Zum 100. Mal wird am Mittwoch 10.4. im Katharina von Bora Haus in Berg das “Kunstwerk des Monats” ausgestellt. Es wird ein Werk an der Wand hängen (diesmal vom Münchner Seerosenpreisträger Walter Tafelmaier), es wird Wein geben und Wowo Habdank wird ein paar Worte vorlesen. Eine ursprünglich kleine, feine Idee, die sich im Lauf der Jahre nicht nur zu einer festen Berger Institution, sondern geradezu zu DER Adresse für die lokale zeitgenössische Kunst gemausert hat. Die QUH sprach mit Katja Sebald, die die Reihe seit 2011 kuratiert.
Katja Sebald, Bergs führende Kuratorin, hat bereits über 100 Ausstellungen veranstaltet
QUH: Hallo Katja … Es sind die 3 magischen Ks, die es zu feiern gilt: Katja zeigt Kunst in der Kirche. Wie kam es dazu?
Katja Sebald: Dazu muss ich als erstes sagen: Das bin ja nicht ich alleine, sondern der Kulturverein, die Kirchengemeinde und ein Team aus ehrenamtlichen Helfern. „Schuld“ an allem war allerdings Johannes Habdank, der als neuer Pfarrer von Berg bei kulturellen Ereignissen die Gelegenheit nutzen wollte, mit eher kirchenfernen „Kunden“ ins Gespräch zu kommen. Und weil meine Tochter 2011 Konfirmation hatte, konnte ich nicht nein sagen, als er mich fragte, ob ich eine oder mehrere Ausstellungen im Gemeindehaus organisieren würde.
QUH: Der andere Dreiklang lautet auf W: es gibt jeweils ein Werk, etwas Wein und einige Worte Lesung?
QUH: Der andere Dreiklang lautet auf W: es gibt jeweils ein Werk, etwas Wein und einige Worte Lesung?
Katja Sebald: Das Ganze war ursprünglich nur für ein Jahr konzipiert. Es sollte eine bewusst kleine und auch „schlanke“ Veranstaltungsreihe sein, die von der Kirchengemeinde, zwar mit der professionellen Unterstützung einer Kunsthistorikerin und einer Werbeagentur (Yearning übrigens…) für den Flyer, ansonsten aber aus eigenen Kräften bewältigt werden kann: nur ein Werk, nur Brot und Wein. Und ich wollte auf keinen Fall mit den üblichen wuchtigen Kunsterklärungsreden das Publikum erschlagen. Deshalb die Idee, einen kleinen – meist literarischen – Text zu lesen, der einen Raum zwischen der Kunst und ihren Betrachtern öffnet.
QUH: Es braucht keinen kirchlichen Bezug?
QUH: Es braucht keinen kirchlichen Bezug?
Katja Sebald: Es wäre sehr langweilig, wenn wir nur das das zeigen würden, was üblicherweise in evangelischen Kirchen an der Wand hängt. Aber ich bin davon überzeugt, dass sowohl Kirche als auch Kunst sich in unserer Zeit mit gesellschaftlich relevanten Fragestellungen beschäftigen müssen. Es ist mir ein großes Anliegen, mit meiner Arbeit Künstler, Kulturschaffende und Kunstinteressierte zu vernetzen und Menschen über zeitgenössische Kunst miteinander ins Gespräch bringen. Und ich mag es, wenn Menschen von Kunst an Orten „überrumpelt“ werden, an denen sie nicht damit rechnen. „Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgendetwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können.“ Diesen Satz von Christoph Schlingensief haben wir in diesem Jahr als Motto für die Veranstaltungsreihe gewählt.
QUH: Was war eine der 99 vergangengen Ausstellungen, an die du dich besonders gern erinnerst?
Katja Sebald: Es gibt sehr viele, an die ich mich gerne erinnere. Zum Beispiel an die Installation „Unterwegs“ von Matthais Rodach: Ein lebensgroßer Fährmann von enormer Präsenz auf der Empore, drumherum ein Meer aus Altkleidern. Das war 2015, in Berg waren gerade die ersten Flüchtlinge angekommen. Die dachten, man hätte die Kleidungstücke für sie ausgebreitet und sie dürften sich bedienen. Sehr eindrucksvoll war auch der Abend mit Hans Panschar, an dem sich praktisch ganz Berg im Katharina-von-Bora-Haus versammelt hatte. Und natürlich die Veranstaltung mit Bernd Zimmer, der gleich mehrere seiner riesigen Bilder nach Berg brachte.
Bernd Zimmer, der ehemals “Junge Wilde” war 2017 zu Gast beim “Kunstwerk des Monats”
QUH: Mal groß gedacht: Wenn du wirklich auswählen könntest, wen würdest du von den großen Weltkünstlern nach Berg holen?
Katja Sebald: Das ist eine schwierige Frage. Zum einen waren ja wirklich schon einige große Künstler in Berg. Mit Heinrich Kirchner und erst recht mit Rupprecht Geiger habe ich mir einen Lebenstraum erfüllt. Beide Künstler waren für mich ausschlaggebend, mich überhaupt mit Kunst zu beschäftigen. Ich finde, die großen Namen sollten nicht die eigentliche Begegnung mit dem Kunstwerk überschatten. Und außerdem habe ich immer schlaflose Nächte, wenn die Kunstwerke zu wertvoll sind… Aber wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann würde ich Daniel Spoerri einladen, auch weil ich ihn schon immer persönlich kennenlernen wollte. Und weil ich schon immer mal sein „Arm-Reich-Essen“ nachmachen wollte – vielleicht schaffe ich das ja noch.
2018 holte Katja die leuchtende Legende der abstrakten Malerei, Rupprecht Geiger, posthum nach Berg
QUH: 100 Ausstellungen … Werden dir irgendwann die Künstler ausgehen?
Katja Sebald: Ich habe schon noch viele Ideen und bis jetzt war es so: Immer, wenn sich ganz leise Ermüdungserscheinungen eingeschlichen hatten, war die nächste Veranstaltung wieder so toll, dass ich mit Begeisterung weitergemacht habe. Es ist ja jedes Mal anders, weil jeder Künstler neue Besucher mitbringt. Auch der Raum verändert sich mit dem jeweils neuen Kunstwerk völlig.
QUH: Katja, wir danken dir für das Gespräch und für dein Engagement und wünschen uns von dir noch ganz viele “Kunstwerke”.