Berg am 27. September 1868
Berg war als Regierungssitz der Wittelsbacher lange Zeit Mittelpunkt eines ausschweifenden Lebens, mondäner Empfänge, dekadenter Feste.
Am 27. September 1868 besuchte die an Tuberkulose erkrankte, russische Zarin Maria Alexandrowna ihren um viele Ecken verwandten Neffen König Ludwig II. in Berg. Es sollte das letzte ganz große Fest in unserer Gemeinde werden. Die beiden hatten das Diner zusammen auf der Roseninsel eingenommen. Die mit ihrem Leben sonst nicht ganz so glückliche Zarin schwärmte da schon, dass dies “das poetischste Essen ihres Lebens” gewesen sei … zurück in Berg erwartete sie eines der prunkvollsten Schauspiele, das sie und diese Landschaft je erlebt hatten. Zwei Dampfmaschinen spuckten riesige Fontänen über den See. Im Schloss Berg war alles mit Rosen und Kamelien geschmückt und der Zarin war extra ein goldener Salon gebaut worden. Rund um den Schlosspark und überall im See schwammen weiß-blau drapierte Flöße mit Fahnen, von denen das Feuerwerk abgefeuert werden sollte. Zu einer dieser schwimmenden Inseln führte vom Schloss aus über das Wasser ein mit Teppichen und frischen Rosen geschmückter Steg. Ganz Berg war in Aufruhr. Auch Oskar Maria Grafs Mutter Therese war Zeugin dieses Ereignisses und sie dürfte es ihrem Sohn Oskar öfters erzählt haben, der es dann in “Das Leben meiner Mutter” so schildert:
“Ein ununterbrochenes Jubeln und Singen und Klingen erfüllte den ganzen Tag. Wenn der Gesang oder eine Musikkapelle an einer Stell abbrach, fingen sie woanders an. Es war als töne das ganze Seerund, als jauchze die festliche Landschaft zum Himmel empor.
Berg und Schloß waren der vielbestaunte, erregende Mittelpunkt. (…) Von hier aus wollten sich Zarin und König mit ihrem nächsten Gefolge das nächtliche Feuerwerk ansehen, dessen riesiges Ausmaß alles bisher Dagewesene überbieten sollte. (…) Drunten am Ufer des Sees – hüben und drüben gleicherweise – standen dichtgedrängte Menschenmassen und schauten gebannt auf das Schauspiel, dass ihnen vom König geboten wurde.” Das Feuerwerk beginnt. “Staunendes Beifalljubeln, Musik, Krachen und Prasseln, Funkeln und Leuchten vermischten sich zu einem magisch belebten Zauberbild.”
Und dann scheint Berg abzuheben und gen Himmel zu fahren: “Zeitweise schien es, als sei der ganze weite, festliche Landstrich von der schweren dunklen Erde losgelöst und schwebe langsam als unwirklich strahlende Insel zum Himmel empor.” Ja, solche Feste waren das damals.
(Bilder: König Ludwig und Zarin Maria Alexandrowna / Franz Xavier Winterhalter. “Marie von Hessen Darmstadt als Kaiserin” (1857) / Therese Graf um ca. 1934)
Wenn Sie wissen wollen wem der Briefkasten gehört, dann klicken Sie hier.(QUH-Listenplatz 16)