Kulissen und ohne Honorar viel in der Gemeinde. Was haben Sie hier schon alles angestoßen?
F-T G: Meine Frau Andrea und ich sind hauptsächlich in der Farchner Öko-Landwirtschaft am Mittun. So haben wir z.B. ein Genussscheinmodell zur Finanzierung der Eiererzeugung (Hennenstall) auf dem Löfflerhof organisiert. Wir begleiten Hofentwicklungsgespräche, setzen uns für die Verbreitung erneuerbarer Energien ein und sind auch in der BBB aktiv, was die Landwirtschaft und die Zukunft der Nahversorgung angeht.
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Februar dieses Jahres (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz), der Umweltminister & Franz-Theo Gottwald
QUH: Sie leiten Stiftungen wie die Cocreatio-Stiftung für Kooperationsforschung und kollektive Entwicklung, die sogar in Berg angesiedelt ist. Diese Stiftung befasst sich “mit den Möglichkeiten des Kooperationsmanagements beim Aufbau von Gemeinschaften und Organisationen, die kulturell kreativ an solidarischen Zukünften arbeiten“. Was macht man in so einer Stiftung?
F-T G: Unsere Stiftung ist noch klein. Derzeit fördern wir das WeltEthikForum (https://www.worldethicforum.com/) bei der Entwicklung ethischer Grundlagenarbeit und die Home for Humanity Bewegung (www.homeforhumanity.earth) beim Aufbau und der Vernetzung von Homes for Humanity, also von „Orten“ an denen die innere menschliche Entwicklung (inner Homes) und gleichzeitig die Entwicklung von Gemeinden und Gemeinschaften kultiviert wird. Konkret geht es dabei u.a. um Regeneration von Böden, ganzheitliche Bildung, gesunde Ernährung, die Stärkung der Rechte von Kindern und Frauen, Subsistenzwirtschaft, Friedensarbeit und Heilung von Verletzungen und Traumas. Im Zentrum der Stiftungsarbeit steht immer der Kooperationsansatz, um die Vernetzung von Menschen, ihrem Wissen und Können, widerstandsfähige und zukunftsweisende Gemeinschaften zu fördern.
QUH: Sie sind auch Vorsitzender des Vereins Kulinarisches Erbe Bayern e.V, was macht man da? Den Schweinsbraten retten?
F-T G: Ich habe diesen Verein mit aus der Taufe gehoben, lange geleitet und bin seit kurzem Ehrenvorsitzender. Wir arbeiten mit der Hotellerie, der Gastronomie, den Verbänden des bayerischen Lebensmittelhandwerks, dem Kompetenzzentrum Ernährung des Freistaats Bayern u.a. daran, unseren Mitbürgern und Mitbürgerinnen sowie den Gästen in unseren Erholungslandschaften Gerichte aus regionalen Traditionen Bayerns nahe zu bringen. Damit unterstützen wir auch die Bildung regionaler Wertschöpfungsketten rund um Kulinarik und Genuss der Heimat.
QUH: Was kann die Gemeinde Berg beim Umweltmanagement verbessern?
F-T G: In unseren Tagen? Vor allem: am Thema dranbleiben und wo immer es möglich ist, vormachen was geht, um das Klima zu schützen, Artenvielfalt zu erhalten oder weiter auszubauen, die Böden zu regenerieren und Impulse für einen nachhaltigen Lebensstil setzen, zum Beispiel mit einer Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung. Ich erkenne immer wieder, dass die Grundlage für die soziale und ökologische Gesundheit einer Gemeinde die Pflege von Beziehungen ist – der Menschen untereinander, mit ihren Sorgen, Nöten, Wünschen, aber genauso zur nicht menschlichen Mitwelt. Deshalb schätze ich die Arbeit der BBB sehr!
QUH:Wir danken Ihnen für dieses Gespräch und ihr Engagement und gratulieren noch einmal aufs Herzlichste!
Prof. Franz-Theo Gottwald und der damalige Umweltminister bei der Verleihung der Bayerischen Staatsmedaille für Verdienste um Natur-, Umwelt- und Klimaschutz 2018
Außer mit dem Bundesverdienstkreuz ist Franz-Theo Gottwald auch Träger der “Goldenen Ehrennadel des Deutschen Fleischer-Verbands” (2015) und des “B.A.U.M. Umwelt- und Nachhaltigkeitspreises” (2028) sowie der “Bayerischen Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt”.
Weitere Links: https://quh-berg.de/staatsmedaille-fuer-prof-gottwald-aus-farchach/
Zur Laudatio: https://www.stmuv.bayern.de/ministerium/auszeichnungen/bvk/detailansicht.htm?tid=22191
Keine Kommentare vorhanden